29.11.2022

Vollversammlung verabschiedet Positionspapier zur Energiepolitik

„Die Wirtschaft ist gespannt auf die konkrete Ausgestaltung der Strom- und Gaspreisbremse sowie für die sogenannte Abschöpfung von Zufallsgewinnen am Strommarkt“,
eröffnete Präsident Dr. h. c. Dieter Pfortner die Vollversammlung der IHK Chemnitz am 28. November 2022.
Für beide Bremsen hat sich die IHK Chemnitz durch eine Postkartenaktion, Besuche mit Bundestagsabgeordneten bei betroffenen Unternehmen und vielen Treffen und Schreiben nach bzw. in Berlin und Dresden stark gemacht.
„Momentan führen wir darüber hinaus intensive Gespräche mit dem Wirtschaftsministerium, um über Härtefallregelungen weitere Abhilfen zu schaffen. Uns sind dabei vor allem die Einbeziehung weiterer Energieträger – neben Gas und Strom – sowie Probleme bei der Wahl des Corona-Jahres 2021 als Referenzjahr für die Gas- und Strompreisbremsen wichtig,“
so Pfortner weiter.

Obwohl sich die aktuelle Situation besser als vor ein paar Monaten darstelle, bleibe für die Wirtschaft langfristig offen: Wie sichern wir über 2023/24 hinaus eine bezahlbare Energieversorgung für den deutschen Standort?

Um diese Frage zu beantworten, hat die Vollversammlung ein gemeinsam durch Ehren- und Hauptamt erarbeitetes Positionspapier „Energiepolitik“ der IHK Chemnitz beschlossen. Damit wird die IHK Chemnitz ermächtigt, die energiepolitischen Interessen der regionalen Wirtschaft gegenüber Politik und Öffentlichkeit im Rahmen der verabschiedeten Forderungen zu vertreten.


Die Forderungen lauten:

  • Voraussetzung für Wirtschaftswachstum bilden: Zuversicht wecken, Unsicherheiten schnell beenden

    Bei allen zu ergreifenden Maßnahmen muss berücksichtigt werden, dass Wirtschaft nur mit nachvollziehbaren und planbaren Rahmenbedingungen funktioniert. Dazu gehören u.a. schnellere Antworten auf die Kostenexplosionen, d.h. eine Beschleunigung der Beschlussfassungsprozesse, bessere und klarere Kommunikation und ein parteiübergreifendes Vorgehen der Regierung: Erst das Land, dann die Partei muss in der aktuellen Krise mehr denn je gelten.
     
  • Energieerzeugung ausweiten - „ALL IN“

    Es ist dringend notwendig alle verfügbaren Erzeugungsanlagen umgehend in den Markt zu bringen. Ein Weiterbetrieb der Atomkraftwerke ist mindestens bis zum Ende der Energiekrise und damit über den April 2023 zu gewährleisten. Die Wiederinbetriebnahme grundlastfähiger Kohlekraftwerke sowie der Ausbau von Erneuerbaren Energien müssen beschleunigt werden. Die vorhandenen deutschen Erdgasvorkommen müssen so schnell wie möglich genutzt werden.
     
  • Energiepreisdeckel schnell und unbürokratisch umsetzen

    Bis zum Inkrafttreten der Gas- und Strompreisbremse benötigen alle gewerblichen Verbraucher schnell und unbürokratisch Liquidität. Darüber hinaus müssen Härtefallregelungen für existenzbedrohte Unternehmen schnell greifen. Neben der Ausblendung der Preissteigerungen anderer Energieträger wie Heizöl, Pellets, Kohle oder Flüssiggas besteht ein Kernproblem in der Festlegung des Verbrauchskontingentes. Der Referenzzeitraum bezieht sich auf eine Phase, in der die Tätigkeit von Unternehmen durch Corona bedingte Einschränkungen reduziert waren. Das abgeleitete Kontingent wird demzufolge für zahlreiche gewerbliche und industrielle Verbraucher zu niedrig ausfallen. Da eine Berücksichtigung dieser Probleme im Gesetzgebungsverfahren nicht mehr möglich sein wird, müssen hier die von Bund und Ländern angekündigten Härtefallmaßnahmen ansetzen.
     
  • Zusätzliche Belastungen bei Steuern und Abgaben reduzieren

    Im internationalen Vergleich ist die Abgabenlast auf Energie in Deutschland sehr hoch. Um die Kostenbelastung der Wirtschaft zu reduzieren, muss eine Absenkung der Steuern für Energie, z. B. der Stromsteuer und der Energiesteuer für Gas und Heizöl, auf das europäische Mindestmaß erfolgen. Zudem ist die CO2-Bepreisung auf fossile Energie bis zum Ende der Energiekrise auszusetzen. Das gilt auch für die geplante Besteuerung von Kohle und Abfall. Zudem sollte der nationale Emissionshandel (BEHG) so schnell wie möglich durch ein europäisches System ersetzt werden, um Wettbewerbsnachteile für deutsche Unternehmen im europäischen Binnenmarkt und zusätzliche Bürokratie für die Umsetzung eines deutschen Sonderweges zu vermeiden.
     
  • Versorgung für alle Unternehmen sicherstellen

    Um Unternehmensschließungen wegen fehlender Energielieferverträgen zu verhindern, muss die Bundesregierung umgehend das Recht auf Ersatzversorgung auf alle Spannungsebenen und Druckstufen der Netze ausweiten. Hierbei ist eine dauerhafte Lösung im Einklang mit den Versorgern notwendig. Bei unabwendbaren Lieferstopps für Gas oder Strom und daraus resultierenden Produktionseinstellungen drohen zudem Schadensersatzforderungen von Endkunden. Für die betroffenen Unternehmen müssen Regelungen zum Umgang mit dieser Problematik getroffen und Rechtssicherheit hergestellt werden. 
Ansprechpartner 
Martin Witschaß
Geschäftsführer Standortpolitik
Tel. 0371 6900-1200