Handelskammer lehnt einen Ausbildungsfonds ab: Ausbildungsmarkt braucht keine neue bürokratische Umlage / Statistischen Jahresbericht 2021 vorgestellt

(PM 31-2022, 06.07.2022) Die Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven lehnt die aktuell diskutierte Ausbildungsumlage entschieden ab. Anlässlich der Vorstellung des Statistischen Jahresberichts 2021 sagte Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht:
„In einer Zeit, in der es im Land Bremen 2.573 unbesetzte Ausbildungsplätze gibt, in der die Unternehmen ihre freien Lehrstellen häufig nicht besetzt bekommen, ist es geradezu absurd, eine neue bürokratische Umlage einführen zu wollen. Aus den Rückmeldungen zahlreicher Unternehmen wissen wir, dass das überall ebenso gesehen wird. Wir halten eine Ausbildungsumlage auch rechtlich für zweifelhaft und werden die Gesetzesvorlage ggfs. juristisch prüfen lassen.“
Es dürfe nicht dazu kommen, dass Unternehmen durch eine zusätzliche Umlage an der Finanzierung von Maßnahmen beteiligt werden, mit denen Probleme gelöst werden sollen, die durch das bremische Bildungssystem entstehen, betonte Präses Eduard Dubbers-Albrecht:
„Damit sie den jungen Leuten eine berufliche Perspektive bieten und sich zugleich gegen den Fachkräftemangel stemmen können, haben viele Unternehmen in den vergangenen Jahren ihre Auswahlkriterien beim Stellenangebot für Ausbildungsplatzsuchende geändert. Dies bietet vielen Suchenden auf den Ausbildungsmarkt zusätzliche Chancen. Auch die Unternehmen haben großes Interesse daran, dass alle jungen Leute eine gute berufliche Perspektive bekommen. Ein Ausbildungsfonds wird hierzu nichts beitragen. Gerade die Phase der Pandemie hat deutlich gezeigt, wie wichtig es ist, dass die Unternehmen in Ausbildung und Fachkräftesicherung investieren. Davon müssen sie nicht erst überzeugt werden – im Gegenteil“, so der Handelskammer-Präses: „Eine bürokratische Umlage würde die Entwicklung der Wirtschaft angesichts der anhaltenden Belastungen durch die Corona-Pandemie und die Auswirkungen der Ukraine-Krise nur zusätzlich unnötig erschweren“, so der Handelskammer-Präses. Die Ausbildung in den Betrieben liege auf einem hohen Niveau: „Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, wie man von politischer Seite auf die Idee kommen kann, das mit Geld aus einer Umlage qualitativ verbessern zu wollen.“
Mit Blick auf die konjunkturelle Entwicklung 2021 in Bremen und Bremerhaven sagte der Handelskammer-Präses, dass die Wirtschaftsleistung nach ersten Berechnungen der statistischen Bundesämter um 2,7 Prozent gewachsen ist. Besonders die Hotellerie, die Gastronomie, die Eventbranche und Teile des Einzelhandels wurden 2021 von den Auswirkungen der Corona-Pandemie unter Druck gesetzt. Die Unternehmen in Bremen und Bremerhaven kämpfen mit extremen Preiserhöhungen, Lieferengpässen von Materialien und Vorprodukten sowie fehlendem Personal. In der Summe haben diese Herausforderungen ein schnelleres Wachstum verhindert, so dass die bremische Wirtschaftsleistung im Jahr 2021 (nach einem Minus von -4,1 Prozent im Jahr 2020) unter dem Vorkrisenniveau lag.
„Allergrößte Sorgen bereitet den Unternehmen aktuell ein möglicher Gasmangel im kommenden Winter“, betonte Präses Eduard Dubbers-Albrecht: „Sollten Zulieferbranchen ihre Produktion drosseln oder gar einstellen müssen, wären nicht nur die dort angesiedelten Arbeitsplätze in Gefahr“, sagte er, „vielmehr könnte es zu Ausstrahlungseffekten in weite Teile der bremischen Wirtschaft kommen, die bereits jetzt unter Materialengpässen und massiven Kostensteigerungen leidet.“ Auch die weitere Entwicklung der Corona-Pandemie berge Risiken für viele Branchen. Erfreulicherweise sei es aber durch Corona nicht zu einer Insolvenzwelle in der bremischen Wirtschaft gekommen“,
so Präses Eduard Dubbers-Albrecht.
Der Handelskammer-Präses forderte, in Zeiten vieler gleichzeitiger Krisen alle Kraft in die Verbesserung der Standortbedingungen für die Unternehmen zu setzen, damit diese mit innovativen Technologien und Produkten bestmöglich von den strukturellen Marktveränderungen profitieren können. Neben der Beseitigung des Investitionsstaus bei wichtigen Infrastrukturen in den Bereichen Verkehr, Häfen, Digitalisierung und der Erschließung von Gewerbeflächen sieht der Handelskammer-Präses großen Investitionsbedarf auch im Bildungsbereich, bei der Kinderbetreuung und bei der gemeinsamen Bewältigung des Klimawandels.
Zur Konjunktur 2021 im Land Bremen:
Die Produktion in der bremischen Industrie wurde bereits frühzeitig von Materialengpässen und rasant steigenden Energie- und Rohstoffpreisen ausgebremst, so dass sich die Industriekonjunktur nach dem starken pandemiebedingten Einbruch im Jahr 2020 auch im Jahr 2021 nicht richtig Fahrt aufnehmen konnte. Alles in allem lag der im Jahr 2021 von der bremischen Industrie erwirtschaftete Umsatz auf dem Niveau des Vorjahres und war damit erneut rund 22 Prozent geringer als im letzten Vorkrisenjahr.
Nachdem die Bauwirtschaft vergleichsweise gut durch das erste Jahr der Corona-Krise gekommen ist, haben rasant steigende Preise und Lieferengpässe für Rohstoffe und Materialien im Jahresverlauf 2021 für zunehmende Probleme gesorgt.
Der Handel weist im Vergleich zum Jahr 2020 sowohl im Großhandel (+7,8 Prozent) als auch im Einzelhandel (+5,6 Prozent) Umsatzzuwächse aus. Zum großen Teil beruht die Zunahme jedoch auf gestiegene Handelspreise.
Vergleichsweise positiv war die Entwicklung in den bremischen Häfen, wo der Güterumschlag trotz der teils massiven Störungen der internationalen Logistikketten im Jahr 2021 um +4,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugelegt hat. Damit wurde sogar das Vorkrisenniveau von 2019 leicht um +0,4 Prozent übertroffen.
Im Containerverkehr ist der Umschlag um +5,2 Prozent gestiegen und lag damit 3,3 Prozent über dem Niveau von 2019.
Leicht negativ war jedoch die Entwicklung der Anzahl der umgeschlagenen Fahrzeuge, die im Vergleich zum Vorjahr um -0,9 Prozent zurückging und damit um 20,6 Prozent geringer war als im Jahr 2019.
Die besonders stark von der Krise betroffene Kreuzschifffahrt in Bremerhaven und der ebenfalls stark eingeschränkte Flugverkehr am Bremer Flughafen zeigen im Jahr 2021 eine leichte Erholung und bleiben deutlich unter Vorkrisenniveau. 
Im Dienstleistungsbereich hat die wirtschaftliche Entwicklung im Jahr 2021 insgesamt zu einer leichter Erholung geführt.
Die erneute Pandemiewelle im Herbst hat in einigen Bereichen wiederholt zu Einschränkungen der wirtschaftlichen Aktivitäten geführt. Die davon besonders stark betroffenen Branchen wie die Gastronomie oder die Tourismus- und Veranstaltungswirtschaft mussten damit einen weiteren Rückschlag verkraften und konnten im Gesamtjahr kaum eine Erholung verbuchen.