Handelskammer Konjunkturbericht zum Frühjahr: Lieferengpässe und rasant steigende Beschaffungspreise belasten die Wirtschaft immer stärker / Geschäftserwartungen brechen ein

(PM 19-2022, 29.04.2022) Zunehmende Lieferengpässe und rasant steigende Beschaffungspreise für Energie, Rohstoffe und sonstige Vorprodukte belasten die Wirtschaft immer stärker. Wie die aktuelle Konjunkturumfrage der Handelskammer Bremen – IHK für Bremen und Bremerhaven unter 346 Betrieben aus Produzierendem Gewerbe, Handel und Dienstleistungen ergab, zeigt sich die Geschäftslage der Unternehmen im Land Bremen zum zweiten Mal in Folge verschlechtert und notiert in der Summe nur noch leicht im positiven Bereich. Die Geschäftserwartungen für die kommenden Monate brechen ein. 
Schon vor Beginn des Krieges in der Ukraine haben Lieferengpässe und Kostensteigerungen für eine Verlangsamung der wirtschaftlichen Erholung gesorgt. Der Krieg und die neuerliche Unterbrechung der Lieferketten im China-Handel führen nun zu einer massiven Verschärfung der Situation. Handelskammer-Hauptgeschäftsführer Dr. Matthias Fonger sagt: „Lieferengpässe und steigende Preise belasten derzeit die Unternehmen in allen Branchen. Bislang wird das laufende Geschäft in der Summe zwar noch leicht positiv bewertet. Die Geschäftserwartungen der Unternehmen lassen aber befürchten, dass sich die konjunkturelle Lage in den kommenden Monaten weiter eintrüben wird.“ Besonders deutlich ist die Stimmung in der Bauwirtschaft eingebrochen. Die über lange Zeit gute Geschäftslage wird aktuell nur noch neutral bewertet und wird sich nach Einschätzung der Unternehmen in den kommenden Monaten weiter verschlechtern. Auch in der übrigen Wirtschaft erwarten die Unternehmen überwiegend eine ungünstige Geschäftsentwicklung. „Neben der Bauwirtschaft sind die Erwartungen vor allem in der Industrie, im Groß- und Außenhandel sowie in den Verkehrs- und Logistikdienstleistungen besonders stark eingebrochen“, so Dr. Fonger. Nur in der Hotellerie und Gastronomie sorgt die Hoffnung auf wärmere Monate ohne Pandemieeinschränkungen aktuell dafür, dass nach der langen Durststrecke wieder mit einer wirtschaftlichen Erholungsphase gerechnet wird. 

Geschäftsklima in der Stadt Bremen

In fast allen Branchen befürchtet die stadtbremische Wirtschaft für die kommenden Monate eine Verschlechterung der Lage. Lediglich jedes fünfte Unternehmen geht von einer positiven Entwicklung aus. Diese Aussichten werden sich nach Angaben der Unternehmen in einer größeren Zurückhaltung bei den Investitionen auswirken. In der Summe sollen die Ausgaben konstant gehalten, nicht aber erhöht werden. Allerdings sehen die Personalpläne im Saldo eine leichte Erhöhung der Mitarbeiterzahl vor. Für die stadtbremische Wirtschaft sinkt der Handelskammer-Konjunkturindex zum dritten Mal in Folge. Er fällt um 25 Punkte auf nun 87 Punkte – also ein sehr niedriges Niveau im Vergleich zum Mittelwert der zurückliegenden zehn Jahre (109 Punkte).

Geschäftsklima in Bremerhaven

Auch in der Bremerhavener Wirtschaft zeigt sich das Geschäftsklima im Vergleich zum vorigen Quartal deutlich eingetrübt. In der Summe beurteilen die Unternehmen ihre aktuelle Geschäftssituation zwar noch leicht positiv. Allerdings rechnen mit Blick auf die kommenden zwölf Monate 41 Prozent der befragten Unternehmen mit einer ungünstigen Geschäftsentwicklung. Nur 16 Prozent haben positive Geschäftserwartungen. Trotz allem planen Bremerhavener Unternehmen nach langer Zurückhaltung wieder mit leicht zunehmenden Investitionen. Auch die Personalpläne notieren per Saldo zum ersten Mal seit Beginn der Corona-Pandemie wieder leicht im positiven Bereich. Geschäftslage und Geschäftserwartungen aller Unternehmen zusammengenommen, sinkt der Handelskammer-Konjunkturindikator für die Wirtschaft in Bremerhaven um 10 auf nunmehr 90 Punkte – auch dies deutlich niedriger als der zehnjährige Mittelwert (102 Punkte).

Geschäftsklima nach Branchen

Die aktuelle Geschäftslage in der bremischen Industrie wird derzeit noch leicht positiv bewertet. Allerdings liegen die Erwartungen der Unternehmen in der Summe deutlich im negativen Bereich. Der Auftragseingang hat erneut leicht nachgelassen. 
Im Baugewerbe verfügen die Unternehmen nach wie vor über eine große Auftragsreichweite. Allerdings machen Preissteigerungen und Materialengpässe den Unternehmen zunehmend zu schaffen. Für die kommenden Monate rechnen zwei Drittel der Unternehmen mit einer weiteren Verschlechterung dieser Situation.
Im Einzelhandel wird das laufende Geschäft unverändert überwiegend negativ beurteilt. Auch nach Aufhebung vieler pandemiebedingter Einschränkungen bewertet der Einzelhandel seine Geschäftsaussichten überwiegend leicht negativ. Deutlich positivere Stimmen kommen hingegen aus dem Online-Handel.
Deutlich eingetrübt hat sich die Stimmung im Groß- und Außenhandel. Während das laufende Geschäft im Inland noch überwiegend positiv bewertet wird, sorgen die aktuellen wirtschaftlichen und weltpolitischen Rahmenbedingungen für ein erschwertes Auslandsgeschäft. Lediglich acht Prozent der befragten Unternehmen gehen von einer Verbesserung der Geschäftsentwicklung aus.
Bei den Verkehrs- und Logistikdienstleistungen sorgen vor allem hohe Treibstoffpreise sowie die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für ein deutlich nachlassendes Geschäftsklima. Große Probleme bereitet den Unternehmen überdies der Mangel an Mitarbeitern, insbesondere an Kraftfahrern. Die zum Jahreswechsel noch positiven Geschäftserwartungen haben sich mittlerweile spürbar eingetrübt. 
Die Hotellerie und Gastronomie vermeldet weiterhin in der großen Mehrheit schlecht laufende Geschäfte. Allerdings gibt es durch die weitgehende Aufhebung pandemiebedingter Einschränkungen Hoffnung auf verbesserte Aussichten in den kommenden wärmeren Monaten. Große Sorge bereitet den Unternehmen der Personalmangel, ebenso die Preissteigerungen für Energie und Rohstoffe.
Von den Kreditinstituten wird die aktuelle Lage weiterhin überwiegend positiv bewertet, die Erwartungen sind angesichts des Krieges in der Ukraine und neuerlicher Risiken für die globalen Lieferketten aber eingebrochen. 
In den Sonstigen Dienstleistungen wird das laufende Geschäft insgesamt besser bewertet als noch zu Jahresbeginn. Doch auch hier sind steigende Preise und Fachkräftemangel erhebliche Risikofaktoren.
Unseren Konjunkturreport Frühjahr 2022: “Krieg in der Ukraine und Pandemie belasten die Wirtschaft – Preissteigerungen und Lieferengpässe gefährden den Aufschwung” können Sie sich als PDF herunterladen.