Kommunalwahl 2025: Was jetzt in den Städten passieren muss!

Am 14. September stehen in den Städten und Kreisen in NRW Kommunalwahlen an. Wir haben unsere Unternehmer:innen befragt, was jetzt in unseren Kammerstädten Bochum, Herne, Witten und Hattingen passieren muss, damit die Wirtschaft gestärkt wird.
Von Sven Frohwein
Am 14. September stehen in den Städten und Kreisen Nordrhein-Westfalens richtungsweisende Wahlen an. Wer zieht als Stadtoberhaupt in die Rathäuser ein? Wer darf weitere fünf Jahre regieren, wer muss den Platz freimachen? Wir haben unsere Mitgliedsunternehmen befragt, was jetzt in den Städten passieren muss, damit die Wirtschaft profitiert.
In zwei Städten des Kammerbezirks der IHK Mittleres Ruhrgebiet wird die Wahl besonders spannend. Hier treten zwei Amtsinhaber nicht mehr an. Bochums Oberbürgermeister Thomas Eiskirch (SPD) räumt nach zehn Jahren im Amt seinen Stuhl, Hattingens Bürgermeister Dirk Glaser (parteilos) verzichtet ebenfalls nach zwei Amtsperioden. In Herne möchte Oberbürgermeister Dr. Frank Dudda (SPD) sein Amt verteidigen; auch Wittens Bürgermeister Lars König (CDU) tritt erneut zur Wahl an.
So unterschiedlich die Städte im Kammerbezirk auch sein mögen, so ähnlich sind die Herausforderungen in den Kommunen - vor allem für die Wirtschaft. Das beweisen aktuelle Umfragen der IHK Mittleres Ruhrgebiet anlässlich der Kommunalwahl 2025. Wir haben unsere Mitgliedsunternehmen in den vier Kammerstädten befragt, wo sie die wirtschaftlichen Knackpunkte in ihrer Stadt sehen, welche Probleme die Stadtoberhäupter aus Sicht der Wirtschaft als Erstes angehen müssen – und wo die Unternehmen Potenziale sehen, um die Kommunen zukunftssicher aufzustellen.
Die überwiegende Mehrheit der Befragten ist vom Standort mittleres Ruhrgebiet überzeugt
Das eingefangene Stimmungsbild zeigt deutlich: Unsere Mitgliedsunternehmen sehen die Stadtspitzen vor allem beim Bürokratieabbau, bei der Senkung der Steuerlast und bei Zukunftsthemen wie der Digitalisierung in der Pflicht. Vielen Befragten liegen überdies die Themen Sicherheit und Sauberkeit, Gewerbeflächenmangel und Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur am Herzen. Aus Sicht der Unternehmerschaft tun die Kommunen aktuell darüber hinaus noch zu wenig bei der Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt. Zudem sieht sie Verzögerungen beim Ausbau der digitalen Infrastruktur.
Und doch: Die überwiegende Mehrheit der Befragten ist vom Standort mittleres Ruhrgebiet überzeugt – und denkt nicht über eine Verlagerung ihrer Unternehmen nach. Die Verbundenheit zur Region ist weiterhin stark ausgeprägt. Die Stadtoberhäupter können auf die Unterstützung der ­Unternehmen zählen, wenn sie deren Sorgen und Nöte ernst nehmen und wenn in den Stadtverwaltungen künftig Dienstleistungs- und Serviceorientierung für Bürger:innen und Unternehmen im Fokus der Arbeit stehen.
In diesem Artikel finden Sie ein umfangreiches Stimmungsbild aus unseren Kammerstädten - und einen Überblick über die Herausforderungen, denen sich die Stadtoberhäupter in den kommenden fünf Jahren stellen müssen.

Bochum - von der Autostadt zur Stadt der Wissenschaft

Status quo:
Bochum hat sein Image als Stadt, die Wandel kann, in den vergangenen zehn Jahren deutlich steigern können. Das liegt vor allem an der positiven Entwicklung auf dem ­Gelände des ehemaligen Opel-Werks. Auf dem MARK 51°7 getauften Areal arbeiten aktuell mehr Menschen als zuletzt beim Automobilbauer. Erst Anfang Juli konnte die städtische Entwicklungsgesellschaft Bochum Perspektive das offizielle Ende der Wiederbelebung der Fläche feiern.
Zudem hat sich Bochum zu einer zentralen Akteurin der ­Gesundheitswirtschaft im Ruhrgebiet entwickelt. Diese Branche stellt mittlerweile die meisten Arbeitsplätze in der Stadt zur Verfügung. Das liegt nicht nur an Forschung und Lehre in diesem Bereich, sondern auch an einer hohen Klinikdichte sowie an zahlreichen Unternehmen, die im Bereich Gesundheit Geschäftskonzepte entwickelt haben.
Die Stadt Bochum hat sich mit der „Bochum Strategie 2030“ eine eigene Agenda gegeben, um die Stadt zukunftsfähig zu machen. Zahlreiche Projekte dieses Zukunftsfahrplans konnten schon erfolgreich abgeschlossen werden; vor allem in den Bereichen Smart City, Bildung und Nachhaltigkeit laufen noch Projekte. So gehören beispielsweise das viel diskutierte und mittlerweile im Bau befindliche Haus des Wissens und das Projekt „Mit BIM zum Bauantrag“, das u. a. eine digitale Vorprüfung von Bauanträgen vorsieht, zu diesen offenen Meilensteinen.
Die Umfrageergebnisse:
Stadtverwaltung schlanker und schneller machen: Das wün­schen sich die Bochumer Unternehmer:innen vor allem von ihrem neuen Stadtoberhaupt. Zudem soll die Gewerbesteuer langfristig sinken. Darüber hinaus soll die/der neue Oberbürgermeister:in den Handel stärken sowie die Innenstadt insgesamt attraktiver gestalten und den Ausbau der digitalen Infrastruktur beschleunigen. Das sind die vier mit Abstand größten Herausforderungen, die in der Umfrage ­genannt werden.
Durchaus positiv: Die Hälfte der Befragten bewertet den Wirtschaftsstandort Bochum als ideal für ihr Unternehmen. Etwa 25 Prozent sagen, der Standort sei für ihr Unternehmen nicht relevant. Im Bereich Dienstleistungen sehen die befragten Unternehmer:innen mit Abstand das größte Potenzial für Bochum. Auf Platz zwei rangiert das produzierende Gewerbe. Auf dem dritten Platz folgen mit etwa gleich vielen Nennungen Einzelhandel und Wohnen. Nach Meinung der Befragten sollte die Stadt Bochum künftig vor allem die Bereiche Handwerk, Start-ups und Gründungen sowie produzierendes Gewerbe gezielt fördern.
Die Herausforderungen:
Bochums Unternehmer:innen beklagen in unserer Umfrage vor allem das Baustellenmanagement der Stadt, das offenbar noch viel Luft nach oben hat. „Es darf keine Baustelle ohne Bauaktivität zwischen 8 und 16:30 Uhr geben“, „gleichzeitige Baustellen ohne angemessene Umleitungsstrecken führen zum Kollaps“ und „Kunden beklagen sich regelmäßig über Umwege und unkoordinierte Sperrungen“ sind nur drei einzelne Stimmen, die unsere Umfrage zutage förderte.
Auch das Thema Innenstadtentwicklung steht im Fokus der Unternehmer:innen. Die „Aufenthaltsqualität in der Stadt ist relevanter Faktor für Arbeitskräftegewinnung“, deshalb ­seien hier mehr Anstrengungen nötig. Grundsätzlich sieht eine deutliche Mehrheit der Befragten die Stadt beim ­Thema „Sauberkeit und Sicherheit“ gefragt. Für weniger relevant hält die Unternehmerschaft die Konkurrenzsituation zwischen der Bochumer City und dem Ruhr Park sowie ein Verkehrskonzept für die Innenstadt.
Spannend auch: Die Stadt solle die „Steuerlast für Neugründer senken, um die Möglichkeit der Gründung ohne Fremdkapital zu ermöglichen“. Grundsätzlich sei es wichtig, mehr „Zuversicht [zu] schaffen! Das neue Stadtoberhaupt solle „auch auf [die] positive Entwicklung verweisen!“

Herne - auf dem Weg zum Hochschulstandort

Status quo:
Herne hat wie Bochum einen rasanten Wandel vollzogen. Die Stadt ist mittlerweile zu einem bedeutenden Logistikstandort im Ruhrgebiet geworden. Auch die Gesundheitsbranche boomt in der Stadt. Gleichwohl steht Herne vor vielen ­Herausforderungen: Zwar gibt es vor Ort zahlreiche innovative Unternehmen, ein richtiger Aufschwung im ­Bereich technologie- und innovationsgetriebener Unternehmen steht aber noch aus. Von der Entwicklung zweier Flächen erhofft sich die Stadt starke wirtschaftliche Impulse: Auf dem Gelände der ehemaligen Zeche General Blumenthal soll die „Techno Ruhr International“ entstehen – ein ­Innovations- und High-Tech-Quartier, auf dem Hunderte Arbeitsplätze entstehen sollen. Auch in das FunkenbergQuartier setzt die Stadt Hoffnungen: Mit dem ehemaligen Industrieareal wird Herne erstmals Hochschulstandort – und schafft Platz für weitere zukunftsorientierte und forschungsnahe Ansiedlungen.
Die Umfrageergebnisse:
Auch die Herner Umfrage zeigt: Die größten Potenziale ­sehen die Unternehmer:innen im Bereich Dienstleistungen. Auf dem zweiten Platz rangieren Einzelhandel und produzierendes Gewerbe. Im Bereich Wohnen sehen die Befragten ebenfalls Entwicklungspotenzial. Genehmigungsprozesse dauern laut der IHK-Befragung in Herne zu lang – rund ein Drittel der Befragten ist dieser Meinung. Circa ein Viertel hält sie zudem für zu kompliziert.
Wenig überraschend: Eine große Mehrheit (rund 90 ­Prozent) der Befragten wünscht sich dringend eine Senkung der ­Gewerbesteuer; lediglich zehn Prozent haben mit der Höhe der Steuer kein Problem.
Die Befragten wünschen sich einen besser getakteten öffentlichen Personennahverkehr in Herne. Außerdem fehle es seitens der Stadt teilweise an der Kooperationsbereitschaft mit Investor:innen, die neuen Wohnraum in Herne schaffen möchten. Ein Unternehmer beklagt darüber hinaus „mangelnde Kita- und Ganztagsschulenplätze-Plätze, wodurch Mitarbeiter:innen mit Kindern häufiger ausfallen oder weniger Arbeitsstunden leisten können“.
Die Herausforderungen:
Rund ein Fünftel aller Befragten sieht in einer schlanken und schnelleren Stadtverwaltung eine klare Herausforderung. Weitere 20 Prozent der Befragten wünschen sich eine langfristige Senkung der Gewerbesteuern. Auf Platz drei in Herne rangiert der Wunsch nach einer Stärkung des Handels und einer attraktiveren Innenstadt. Auch der Ausbau der ­digitalen Infrastruktur zählt zu den meistgenannten Herausforderungen.

Witten - Ruf nach mehr Unternehmensunterstützung

Status quo:
Auch Witten fehlen Gewerbeflächen, um Investor:innen und Bestandsunternehmen attraktive Angebote machen zu können. Aus diesem Grund ist unter anderem ein neues Gewerbegebiet im Wittener Bebbelsdorf geplant. Damit einher soll eine Straßensanierung gehen, an deren Kosten die Anrainer-Unternehmen beteiligt werden könnten, so die Stadt Witten. Leerstände in der City sind weiterhin ein Problem. Vor allem die Umnutzung der seit Langem leerstehenden ehemaligen Kaufhof-Immobilie lässt weiter auf sich warten und scheint eine neverending Story für die Wittener Innenstadt zu werden. Dabei hat die Stadtverwaltung schon viele Dinge angeschoben, die helfen sollen, die Innenstadt wieder in Schwung zu bringen – z. B. das Integrierte Innenstadtkonzept (ISEK) sowie eine neue Gestaltungssatzung. Schlagzeilen machte zuletzt auch die teure und langwierige Sanierung der Pferdebachstraße. Die wichtige Verbindungsstraße zwischen Autobahn, Uni und Zentrum sorgte vor ihrer Sanierung immer wieder für lange Staus und war in einem miserablen Zustand, ist jetzt aber ein attraktives Tor in die Innenstadt.
Die Umfrageergebnisse:
Die Wittener Umfrage zeigt: Die größten Potenziale ­sehen die Unternehmer:innen im Bereich Dienstleistungen, im produzierenden Gewerbe und beim Wohnen. Die Stadt ­Witten solle vor allem Start-ups und Gründungen stärker fördern; auch beim Handwerk und im Einzelhandel sehen die Befragten großes Förderpotenzial.
In Witten zeigt sich deutlich: Das Gros der Befragten ist der Meinung, dass Genehmigungsprozesse zu viel Zeit in Anspruch nehmen und zu kompliziert sind. Eine deutliche Mehrheit der Befragten (rund 80 Prozent) wünscht sich ­dringend eine Senkung der Gewerbesteuern.
Aufreger-Themen der IHK-Befragung in Witten sind vor ­allem das Baustellenmanagement und der schlechte ­Zustand der Verkehrsinfrastruktur. „Wie kann es sein, dass die Wittener Straße Richtung Hattingen drei Jahre für die Sanierung braucht und noch nicht fertig ist“, fragt sich ein Teilnehmer unserer Umfrage. Es gebe zu „viele Straßen, deren Oberfläche eine maximale Zumutung ist“. Für die Innenstadt wünscht sich ein Unternehmer „Shared Spaces für kleine Unternehmen, Start-ups und ähnliche Akteure“ in leerstehenden Ladenlokalen. Ein Unternehmer bringt den Abbruch des ehemaligen Kaufhof-Gebäudes ins Spiel, denn ein „Konzept für den Kaufhof ist nicht in Sicht“. Ein Umfrageteilnehmer geht mit der Stadtverwaltung hart ins Gericht: Sie sei „völlig uninteressiert an vorhandenen Unternehmen“. Es fehle an Unterstützungsangeboten und es werde „nur abkassiert“.
Die Herausforderungen:
Stadtverwaltung schlanker und schneller machen, Gewerbesteuern langfristig senken, Ausbau der digitalen Infrastruktur beschleunigen: Aus Sicht der Wittener Unternehmer:innen sind das die drei größten Herausforderungen in der Stadt. Auf Platz vier rangiert das Thema „Handel stärken und ­Innenstadt attraktiver gestalten“. Außerdem weit oben auf der Wunschliste der Befragten: die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie zu sichern.

Hattingen - Stadt mit Potenzial

Status quo:
Hattingen hat wie viele kleinere Kommunen im Ruhrgebiet vor allem damit zu kämpfen, dass Gewerbeflächen knapp sind. Im direkten Austausch zwischen Fraktionsspitzen und Hattinger Unternehmerschaft beim Hattinger Wirtschaftsdialog unserer IHK war ebenfalls die mangelnde Service-­Orientierung und Schnelligkeit der Stadtverwaltung ein Thema. Darüber hinaus gebe es deutlich Luft nach oben beim Thema Willkommenskultur. Die Stadt habe zur Unterbringung ausländischer Geflüchteter das sogenannte Steinenhaus angekauft; bislang sei dort aber nichts geschehen. Zudem sei der Ort viel zu weit vom Hattinger Stadtkern entfernt, um eine gute Integration der Geflüchteten zu gewährleisten. Die Stadt hat in der City insbesondere mit Leerständen zu kämpfen. Es fehlt ein zentrales Leerstandsmanagement. Im Übrigen, so viele Unternehmer:innen, mache die Stadt zu wenig, um für Tourist:innen attraktiver zu werden. Fehlende Busverbindungen zu Nachbarstädten und der Zustand des S-Bahnhofes sind immer wieder Anlass zu Kritik.
Die Umfrageergebnisse:
Schlankere und schnellere Genehmigungsverfahren, eine ­attraktivere Innenstadt sowie mehr Sauberkeit und Sicher­heit – das sind nur einige der Wünsche, die Hattinger ­Unter­nehmer:innen an eine neue Bürgermeisterin oder einen ­neuen Bürgermeister haben.
Wenig überraschend: Die Mehrheit der Befragten ist der Meinung, dass Genehmigungsprozesse für Unternehmen in Hattingen zu viel Zeit in Anspruch nehmen und „viel zu kompliziert“ sind. Nur zehn Prozent der Unternehmer:innen haben keine Probleme damit. Rund 40 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Belastungen durch die Gewerbesteuer zu hoch ausfallen und eine Senkung deshalb dringend geboten sei.
Das größte Entwicklungspotenzial sehen die Hattinger ­Unternehmer:innen vor allem in den Bereichen Dienstleistungen, produzierendes Gewerbe und Tourismus. Auf Platz vier rangieren Einzelhandel und Wohnen. Rund ein Drittel der Befragten wünscht sich deshalb, dass die Stadt Gastronomie und Tourismus gezielt fördert. Rund 20 Prozent der Befragten wünschen sich die Förderung von Start-ups. ­Weitere 20 Prozent sehen die Stadt bei der Förderung des produzierenden Gewerbes in der Pflicht.
Die Herausforderungen:
Die Unternehmer:innen in Hattingen sehen die Stadtverwaltung vor allem bei fünf Themen am Drücker: bei der mangelnden Willkommenskultur in der Stadt, bei der Ausweisung und Erschließung dringend benötigter Gewerbeflächen, beim zügigen Abbau unnötiger Bürokratie, bei der Belebung der Innenstadt sowie bei der schnellen Integration arbeitswilliger Geflüchteter. Die Stadt müsse vor allem bei Genehmigungsverfahren schneller werden, so die Unternehmerschaft.
Und auch beim öffentlichen Personennahverkehr gebe es viel Verbesserungsbedarf: „Wir bekommen viele ­Bewerbungen aus den umliegenden Orten. Der ÖPNV macht mir aber einen Strich durch die Rechnung. Ich muss Bewerber ablehnen, weil sie kein Auto haben“, so der Hattinger Gastronom ­Sotirios Christanas. Für Fabian Berster, Geschäftsführer des gleichnamigen Hattinger Dachdeckerbetriebs, spielen zahlreiche Themen ineinander. Er wünscht sich Integrationskurse, die sich an den Arbeitszeiten der Teilnehmer:innen orientieren, und einen ÖPNV, der dabei hilft, Geflüchtete besser in das städtische Leben einzubinden.
Zudem schöpfe Hattingen nicht alle Potenziale in ­Sachen Tou­rismus aus, ist IHK-Hauptgeschäftsführer ­Michael ­Berg­mann, der selbst in Hattingen lebt, überzeugt.
„­Hattingen ist eine Stadt mit viel Potenzial. Wir reichen dem neuen Stadtoberhaupt unsere Hand, um bei zentralen Themen ­voranzukommen.“

IHK-Präsident Böhme: „Bürokratie­abbau ist das A und O.“

3 Fragen an … Philipp Böhme, Präsident der IHK Mittleres Ruhrgebiet
Herr Böhme, am 14. September ist Kommunalwahl in Nordrhein-­Westfalen. Wo sehen Sie die größten Herausforderungen in den Kommunen?
Vor allem die Städte im Ruhrgebiet – und damit auch in ­unserem Kammerbezirk – haben zum größten Teil mit ähnlichen Heraus­forderungen zu kämpfen. Das zeigt unsere Umfrage sehr ­deutlich. Für die meisten Unternehmer steht das Thema Bürokratieabbau an erster Stelle. Um auch zukünftig wirtschaftlich erfolgreich zu sein, ist der Abbau bürokratischer Hürden das A und O. Noch immer warten Unternehmen zum Beispiel viel zu lange auf Baugenehmigungen. Das bremst die Investitionsbereitschaft massiv ein. Viele Mitgliedsunternehmen wünschen sich perspektivisch auch eine Senkung der Gewerbesteuer.
Gibt es weitere Gemeinsamkeiten?
Natürlich. Allen Kommunen ist gemein, dass sie in unserer stark verdichteten Region nur wenige Möglichkeiten haben, ­Gewerbeflächen in einem ausreichenden Maß anzubieten. Dabei werden sie dringend benötigt, um sowohl Investoren und ­Firmen ­anzulocken als auch Bedarfe der Bestandsunternehmen zu befriedigen. Gerade kleinere Städte wie Witten und ­Hattingen ­haben damit besonders zu kämpfen. Aber auch große Städte wie Bochum müssen sich Gedanken machen, wie sie den nicht kleiner werdenden Bedarf künftig decken wollen. Für alle gilt: Die Neuausweisung von Gewerbeflächen auf der ­grünen Wiese ist eher die Ausnahme. Und das bedeutet aufwendige und vor allem teure Flächensanierung auf Altflächen.
Bei allen Gemeinsamkeiten – gibt es auch Unterschiede?
Auch hier spielt die Größe der Stadt eine nicht unwesentliche Rolle. In Bochum z. B. rangieren Sicherheit und Sauberkeit unter den Top 3 der größten Herausforderungen aus Sicht unserer Unternehmer. In kleineren Städten wie Witten und Hattingen stehen eine bessere Verzahnung der unterschiedlichen Verkehrsträger und ein gut ausgebauter ÖPNV im Fokus. Gerade im Wettbewerb um Auszubildende und Fachkräfte ist die Erreichbarkeit der ­Betriebe ein besonderes Anliegen.


agenda.RUHR – Vorfahrt für die Wirtschaft im Ruhrgebiet!

Positionen der IHKs im Ruhrgebiet für die Kommunal- und Ruhrparlamentswahlen im September 2025

1. Bürokratie abbauen – Genehmigungen beschleunigen!

Das größte Hemmnis für die Wirtschaft im Ruhrgebiet sind langwierige Verfahren und fehlende Planungssicherheit. Dies betrifft fast alle Prozesse, bei denen Unternehmen auf öffentliche Stellen angewiesen sind. Der Abbau dieser Hemmnisse muss oben auf der Agenda stehen.

2. Steuern und Abgabenlast für Unternehmen reformieren!

Die Wirtschaft hat schwache Jahre hinter und vielleicht auch vor sich. Schon jetzt liegen die Hebesätze im Ruhrgebiet weit über dem Durchschnitt. Höhere Steuern und Abgaben müssen vermieden werden.

3. Mehr Flächen aktivieren!

Nur wenn Vorhabenträger geeignete und kurzfristig verfügbare Flächen finden, investieren sie. Der anhaltende Flächenmangel im Ruhrgebiet steht dem entgegen. Die Kommunen müssen dringend in die Lage versetzt werden, mehr altindustrielle Flächen aufbereiten und zu bezahlbaren Preisen auf den Markt bringen zu können.

4. Markenkern Ruhrgebiet entwickeln!

Das Ruhrgebiet ist eine Industrieregion. Stahl, Maschinenbau und Chemie haben den Standort seit Jahrhunderten geprägt. Es ist wichtig, diese Wurzeln zu kennen und zu stärken. Die Industrie des Ruhrgebietes ist Anfang vieler Wertschöpfungsketten. Sie ist eng verwoben mit den Forschungseinrichtungen unserer Region.

5. Energiewende und Transformation beschleunigen!

Die Energiewende ist für Wirtschaft und Kommunen gleichermaßen eine gewaltige Herausforderung. Besonders die energieintensiven Unternehmen leiden unter den hohen Standortkosten. Gleichzeitig sind sie oft nicht nur Energieverbraucher, sondern auch ein interessanter Partner für die kommunale Wärmeplanung. Energienetze und Wärmeversorgung müssen so schnell wie möglich ausgebaut werden.

6. Das Ruhrgebiet stärker als Zukunftsstandort begreifen!

Das Start-up-Ökosystem im Ruhrgebiet ist im Aufschwung. ­Gemeinschaftliche Projekte wie die Startup Factory Ruhr stärken das enorme Innovationspotenzial des Ruhrgebiets und tragen dazu bei, dass mehr Ideen aus der Wissenschaft auf den Markt gebracht werden.

7. Das volle Arbeits- und Fachkräftepotenzial heben!

Der Kampf gegen den Fachkräftemangel beginnt mit guter Bildung. Die Kommunen sind verantwortlich dafür, gute Voraussetzungen dafür zu schaffen, beispielsweise durch moderne und gut ausgestattete (Berufs-)Schulen. Bewährt haben sich auch Berufsorientierungsprogramme wie beispielsweise das Duisburger Schulmodell. Eine Blaupause?

8. Erhalt und Ausbau der Mobilitätsinfrastruktur muss Priorität haben!

Die Wirtschaft muss erreichbar sein. Verlässliche Verkehrsverbindungen sind die Basis für alle Produktionsprozesse. Mitarbeitende, Dienstleisterinnen und Dienstleister sowie Kundinnen und Kunden müssen die Betriebe und den Einzelhandel erreichen können.

9. Überleben unserer Innenstädte sichern!

Unsere Innenstädte leisten einen wesentlichen Beitrag zur Lebensqualität der Menschen im Ruhrgebiet. Der Einzelhandel in den Innenstädten ist parallel mit einem veränderten Konsumverhalten, mehr digitalem Einkaufen und der großen Konkurrenz der Shoppingcenter konfrontiert.

10. Digital first – kommunales Kirchturmdenken überwinden!

In vielen Bereichen steht sich das Ruhrgebiet selbst im Weg. Obwohl die kommunalen Grenzen in der Metropolregion immer mehr verwischen, beobachten die IHKs Missgunst zwischen den Städten, wenn es um Ansiedlungen oder Förderungen geht.