80 Jahre Oskar Kämmer Schule - Von der Schreibmaschine zum modernen Bildungsökosystem
Die Oskar Kämmer Schule (OKS) ist kein gewöhnlicher Bildungsträger. Wer zum ersten Mal mit ihr in Berührung kommt, ist oft überrascht von der Breite und Tiefe ihres Angebots. Mit viel Ehrgeiz und Geduld stellt das aus 1300 Mitarbeitenden und auf 70 Standorte verteilte Team sicher, dass Bildung auch dort ankommt, wo sie abseits staatlicher Lehrpläne und Bildungszweige Gehör findet.
Die Geschäftsführung, bestehend aus Heike Eckhoff (links) und Rüdiger Schmidt (rechts), wird durch Ingolf Fölsch komplettiert.
Die Geschichte der OKS nahm ihren Anfang im Jahr 1945 – in einem Braunschweig, das noch vom Krieg gezeichnet und von Trümmern gesäumt war. Inmitten dieser unsicheren Zeit suchten Hilde und Oskar Kämmer nach neuen Wegen aus der Perspektivlosigkeit. Die Idee: ihre stenografischen Fähigkeiten in Form von Schreibmaschinenunterricht gewerblich anzubieten. Einige Exemplare konnte das Ehepaar noch unversehrt aus Berlin in ihre Heimatstadt überführen – und legten so den Grundstein für das, was später als modernes Bildungsunternehmen Erfolge feiern würde. Zunächst wurden nur Kurzschrift und Maschinenschreiben gelehrt, doch schon 1956 entstand eine Handelsschule, die zügig staatlich anerkannt wurde – in der Jasperallee 23, noch heute der Hauptsitz der OKS.
In den 1960er-Jahren wurde das Portfolio bunter: eine Höhere Handelsschule, ein Fremdsprachenseminar, eine Arzthelferinnen-Schule. Die 1970er brachten Fachschulen für Betriebswirtschaft und Fachoberschulen für Wirtschaft, Gestaltung und Sozialwesen. Mit der Umwandlung in eine gemeinnützige GmbH (gGmbH) begann ein kontrolliertes, aber stetiges Wachstum. Neue Standorte entstanden in Wolfenbüttel, Wolfsburg und später, nach dem Mauerfall, auch in Sachsen-Anhalt – vor allem in Magdeburg und im Harzkreis rund um Wernigerode.
Wer es auf vermeintlich exotische Bildungszweige und ein innovatives und inklusives Umfeld abgesehen hat, ist bei uns goldrichtig.Rüdiger Schmidt
Das neue Jahrtausend brachte vor allem Flexibilität: Berufsoberschulen mit speziellen Profilen, integrationsfördernde Projekte, berufsbegleitende Qualifizierungen. Die Schule reagierte auf den Puls der Zeit; schnell, bedarfsgerecht und stets mit Blick auf die Lebenswirklichkeit der Lernenden – und das musste sie auch: „Wir können weitaus agiler auf bildungsgesellschaftliche Veränderungen reagieren und einen Mehrwert bieten, den staatliche Schulen schlicht nicht erbringen können“, erklärt Rüdiger Schmidt, seit 42 Jahren Teil der OKS und seit vielen Jahren Geschäftsführer.
„Wir sind keine Eliteschule“
Doch was genau unterscheidet eine Privatschule vom staatlichen Modell? Eine Ersatzschule wie die Oskar Kämmer vereint die staatlich garantierte Qualität mit der Beweglichkeit eines privaten Trägers. Anders als staatliche Schulen, die fest in der Hand von Land oder Kommune liegen, wird sie von einer gemeinnützigen GmbH geführt – mit mehr Freiheit in Organisation und Pädagogik. Das ermöglicht kleinere Klassen, flexiblere Unterrichtsformen und die schnelle Umsetzung neuer Konzepte, von digitalem Lernen bis zu inklusiven Modellen.
Rüdiger Schmidt ist seit 42 Jahren Teil der OKS und unterrichtete einst selbst.
Die OKS öffnet ihre Türen für ein ebenso buntes wie vielfältiges Publikum: von neugierigen Kindern und wissbegierigen Jugendlichen über engagierte Erwachsene und motivierte Umschüler bis hin zu Zugewanderten, die in ihrer neuen Heimat beruflich Fuß fassen wollen. Finanziert durch Schulgelder, Fördermittel und Projektgelder trägt die Schule ihr wirtschaftliches Risiko selbst – und gewinnt dadurch die Freiheit, Bildungsangebote zu gestalten, die nicht nur passgenau auf individuelle Lebenswege zugeschnitten sind, sondern auch auf aktuelle Arbeitsmarkttrends. So reicht das Spektrum in berufsbildenden Schulen von Pflege- und Erzieherausbildungen, Wirtschaft, Gestaltung, Soziales bis hin zu berufsbegleitenden Weiterbildungen und geförderten Maßnahmen zur beruflichen Bildung. „Wir sind keine Eliteschule“, stellt Co-Geschäftsführerin Heike Eckhoff klar. „Wir wollen für alle da sein, die Bildung brauchen.“ Ein staatliches „Versagen“ ist darin nicht zu sehen – im Gegenteil: Die Vielfalt an Bildungsträgern ist ausdrücklich gewollt, verfassungsrechtlich verankert und Teil eines Systems, das auf unterschiedlichen Wegen zu Wissen führt.
Heike Eckhoff ergänzt seit Januar 2025 die Unternehmensleitung.
Bildung für jedes Alter
Die Oskar Kämmer Schule versteht sich demnach als Bildungspartner für alle Lebensphasen – „von der Krippe bis zum Abitur“, wie es Rüdiger Schmidt passend umschreibt. Ihr Angebot gliedert sich in vier große Bereiche, die sich gegenseitig ergänzen und ineinandergreifen.
Ein Schwerpunkt liegt in der schulischen Bildung. Hier reicht das Spektrum von Grund- und Realschulen bis zu Fachoberschulen, an denen Jugendliche nicht nur einen staatlich anerkannten Abschluss erwerben, sondern parallel auch berufliche Kompetenzen aufbauen. Besonders in den höheren Jahrgängen legt die OKS Wert auf Praxisnähe: Projekte mit Unternehmen, Praktika und spezielle Profilfächer bereiten die Schülerinnen und Schüler gezielt auf Ausbildung oder Studium vor. Die private Realschule „LebenLernen“ an der Moselstraße ist zum Beispiel die einzige ihrer Art in Braunschweig.
Wir sind keine Eliteschule.Heike Eckhoff
Die Erwachsenenbildung bildet eine weitere tragende Säule. Sie richtet sich vor allem an Menschen, die sich beruflich weiterentwickeln oder ganz neu orientieren wollen. Dazu gehören Fachschulen in verschiedenen Disziplinen, Umschulungsprogramme und IHK-zertifizierte Qualifikationen, die sowohl Aufstiegsmöglichkeiten eröffnen als auch den Quereinstieg in neue Berufsfelder ermöglichen. Die Angebote sind modular aufgebaut, dynamisch kombinierbar und orientieren sich am tatsächlichen Bedarf des Arbeitsmarktes – Flexibilität ist hier also Programm.
Eng verbunden sind damit auch Arbeitsmarkt- und Integrationsdienste. Sie umfassen die berufliche Orientierung, praxisorientierte Projekte, berufs- und Ausbildungsvorbereitungen und Sprach- und Integrationskurse. Dabei arbeitet die OKS eng mit Arbeitsagenturen, Jobcentern und Unternehmen zusammen, um den direkten Übergang in Beschäftigung zu erleichtern.
Absolventinnen und Absolventen der Fachoberschule freuen sich über ihre Leistungen.
Aber auch soziales Engagement kommt nicht zu kurz. Hier setzt die Schule auf Projekte, die Bildung mit Teilhabe verbinden: Sport- und Integrationsprogramme, inklusive Unterrichtskonzepte sowie Partnerschaften mit Vereinen und sozialen Einrichtungen gehören zum Selbstverständnis. Kooperationen, unter anderem mit Eintracht Braunschweig, fördern insbesondere im sportlichen Nachwuchsleistungsbereich. Als langjähriger Bildungspartner und auch Mitgesellschafter der Basketball Löwen Braunschweig unterstützt die OKS junge, talentierte Sportler mit Schulabschlüssen, Aus- und Weiterbildungen. „Eine Berufsausbildung neben der angestrebten sportlichen Profikarriere spielt eine wichtige Rolle, denn nicht jedes Talent wird Profisportler“, so Rüdiger Schmidt. Mit NBA-Star Dennis Schröder – übrigens ehemaliger OKS-Azubi – gibt es eine enge Zusammenarbeit als Zweigstelle seiner Basketball-Akademie.
Zweisprachigkeit als Lebenskonzept
Derzeit existieren neben der gGmbH auch sechs Tochtergesellschaften, die das Bildungsangebot weiter verfeinern. So auch die Kämmer International Bilingual School (KIBS) in Hannover, die das Beste aus zwei Welten vereint: den deutschen Lehrplan und internationale Bildungs- und Sprachstandards.
Das Herzstück des Konzepts ist der bilinguale Unterricht nach dem so genannten Immersionsprinzip: Rund die Hälfte der Fächer wird auf Englisch unterrichtet, zumeist von muttersprachlichen Lehrkräften. So wachsen die Schülerinnen und Schüler aus allen Teilen der Welt ganz selbstverständlich in beiden Sprachen auf – ohne trockenes Vokabelpauken, sondern eingebettet in den Fachunterricht. Wer noch keine Englischkenntnisse mitbringt, wird gezielt gefördert, um rasch Anschluss zu finden. Heike Eckhoff gehört erst seit Januar 2025 zur Geschäftsführung des Mutterunternehmens, leitet jedoch seit mittlerweile acht Jahren die KIBS und bringt damit geballte Expertise aus einer anderen OKS-Sphäre mit: „Derzeit planen wir, das bilinguale Konzept auch auf Braunschweig zu übertragen, mit einer möglichen Grundschule an unserem Realschulstandort in der Moselstraße ab dem Schuljahr 2026/27.“
Die Podcast-Reihe „Oskars Welt“ reiht sich ebenfalls ins umfangreiche OKS-Portfolio ein.
Neben Deutsch und Englisch legt die Schule Wert auf eine fundierte Ausbildung in den MINT-Fächern. Aber auch das Thema Digitalisierung darf nicht fehlen: Die KIBS ist Smart School und Apple Distinguished School – zwei Auszeichnungen, die sie für ihren digitalen Unterricht erhalten hat. Alle Schülerinnen und Schüler arbeiten mit einem iPad samt Apple-Ausstattung. Progammieren ist dabei ab Klasse 5 fester Bestandteil des Stundenplans.
Ein Konzept, das sich herumspricht
Die weltoffene Haltung zieht Lehrkräfte aus aller Welt an. In Hannover finden mitunter Bewerbungsgespräche mit Kandidaten aus Neuseeland statt, sodass es diese vielleicht eines Tages in die Löwenstadt hin verschlägt. Die Mehrheit der knapp 700 Lehrkräfte wird jedoch aus dem Inland akquiriert, zumeist mit einem bereits absolvierten Vorbereitungsdienst in der Tasche.
Ganz ketzerisch gefragt: Aus welchen Gründen sollte sich eine Bewerberin oder ein Bewerber statt für eine staatliche Verbeamtung für eine klassische Festanstellung entscheiden? Viele ziehen ganz bewusst die OKS dem staatlichen Dienst vor, „nicht zuletzt wegen des besonderen pädagogischen Konzepts, des familiären Umfelds und der Möglichkeit, Innovationen schneller umzusetzen“, ist Heike Eckhoff überzeugt.
Ganz ketzerisch gefragt: Aus welchen Gründen sollte sich eine Bewerberin oder ein Bewerber statt für eine staatliche Verbeamtung für eine klassische Festanstellung entscheiden? Viele ziehen ganz bewusst die OKS dem staatlichen Dienst vor, „nicht zuletzt wegen des besonderen pädagogischen Konzepts, des familiären Umfelds und der Möglichkeit, Innovationen schneller umzusetzen“, ist Heike Eckhoff überzeugt.
Der Erfolg spricht sich herum: Die starke Markenbekanntheit der Oskar Kämmer Schule wächst dank strategischem Marketing, das auf ein breites Themenfeld setzt. So wurde unter anderem zur Zukunft der Bildung die neue Podcast-Reihe „Oskars Welt“ auf die Beine gestellt. Dass sich das Konzept bewährt und weiterhin Kunden anzieht, liegt dabei vor allem an der Fähigkeit der Schule, gesellschaftliche Veränderungen rasch in konkrete Bildungsprojekte zu übersetzen. „Die Schnelllebigkeit der Bildung hat sich durch die Digitalisierung verändert“, sagt Schmidt. Für ihn sei das kein Hindernis, sondern eher Auftrieb und Antrieb zugleich. Sein Anspruch ist es, von der frühkindlichen Förderung bis zum beruflichen Neuanfang ein verlässlicher Partner zu sein – und dabei stets einen Schritt voraus. „Wer es auf vermeintlich exotische Bildungszweige und ein innovatives und inklusives Umfeld abgesehen hat, ist bei uns goldrichtig.“
jk
6/2025