PM 05 | 13.01.2022

Bürokratisches Monster vermeiden

Die IHK Chemnitz unterstützt Klimaschutz. Die industrielle Basis darf nicht gefährdet werden, Berichtspflichten der Unternehmen dürfen nur moderat wachsen. Dann sind die Etappenziele 2030 und vollständige Klimaneutralität bis zur Jahrhundertmitte erreichbar.  
Mit dem „European Green Deal“ hat die Europäische Kommission am 11. Dezember 2019 ein umfassendes Paket an Vorschlägen vorgelegt, mit denen EU-Europa die Emission von Treibhausgasen bis 2050 auf null reduzieren soll. Die EU wäre damit als erster Kontinent klimaneutral. 
Gleichzeitig sollen bis zur Jahrhundertmitte Luft, Wasser und Böden weitgehend schadstofffrei sein. Für beide Zielstellungen hat die EU-Kommission im vergangenen Jahr ehrgeizige Aktionspläne vorgelegt, welche Reduktionen bis ins Jahr 2030 als Zwischenetappe erreicht sein sollen. So sehen die Brüsseler Vorschläge vor, 55 Prozent der Treibhausgas-Emissionen gegenüber dem Vergleichsjahr 1990 einzusparen („fit for 55“).
Ein wesentliches Steuerungsinstrument ist dabei die so genannte Taxonomie-Verordnung, die bereits seit Juli 2020 in Kraft ist und seit dem 01.01.2022 für große kapitalmarktorientierte Unternehmen (mit mehr als 500 Arbeitnehmern) und für Finanzunternehmen greift. Sie soll Anlegern helfen, besser einzuschätzen, welche wirtschaftlichen Aktivitäten einen Beitrag zu Klima- und Umweltschutz leisten.
Erklärtes Ziel der Taxonomie ist neben der Schaffung von Transparenz, Kapital in als nachhaltig definierte Wirtschaftsbereiche umzulenken. Erwartet - und beabsichtigt - ist jedoch auch ein „Durchsickerungseffekt“ der Berichtspflichten für den zuliefernden produzierenden Mittelstand.
 
Die IHK Chemnitz setzt sich für eine möglichst ausgewogene Umsetzung des Green Deal ein, die die Wertschöpfung in Deutschland und der EU sichert, Anreize und Innovation in den Vordergrund stellt, unternehmerische Vorgaben handhabbar hält, die Wettbewerbsposition der deutschen Unternehmen global stärkt und somit die Abwanderung von Produktion und Investitionen in Drittstaaten mit weniger strengen Auflagen verhindert. 

Die mit der Taxonomie einhergehenden Berichtspflichten bedeuten einen erheblichen Zuwachs an Bürokratie für die Unternehmen. Darüber hinaus wird die Verordnung viele Unternehmen zu erheblichen Anpassungen ihres Berichtswesens zwingen - und mittelbar auch zu Anpassungen ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten. Fraglich bleibt indes, inwieweit sich damit die angestrebten klima- und umweltpolitischen Effekte tatsächlich erreichen lassen.
Denn in der Praxis lässt sich wirtschaftliche Tätigkeit oft nicht trennscharf in nachhaltig und nicht nachhaltig einteilen. Alternativlos energieintensive Branchen könnten aus der Union gedrängt werden – und mit ihnen auch Zukunftstechnologien. Beispielsweise tragen viele heute noch emissionsintensive Branchen zur Herstellung von Klimaschutztechnologien bei. Auch für sie könnte eine ohne Augenmaß umgesetzte Taxonomie das Aus sein.

Ansprechpartner IHK:
Christoph Neuberg
Geschäftsführer Standortpolitik
Tel. 0371 6900-1200