Wasserstoff – Lösungsansätze für die Region

Region Bodensee-Oberschwaben:
Mit den Zukunftschancen von Wasserstoff in der Region beschäftigten sich Expertinnen und Experten bei einer gemeinsamen Veranstaltung von Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben (IHK) und GRIESHABER Logistik GmbH Ende März in Weingarten. Das Interesse war sehr groß.  
Das Thema Wasserstoff gewinne zunehmend an Bedeutung, sagten IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Sönke Voss und GRIESHABER-Geschäftsführer Gregor Schnell in ihrer Begrüßung. Auch entscheide sich jetzt, ob die Region frühzeitig an das geplante Wasserstoffnetz der Ferngasbetreiber angeschlossen werde oder zunächst außen vor bleibe. Mit der Veranstaltung wolle man zur aktuellen Lage sowie einer künftigen nachhaltigen Wasserstoffstrategie informieren und zugleich Fakten schaffen. Die zahlreichen Teilnehmenden aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung machten deutlich, wie groß Interesse und Informationsbedarf sind. Geprägt wurde die Veranstaltung durch vielfältige Vorträge von Seiten lokaler Unternehmer, die das Thema in der Region voranbringen.
Neue Klimaziele bedingten veränderte Netze, gab Michael Scheible von der TWS Netz GmbH direkt eingangs zu bedenken. Das aktuell bestehende absatzorientierte Istnetz aus Strom-, Erdgas-/Wasserstoff- und Wärmenetz müsse spätestens 2040 in ein klimaorientiertes Zielnetz münden. Eine nachhaltige H2-Strategie erfordere nicht nur eine Bestandsanalyse sowie eine Netz- und Anlagenoptimierung, sondern es gelte auch, die Sektorenkopplung voranzutreiben. Derzeit werde der Wasserstoffbedarf in der Region ermittelt. „Unser Auftrag ist die Verteilung“, sagte Scheible. Die Fernleitungsnetzbetreiber haben ein potenzielles Wasserstoffnetz entwickelt, um schrittweise eine bundesweite Versorgung sicherzustellen und diese in das europäische Netz einzubinden. Den Kern des Wasserstoffnetzes bilden dann diejenigen Leitungen, die aktuell noch für Erdgas genutzt und künftig auf Wasserstoff umgestellt werden sollen. Für die Verbrauchsregion Bodensee/Oberschwaben sei die Umstellung ab 2035 geplant.
Stefan Kesenheimer, Geschäftsbereichsleiter Unternehmensförderung und Regionalentwicklung bei der IHK, mahnte in diesem Zusammenhang: „Es ist wichtig, dass sich die Unternehmen bei Bedarfsabfragen zu Wasserstoff beteiligen und Rückmeldungen an die Verteilnetzbetreiber geben, da nur dann eine schnelle Anbindung der Region an Wasserstoff realisiert wird. Zusätzlich ist für die dezentrale Erzeugung von Wasserstoff der Ausbau der erneuerbaren Energien wie Photovoltaik und Windkraft in der Region notwendig.“
Die Energiewende sei nur in Verbindung mit einer Verkehrswende zu realisieren, sagte Axel Prokopec von der GP JOULE Hydrogen GmbH. Grüner Wasserstoff sei hierfür eine elementare Voraussetzung. Prokopec verwies in diesem Zusammenhang auf die Wertschöpfungskette der Wasserstoffprojekte mit Einbindung von grünem Strom, Erzeugung von grünem Wasserstoff mittels Elektrolyse, Verdichtung, Speicherung und Transport des Wasserstoffs, Vermarktung an Wasserstofftankstellen und integriertem Lösungsangebot für den Schwerlastverkehr. „Unser Ziel ist der Aufbau einer grünen H2-Infrastruktur für Weingarten.“ Dabei gehe es zunächst um die Versorgung von GRIESHABER-Nutzfahrzeugen.
Bei der GRIESHABER Logistik GmbH gibt es bereits Planungen zur Strukturierung und Implementierung einer regionalen und nachhaltigen Wasserstoff-Infrastruktur. Moritz Miller, der im Rahmen seiner Masterarbeit das Wasserstoffkonzept für GRIESHABER entwarf, berichtete, dass umweltpolitische Verantwortung, der Nachhaltigkeitsgedanke und die im Klimaschutzgesetz verankerte Umweltbilanz GRIESHABER dazu bewogen habe, in die Wasserstoffthematik einzusteigen. Als Bausteine für die Implementierung einer H2-Infrastruktur bei GRIESHABER nannte er die Stromerzeugung aus regenerativen Energiequellen, die Herstellung von grünem Wasserstoff mittels Elektrolyse, eine lokale Wasserstofftankstelle sowie wasserstoffbasierte Nutzfahrzeuge in der eigenen Flotte. Über Photovoltaik auf den Dachflächen der Firmengebäude könne der für die Elektrolyse erforderliche regenerative Strom für die Produktion von circa 900 Kilogramm Wasserstoff pro Tag gewonnen werden. Auch Standortanalysen und Anlagenkonzepte für eine betriebliche Wasserstofftankstelle sowie eine Marktanalyse zur Nutzfahrzeugbeschaffung seien bereits erfolgt. GRIESHABER prüfe außerdem, ob die Tankstelle mittelfristig auch für die Öffentlichkeit verfügbar gemacht werden könne.
Die Innovationskraft der Region demonstrierten im Folgenden noch Vertreter der CellForm Hydrogen GmbH & Co. KG aus Baienfurt sowie der EBZ aus Ravensburg. Sie stellten den Anwesenden Neuentwicklungen im Bereich der Herstellung metallischer Bipolarplatten sowie selbstentwickelte Elektrolyseanlagen vor. In Verbindung mit Brennstoffzellenstacks wird somit der Prozess zur Gewinnung von Wasserstoff durch elektrischen Strom und umgekehrt effizienter und nachhaltiger gemacht.
„Ich bin absolut begeistert“, lobte Professor Dr. Werner Tillmetz, bis 2018 Leiter des Geschäftsbereichs Elektrochemische Energietechnologien des baden-württembergischen Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung, in der abschließenden Diskussionsrunde. Deutschland sei in Sachen Brennstoffzelle und H2-Technologien gut aufgestellt. „Wir sollten weniger diskutieren und schneller umsetzen“, sagte er. Dies könne jedoch nur gelingen, wenn die gesamte Wertschöpfungskette sich in ein Boot setze. Auch die Politik müsse Tempo machen.

Medieninformation Nr. 33/2023