Steuerliche Anforderungen an Kassen


Fast alle Unternehmen, die Bargeld einnehmen, nutzen Registrierkassen oder PC-Kassensysteme.
Die Anforderungen an die Kassenbuchführung sind beim Einsatz von elektronischen Kassen aufgrund der leichten Manipulationsmöglichkeiten besonders hoch.
Bereits mit Schreiben vom 26. November 2010 (pdf) (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 44 KB) hatte das Bundesfinanzministerium die Regeln für die Aufbewahrung von Daten bei Bargeschäften verschärft.
Ab 1. Januar 2017 dürfen nur noch solche Kassen eingesetzt werden, welche alle Einzelumsätze aufzeichnen und abspeichern können. Diese Daten müssen im Falle einer Betriebsprüfung über den Aufbewahrungszeitraum von mindestens 10 Jahren jederzeit lesbar und maschinell auswertbar sein. Andernfalls kann es nach einer Betriebsprüfung zu Steuernachforderungen und ggf. zu einer Festsetzung von Bußgeldern aufgrund der Nichteinhaltung geltender Aufzeichnungs- und Aufbewahrungsvorschriften kommen.
Betriebsprüfer sind insbesondere darin geschult, die Programmierung der Kasse (zum Beispiel Bediener, Preise, Artikel, Berichtswesen sowie Unterdrückung von Daten und Speicherinhalten) festzustellen und auszuwerten. Im Falle der Löschung von aufbewahrungspflichtigen Daten oder bei fehlender Aufbewahrung ist die Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung nicht mehr gegeben. Das Finanzamt kann in diesen Fällen die Kasse schätzen.
Aufgrund der Erfahrungen aus vergangenen Prüfungen hat die Finanzverwaltung festgestellt, dass sich die Unternehmen offenbar nicht bewusst seien, welche Daten und Unterlagen zwingend aufzubewahren sind.
Vor diesem Hintergrund hat die Finanzverwaltung im (Merkblatt Kassenführung (pdf) (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 116 KB)  bzw. offene Ladenkasse) Informationen zur Kassenbuchführung veröffentlicht.

Kassen-Nachschau ab 01.01.2018

Zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und Buchungen von Kasseneinnahmen und -ausgaben sowie des ordnungsmäßigen Einsatzes des zertifizierten Aufzeichnungssystems kann gem. § 146b AO ohne vorherige Ankündigung während der üblichen Geschäftszeiten eine sog. Kassen-Nachschau durchgeführt werden.
In diesem Zusammenhang müssen alle relevanten Aufzeichnungen, Bücher und Unterlagen (auch elektronisch) vorgelegt und ein Datenzugriff über eine digitale Schnittstelle bzw. eine Datenträgerüberlassung ermöglicht werden. Diese Neuregelung gilt bereits ab 1. Januar 2018,  wobei eine Datenübermittlung bzw. die Zurverfügungstellung auf einem auswertbaren Datenträger erst ab 1.1.2020 erforderlich ist.

Höhere Anforderungen an elektronische Kassen ab 1. Januar 2020

In einem weiteren Schritt ist am 29. Dezember 2016 das Kassengesetz  (Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen) in  Kraft getreten. Darin wurde u.a. geregelt, dass ab dem 1. Januar 2020 nur noch solche Aufzeichnungssysteme eingesetzt werden dürfen, die mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung ausgestattet sind.
Registrierkassen, die den Anforderungen der Finanzverwaltung (Kassenrichtlinie - BMF-Schreiben vom 26.11.2010 (pdf) (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 44 KB) ab 1. Januar 2017 entsprechen, vor dem 1. Januar 2020 angeschafft werden/wurden und bauartbedingt nicht mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung aufgerüstet werden können, dürfen jedoch bis zum 31. Dezember 2022 weiter verwendet werden (Vertrauensschutzregelung).
Im Kassengesetz sind u.a. folgende Neuregelungen vorgesehen:
 

Einzelaufzeichnungspflicht

Beim Einsatz von elektronischen Aufzeichnungssystemen besteht für alle Kasseneinnahmen und -ausgaben eine Einzelaufzeichnungspflicht (§ 146 Abs. 1 S. 3 AO). Soweit keine elektronischen Aufzeichnungssysteme, sondern offene Ladenkassen eingesetzt werden, besteht beim Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen gegen Barzahlung jedoch keine Einzelaufzeichnungspflicht (§ 146 Abs. 1 S. 4 AO)


Zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung

Elektronische Aufzeichnungssysteme und digitale Aufzeichnungen sind mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung zu schützen (§ 146a Abs. 1 S. 2 AO). Diese setzt sich aus einem Sicherheitsmodul, einem Speichermedium und einer einheitlichen Schnittstelle zusammen.
 

Belegausgabepflicht

Für aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle, die mit Hilfe eines elektronischen Aufzeichnungssystems erfasst werden, ist eine verpflichtende Belegausgabe (elektronisch oder in Papierform) für den Kunden vorgesehen (§ 146a Absatz 2 AO). Der Kunde ist jedoch nicht zur Mitnahme des Beleges verpflichtet. Aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität besteht auf Antrag die Möglichkeit einer Befreiung von der Belegausgabepflicht, sofern es sich um den Verkauf von Waren an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen handelt (§ 146a Absatz 2 Satz 2 AO i.V.m. § 148 AO).
 

Technische Verordnung

Zu den genauen Anforderungen an die verschiedenen Sicherheitskomponenten, die Aufbewahrung, die Protokollierung und das Zertifizierungsverfahren für elektronische oder computergestützte Kassensysteme und elektronische Registrierkassen hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnologie (BSI) am 6. Juni 2018 verbindliche Vorgaben für Sicherheitseinrichtungen veröffentlicht (Technische Richtlinie BSI TR-03116 (pdf) (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 267 KB), Technische Richtlinie BSI TR-03151 (pdf) (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 1400 KB), Technische Richtlinie BSI TR-03153 (pdf) (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 1360 KB)).
Mit Schreiben vom 17.06.2019 hat das Bundesministerium der Finanzen darüber hinaus Details und Erläuterungen zu den Anforderungen an die zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (tSE) in den AEAO zu § 146a AO aufgenommen.
Die Regelungen gelten nur für elektronische oder computergestützte Kassensysteme und elektronische Registrierkassen, nicht jedoch für Geld- und Fahrscheinautomaten, Fahrscheindrucker und elektronische Buchhaltungsprogramme, Waren- und Dienstleistungsautomaten, Taxameter, Wegstreckenzähler sowie Geld- und Warenspielgeräte.


Mitteilung an die Finanzverwaltung

Anschaffung oder Außerbetriebnahme elektronischer Aufzeichnungssysteme sind dem Finanzamt zukünftig innerhalb eines Monats nach amtlichem Vordruck mitzuteilen (§ 146a Abs. 4 AO). Dabei sind die Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung, die Anzahl der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme sowie deren Seriennummern und die Daten der Anschaffung bzw. Außerbetriebnahme mitzuteilen.
Damit soll der Finanzverwaltung eine risikoorientierte Fallauswahl für Außenprüfungen und zur Prüfungsvorbereitung ermöglicht werden. Aufgrund der ab 1. Januar 2020 geltenden Neuregelung ist die Mitteilung an die Finanzverwaltung erstmalig bis zum 31. Januar 2020 abzugeben.


Ordnungswidrigkeit

Die Verwendung nicht zertifizierter Aufzeichnungssysteme kann mit einer Geldbuße bis zu 25.000 EUR als Gefährdungstatbestand geahndet werden (§ 379 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 i.V. m. Abs. 4 AO). Soweit durch den Nichteinsatz eines zertifizierten Auszeichnungssystems Steuerverkürzungen eingetreten sind, kann dies vom Finanzamt ggf. als leichtfertige Steuerverkürzung (§ 378 AO) oder Steuerhinterziehung (§ 370) geahndet werden.

Übergangsfrist bis 30.09.2020

Das Bundesministerium der Finanzen hat mit BMF-Schreiben vom 6. November 2019 (pdf) (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 31 KB)die am 26. September 2019 auf der Bund-Länder-Referatsleitersitzung beschlossene Nichtbeanstandungsregelung hinsichtlich der Implementierung von technischen Sicherheitseinrichtungen bei elektronischen Kassen(systemen) bekannt gegeben.
Die Regelung beinhaltet folgende Punkte:
  • Es wird seitens der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn elektronische Aufzeichnungssysteme i.S.v. § 146a AO längstens bis zum 30. September 2020 noch nicht über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen.
  • Jedoch sind die technisch notwendigen Anpassungen und Aufrüstungen umgehend durchzuführen und die rechtlichen Voraussetzungen unverzüglich zu erfüllen.
  • Die digitale Schnittstelle der Finanzverwaltung für Kassensysteme – DSFinV-K – findet bis zur Implementierung der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung, längstens für den Zeitraum der Nichtbeanstandung, keine Anwendung.
  • Von der Mitteilung nach § 146a Absatz 4 AO (Meldepflicht) ist bis zum Einsatz einer elektronischen Übermittlungsmöglichkeit abzusehen. Dieser Zeitpunkt wird im Bundessteuerblatt Teil I noch gesondert bekannt gegeben.

Verlängerung der Übergangsfrist bis 31.03.2021

Aufgrund der durch die Corona-Pandemie und den Lock-Down ausgelösten Herausforderungen geraten Unternehmen zunehmend in die Situation, dass die bis zum 30.09.2020 erforderliche Aufrüstung ihrer elektronischen Kassen(systeme) mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (tSE) nicht umgesetzt werden kann.
Angesichts dieser Situation hat sich das Sächsische Staatsministerium der Finanzen am 15.07.2020 dafür ausgesprochen, Unternehmern ohne gesonderten Antrag aus Billigkeitsgründen (§ 148 Abgabenordnung) bei Erfüllung der folgenden Voraussetzungen mehr Zeit zur Kassenumrüstung bis längstens zum 31.03.2021 zu geben:
  1. Die technisch notwendigen Anpassungen und Aufrüstungen von Registrierkassen bzw. Kassensysteme einschließlich Tablets oder Softwarelösungen mit Kassenfunktion mit einer mit einer zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung (tSE) sind – soweit möglich - umgehend durchzuführen und die rechtlichen Voraussetzungen unverzüglich zu erfüllen.
  2. Alle gesetzlichen Anforderungen nach § 146a Abgabenordnung, zu denen auch die Belegausgabepflicht zählt, müssen – sofern diese bereits umsetzbar sind – erfüllt werden.
  3. Bis spätestens zum 31.08.2020 muss ein Kassenfachhändler, ein Kassenhersteller oder ein Dienstleister im Kassenbereich mit dem fristgerechten Einbau einer tSE beauftragt worden sein.
  4. Soweit der Einbau einer cloudbasierten tSE vorgesehen, eine solche aber noch nicht verfügbar ist, ist die Nichtverfügbarkeit durch geeignete Dokumente nachzuweisen
  5. Die Nachweise sind im Rahmen der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen vorzuhalten und auf Verlangen vorzulegen.
Im Hinblick auf das am 11.09.2020 veröffentlichte BMF-Schreiben vom 18.08.2020 hat das Sächsische Staatsministerium der Finanzen am 16.09.2020 klargestellt, dass die in Sachsen geltende Nichtbeanstandungsregelung zur Kassenumrüstung bis spätestens 31.03.2021 weiterhin uneingeschränkt gilt.