Aus Alt mach Einzigartig - Das Landloft in Eitzum

Wer dem Landloft-Laden von Silke Törber einen Besuch abstattet, wird nicht einfach nur Kunde – er wird Zeuge einer liebevoll inszenierten Zurschaustellung, in der der Charme früherer Zeiten auf mondänes Ambiente trifft. Zwischen alten Holzmöbeln, antiken Küchenutensilien und modernem Design wird hier eine ganz eigene Vorstellung von Ästhetik, Nachhaltigkeit und Lebensgefühl gelebt – irgendwo zwischen Vergangenheit und Vision.
Gleich beim Betreten des quirlig und zugleich harmonisch gestalteten Eingangsbereichs spürt man die Handschrift einer kreativen Gestalterin. Kein Wunder – die 51-Jährige ist nämlich studierte Produktdesignerin, und das merkt man sofort. Seit über sechs Jahren floriert ihr außergewöhnlicher Verkaufsladen im beschaulichen aber auch zugleich äußerst idyllischen Eitzum am Rande des Elms. In unzähligen Regalen reihen sich nostalgische Küchenutensilien an liebevoll restaurierte Einzelstücke, einzigartige Fundstücke an hochwertig aufbereitete Möbel mit Geschichte. Der Duft von Holz und Eisen erzählt Geschichten vergangener Jahrzehnte. Hier wird nicht nur verkauft – es wird bewahrt, aufgewertet und weitergedacht. „Mich inspiriert es, vermeintlich Unbrauchbares wieder mit Leben zu füllen. Alte Dinge haben mich schon immer fasziniert“, sagt sie.

Einfach entsorgen? Fehlanzeige!

Silke Törber geht es dabei nicht um pure Nostalgie, sondern vor allem um Haltung: „Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft. Es ist eine bewusste Entscheidung, dem etwas entgegenzusetzen.“ Der nachhaltige Gedanke zieht sich durch das gesamte Konzept: Was andere wegschmeißen, wird im Landloft zu einem neuen Dasein verholfen. Die meisten Objekte stammen von Flohmärkten, Bauernhöfen oder Haushaltsauflösungen, werden von Törber begutachtet, erworben und mit handwerklichem Können in einen neuen Kontext überführt.
„Es wäre einfach zu schade, den vermeintlichen Trödel zu entsorgen, denn die Renaissance retroartiger Gebrauchsgegenstände ist in vollem Gange. Und genau hier setzen wir mit unserem Konzept an“, erklärt Silke Törber mit leuchtenden Augen. Ob Teller, Tassen, Werkzeuge oder Gartenutensilien – kaum ein Gegenstand, dem sie nicht neues Potenzial abringen kann. Dabei sind viele der angebotenen Objekte Unikate, Einzelstücke mit Patina und Persönlichkeit. Und gerade das macht den Reiz aus: Kein Besuch gleicht dem anderen. Eben Authentizität im Quadrat – und genau das kommt bei den Kunden gut an. Und zwar so gut, dass sich das Landloft bereits erfolgreich herumgesprochen hat.
Ihr Nachhaltigkeitsgedanke ist dabei kein bloßes Schlagwort, sondern gelebte Realität. „Wenn ich es schaffe, Anregungen zu geben, Dinge wiederzuverwerten, dann habe ich meinen Job gut gemacht“, bringt sie den Eigenanspruch auf den Punkt. Es geht nicht um Konsum, sondern um Wertschätzung – für Dinge, für Räume, für Zeit. Eines muss die Inhaberin dann doch klarstellen: Auch neuere Gebrauchsgegenstände oder komplette Neuware reihen sich ins Konzept ein, das insbesondere durch skandinavisch angehauchte Objekte und dem heutigen Zeitgeist entsprechende Deko gekennzeichnet ist.
Dass das Konzept funktioniert, zeigen die Besucherzahlen – nicht nur aus der Region, sondern aus ganz Deutschland. Viele kommen wieder, auf der Suche nach Inspiration, nach neuen Lieblingsstücken oder einfach nach einem Ort der Entschleunigung. Auch ein Onlineshop wurde während der Coronapandemie notgedrungen aus dem Boden gestampft, konzentriert sich jedoch bewusst auf ausgewählte Neuware – das Ablichten und Vermessen der oft einzigartigen Antiquitäten sei schlicht zu aufwendig.

Laden unten, Lebensgefühl oben

Der geneigte Besucher würde das Erdgeschoss gewiss als Showroom verstehen, doch das eigentliche Exponat lauert im oberen Geschoss, wo das Ehepaar seit über zehn Jahren eine knapp 70 Quadratmeter große Ferienwohnung vermietet, die die Philosophie des Landloft-Ladens widerspiegelt, auch wenn dieser erst einige Jahre später zum Repertoire dazukam: eine gekonnte Verbindung aus Alt und Neu, aus rustikaler Schlichtheit und moderner Klarheit. Große Fenster öffnen den Blick auf den Elm, der als weitläufiger Buchenwald zu den größten seiner Art zählt. Gäste, oft Familien oder Paare, schätzen die ruhige, naturnahe Lage und das stimmige Gesamtbild der Unterkunft. „Wir wollten einen einzigartigen Mix aus ländlicher Gelassenheit und erschlagender Ruhe kreieren, und das ist uns, so glauben wir, mehr als gelungen“, lächelt Silke Törber.
Es wäre einfach zu schade, den vermeintlichen Trödel zu entsorgen, denn die Renaissance retroartiger Gebrauchsgegenstände ist in vollem Gange.

Silke Törber

Die Verbindung von Laden und Ferienwohnung erweist sich als kluger Schachzug: Besucher des Landlofts, die mehr als nur ein paar Stunden bleiben möchten, können das Konzept nicht nur erleben, sondern sich auch darin längere Zeit aufhalten. „Viele unserer Gäste sind Wiederkehrer“, meint Törber. „Sie schätzen die Ruhe, aber auch die Ideen, die sie hier mitnehmen.“ Manche kommen sogar regelmäßig vorbei, um neue Produkte zu entdecken – denn das Sortiment ändert sich laufend. Jeder Fund, jede Restaurierung bringt etwas Neues in den Laden.

An der Vision festhalten

Der Weg bis hierher war jedoch alles andere als geradlinig. Vor über 20 Jahren zog Silke Törber mit ihrer Familie nach Eitzum – „zurück aufs Land“, wie sie es ausdrückt. Nach langer Suche nach einem neuen und dauerhaften Zuhause fiel ihre Wahl auf das vakante Areal der alten Ölmühle samt zweier Gebäude – eine einst grüne, wild bewucherte Brache, durchzogen vom leisen Plätschern des Altenauer Bachs. Wo andere einen hoffnungslosen Fall sahen, erkannte sie Potenzial. Mit viel Eigenleistung, Mut und Gestaltungskraft wurde das direkt gegenüber vom heutigen Landloft gelegene Backsteinhaus aufwändig saniert und zum Eigenheim umfunktioniert.
Das nun in weiß gefärbte und mit Holzlamellen verkleidete Landloft-Gebäude blieb hingegen zunächst unberührt, zu ruinös und statisch ohnehin angeschlagen musste der damalige „Trümmerhaufen“ vorerst auf eine Revitalisierung warten. Die spätere Sanierung durfte nicht umsonst gewesen sein, schließlich musste das Unterfangen einen Zweck erfüllen, der zu Beginn der Sanierungsarbeiten noch gar nicht so richtig feststand. 2014 kam aber die Idee, die Mühen in gewerbliche Bahnen zu lenken und ins Tourismusgewerbe einzusteigen; alles mit Bedacht und feinem Fingerspitzengefühl. Dass das Projekt im privaten Umfeld zunächst auf Skepsis stieß, kann Silke ­Törber heute nur mit einem Lächeln kommentieren: „Wir wussten von Anfang an, dass wir aus dem Gelände ein Kleinod machen können.“
Mich inspiriert es, vermeintlich Unbrauchbares wieder mit Leben zu füllen.

Silke Törber

Selbstbestimmt statt kommerziell

Doch trotz aller Erfolge bleibt das Landloft bewusst klein. Eine Expansion ist nicht geplant. „Es geht nicht darum, große Umsätze zu erzielen“, betont Törber. Vielmehr steht das persönliche Lebenskonzept im Vordergrund – selbstbestimmt, kreativ, mit genügend Raum für Familie und Rückzug. „Manchmal wollen wir das Grundstück auch nur für uns haben“, sagt sie, ohne falsche Sentimentalität. Und vielleicht ist es genau diese Haltung, die den besonderen Zauber des Landlofts ausmacht: ein Ort, der nicht gefallen will, sondern überzeugt – mit Authentizität, mit Ideen, mit einem Gespür für das Wesentliche.
„Einen solchen Laden in der Stadt zu eröffnen kam für mich nie infrage. Einerseits fehlt der Platz und andererseits würde unser Alleinstellungsmerkmal dadurch verloren gehen.“
jk
5/2025