Nora Achterkerke - Von der Nachfolgerin zur Gestalterin
„Mir fehlt es definitiv nicht an Mut“, lautet ihr Resümee aus vier Jahren als Unternehmerin. Im Jahr 2021 hat die geschäftsführende Gesellschafterin der Achterkerke GmbH aus Braunschweig die Nachfolge des Firmengründers Dipl.-Ing. Heinz-Egon Achterkerke angetreten und seither viel verändert. Heiter, leidenschaftlich und mit spürbarer Energie berichtet sie über ihre Erfolge, Visionen und den andauernden Prozess der Unternehmensübernahme.
Nora Achterkerke ist seit 2021 geschäftsführende Gesellschafterin der
Achterkerke GmbH.
Achterkerke GmbH.
„Ich würd’s mal so formulieren: Wenn er merkt, dass ich es kann, dann hat er kein Problem loszulassen. Aber er hat einen wahnsinnig hohen Anspruch“, ihr herzliches Lachen lässt auf die intensive Bindung zwischen Nora und Heinz-Egon Achterkerke schließen. Die 33-Jährige ist froh, den erfahrenen Unternehmer an ihrer Seite zu wissen. „Er ist und bleibt der Fachmann, wir tauschen uns viel miteinander aus – das ist Gold wert.“ Auch das Büro, in dem wir sitzen, wird ab und zu noch von ihm genutzt. Achterkerke deutet auf das Nachbarzimmer mit Blick in die Werkhalle hin, in dem ihr Schreibtisch steht. Sie ist „völlig fein“ damit. Heinz-Egon Achterkerke sei halt Vollblut-Ingenieur, gehe immer noch gerne durch die Produktion. Aber er lasse sie auch machen und sie habe keine Angst, Entscheidungen zu treffen – was sich anhand ihrer geplanten und bereits erfolgreich umgesetzten Projekte widerspiegelt. So hat sie eine Photovoltaik-Anlage mit E-Fuhrpark realisiert, Berufsbekleidung eingeführt und eine neue Cafeteria eingerichtet. Insgesamt liegt der jungen Unternehmerin viel an ihrem 15-köpfigen Team und dem gegenseitigen Austausch. „Wir brauchen uns gegenseitig. Ich bin nicht der große Boss, der in den Wolken schwebt“, räumt sie ein und meint damit nicht nur die gelebte Hands-on-Mentalität, sondern auch den Umstand, dass sie keine Diplom-Ingenieurin ist. Achterkerke hat im Bachelorstudiengang BWL und Maschinenbau studiert, ist aber auf die Fachexpertise ihres Teams angewiesen. „Wenn ich alles wüsste, könnte ich es theoretisch ja auch selbst machen“, sagt sie lächelnd und bringt gleichzeitig resolut zum Ausdruck, dass sie sich dank eines funktionierenden Teams auf ihre Aufgaben als Geschäftsführerin konzentrieren kann. Auch wenn sie sich in dieser Rolle kontinuierlich weiterentwickelt, denn der Lernprozess hört nie auf. Insgesamt herrscht in den Hallen des Braunschweiger Industriegebiets am Hafen ein lockeres Miteinander, das gerne mal in einem Grill- oder Kegel-Abend, einer Oker-Tour oder dem Besuch des ATP-Challenger-Turnier „BRAWO OPEN“ mündet. Die sympathische Chefin hält diese Momente für die Social-Media-Kanäle des Unternehmens fest, um das gute Betriebsklima transparent zu kommunizieren.
Hightech-Feinblechverarbeitung mit dem gewissen Funken: seit 1991 ist die Achterkerke GmbH führend im Edelstahl-Trichter- und -Behälterbau.
Ich bin auch im Privaten Unternehmerin.Nora Achterkerke
Handwerkskunst auf hohem industriellem Qualitätsniveau
Die wichtigsten Änderungen betreffen allerdings die Produktion, die die Geschäftsführerin gemeinsam mit Heinz-Egon Achterkerke in den letzten Jahren mit modernen Fertigungsmaschinen aufgerüstet hat. „Achterkerke, Trichter, da war doch was.“ Eine Zuordnung, die Nora Achterkerke häufig bei ihren Kundenanrufen hört, wenn sie sich in Erinnerung bringen möchte. In der Tat zählt die Achterkerke GmbH seit 1991 aufgrund ihrer breiten Fertigungsmöglichkeiten im Feinblechbereich zu den führenden Unternehmen im Edelstahl-Trichter- und -Behälterbau. Aufgrund des umfangreichen Maschinenparks, der immer wieder modernisiert wird, ist Achterkerke in der Lage, alles aus einer Hand zu fertigen. „Das ist Handwerkskunst auf hohem industriellem Qualitätsniveau.“ Dabei wird nach individuellem Kundenauftrag produziert, von der Einzelteilfertigung bis zu Klein- und Mittelserien. Die Aufträge stammen aus der Kunststoff-, Lebensmittel-, pharmazeutischen und chemischen Industrie. „Wir bewegen uns in der Edelstahlfertigung in einer Nische, da wir Bauteile in den unterschiedlichsten Variationen und Oberflächen anbieten“, erklärt Achterkerke und untermalt ihre Aussage mit einer Veranschaulichung aus der Pharmaindustrie. Dort seien beispielsweise sehr glatte Oberflächen gefragt, um Pulver und dergleichen rückstandslos zu befördern.
Viele Jahre kam man um Achterkerke nicht herum. Doch das anhaltende Konjunkturtief und die insgesamt schwierige Wirtschaftslage haben auch bei dem etablierten Mittelständler ihre Spuren hinterlassen. Nora Achterkerke, die sich hauptsächlich um Personalwesen, Controlling und Finanzen kümmert, ist es wichtig, das Unternehmen wieder sichtbarer zu machen. „Ich rufe langjährige Kunden, von denen wir lange nichts gehört haben, nun persönlich an, um ihnen von unseren Neuerungen zu berichten.“ Interessant ist, dass die Achterkerke GmbH Maschinen führt, die es auf dem Markt gar nicht gibt. Heinz-Egon Achterkerke hat sie konzipiert, von Sondermaschinenbauern herstellen lassen und damit ein außergewöhnliches Alleinstellungsmerkmal geschaffen.
Viele Jahre kam man um Achterkerke nicht herum. Doch das anhaltende Konjunkturtief und die insgesamt schwierige Wirtschaftslage haben auch bei dem etablierten Mittelständler ihre Spuren hinterlassen. Nora Achterkerke, die sich hauptsächlich um Personalwesen, Controlling und Finanzen kümmert, ist es wichtig, das Unternehmen wieder sichtbarer zu machen. „Ich rufe langjährige Kunden, von denen wir lange nichts gehört haben, nun persönlich an, um ihnen von unseren Neuerungen zu berichten.“ Interessant ist, dass die Achterkerke GmbH Maschinen führt, die es auf dem Markt gar nicht gibt. Heinz-Egon Achterkerke hat sie konzipiert, von Sondermaschinenbauern herstellen lassen und damit ein außergewöhnliches Alleinstellungsmerkmal geschaffen.
Der hochmoderne Maschinenpark ermöglicht die Fertigung aller Prozessschritte aus einer Hand.
Unternehmerpreis für gelungene Nachfolge
Aus gutem Grund also hat die gebürtige Insulanerin von Usedom ihren Mentor, den sie vor zwölf Jahren in ihrer Heimat kennenlernte, 2024 beim Unternehmerpreis der Region 38 für sein Lebenswerk nominiert. Es sollte ein Geschenk zu seinem 80. Geburtstag sein und kam unerwarteterweise anders. Eine Auszeichnung gab es zwar, jedoch für die gelungene Unternehmensnachfolge. Stolz zeigt Achterkerke die Holz-Skulptur in Form von zwei miteinander verwachsenen Bäumen, die gut sichtbar in den Büroräumen thront. Eine geglückte Überraschung, denn „ich habe es auch erst bei der Preisverleihung erfahren“, so die Nachfolgerin lachend. Aus ihrer Sicht hat das Schicksal die beiden zusammengebracht. „Wir haben uns getroffen und jeder von uns hat in dem anderen eine Lücke gefüllt. Unser gemeinsamer Weg ist erfolgreich weitergegangen und beide sind glücklich damit.“ Ihre Begeisterung für die Metallverarbeitung ist aus ihrer Sicht kein Zufall. Denn sie ist „unter Jungs groß geworden“, schafft gerne etwas mit den eigenen Händen und hat ein räumliches Vorstellungsvermögen. „Ich kann mehr als einen Nagel in die Wand schlagen“, wirft sie augenzwinkernd ein. Besonders faszinierend findet sie an der kundenspezifischen Fertigung, dass „man sich immer wieder neu reindenken muss, es wahnsinnig herausfordernd, aber auch sehr abwechslungsreich ist.“
Ein 15-köpfiges Team realisiert die Produktion nach individuellem Kundenauftrag – von der Einzelteilfertigung bis zu Klein- und Mittelserien.
Die Zukunft strategisch im Blick
Ihr eigener Werdegang motiviert die junge Frau außerdem, das Interesse von Schülerinnen für technische Berufe zu fördern. Im April dieses Jahres vermittelte sie neun Mädchen im Rahmen des Girls‘Day die Begeisterung für Technik sowie den Mut, später Führungsverantwortung zu übernehmen. Ein weiteres aktuelles Vorhaben von ihr ist es, die Ausbildung fest im eigenen Unternehmen zu etablieren. Achterkerke verfolgt außerdem die Vision, Wirtschaft und Wissenschaft enger zusammenzubringen und den Transfer zu erleichtern. Hierfür hält sie stetigen Kontakt mit der Technischen Universität Braunschweig und der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften. Schon jetzt machen Studierende regelmäßig Praktikum oder schreiben Studienarbeiten in ihrem Unternehmen. Aber damit nicht genug: sie möchte gute Ideen und Start-ups unterstützen, indem sie ihren Maschinenpark für die Fertigung von Prototypen zur Verfügung stellt oder sich anderweitig beteiligt. Es fehle bisher ein Konzept, das Studierende und Firmen unkompliziert zusammenbringt. „Wir haben einen tollen Mittelstand, aber die Konkurrenz schläft nicht. Wir müssen das Wissen und die Bildung in Deutschland nutzen, um unseren Wohlstand langfristig zu halten. In der Wirtschaft merken wir gerade sehr deutlich, dass alle ihren Anteil am Erfolg sichern wollen – mit Lokalpatriotismus allein kommt man leider nicht mehr sehr weit.“ Deutliche Worte von einer Unternehmerin, die für ihre Sache brennt und die Zukunft strategisch im Blick hat. Noch sei die Achterkerke GmbH durch ihre technischen Innovationen einen Schritt voraus, aber schon jetzt denke Nora Achterkerke über individuelle Robotertechnik nach, um noch produktiver zu werden. Denn „in der Produktion verdienen wir das Geld, mit meiner Tätigkeit nicht“, sagt sie völlig uneitel.
Wir haben einen tollen Mittelstand, aber die Konkurrenz schläft nicht. Wir müssen das Wissen und die Bildung in Deutschland nutzen, um unseren Wohlstand langfristig zu halten.Nora Achterkerke
Trotz der Unternehmensleitung engagiert sich Achterkerke ehrenamtlich seit 2020 bei den Wirtschaftsjunioren, seit 2023 sogar im Vorstand, als Mitglied der IHK-Vollversammlung in der aktuellen Wahlperiode sowie als Beiratsmitglied im Arbeitgeberverband. Viel zu kurz kommt jedoch die Arbeit für die eigene Familienstiftung, wo sie als Vorstandsmitglied weniger aktiv ist, als ihr lieb ist. Seit 2008 fördert die Achterkerke Stiftung soziale Kompetenz als auch begabte Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien – für Achterkerke ein Herzensthema, da auch hinter ihr ein kräftezehrender Karriereweg von der Ausbildung über das Fachabitur bis zum Studium liegt. „24/7“ ist ihre humorvolle Antwort darauf, wie sie Fulltime-Job und Ehrenamt vereinbart. „Ich bin auch im Privaten Unternehmerin“, lässt sie durchblicken. Vor allem als engagierte, weibliche Führungskraft im technischen Bereich sei sie sehr gefragt. Den Ausgleich schafft sie durch Kraftsport, beim Gärtnern, auf langen Spaziergängen mit dem Familienhund oder sie genießt in vollen Zügen die Ruhe auf Usedom, wenn sie mal wieder zu Besuch in der alten Heimat ist.
ar
8/2025
