RuhrFaktor New Work 2022

Baust du noch? Oder arbeitest du schon? Die schöne neue Arbeitswelt bietet vielfältige Möglichkeiten. Der RuhrFaktor New Work ging mit über 120 Teilnehmer:innen in die vierte Runde.
Ein nebeliger Wintermorgen. Auf dem Parkplatz der IHK in der Bochumer Innenstadt steht ein großer Van. Davor ein Campingstuhl und ein Tisch mit Laptop und Pflanze. Die Tür öffnet sich und eine junge Frau lächelt mich an „Guten Morgen! Willkommen in meinem Büro, du kannst gerne reinschauen!“ Die junge Frau ist Leonie Müller und das, was sie umtreibt ist einfach zu erklären: zeitgemäßes Arbeiten – oder um im Neudeutsch zu bleiben „New Work“. Mobiles Arbeiten buchstäblich umgesetzt.
Die IHK lädt zum RuhrFaktor New Work – ein erfolgreiches Format mit vielen spannenden Referent:innen und vielfältigen Workshop-Angeboten, Life-Hacks und Diskussionsrunden.
Leonie Müller ist eine der Referent:innen. Ihr werden viele Attribute zugeschrieben: Digital-Nomadin. Transformationsberaterin und New Work-Wegbereiterin. Fest steht: Vier Jahre waren die Züge der Deutschen Bahn ihr Zuhause. Also geschlafen hat sie dort nicht, aber den größten Teil ihrer Zeit und somit auch ihrer Arbeitszeit verbracht. Für sie ist der Begriff New Work nicht nur ein Trend, sondern sie definiert ihn nach dem Anthropologen Frithjof Bergmann als etwas, was man wirklich dauerhaft will und dass keine vorübergehende Erscheinung ist. Mittlerweile ist sie umgestiegen von der Schiene auf die Autobahn und fährt mit ihrem NewWork-Van durch Deutschland, hält Vorträge, veranstaltet Seminare und arbeitet auf knapp 15 m².
In Zeiten digitaler und agiler Arbeitswelten und ständig neuer Herausforderungen ist das eigentlich nur ein logischer Schritt.: Das arbeitende flexible Individuum von heute baut sich seine Arbeitswelt einfach selbst. Mit mobilen Endgeräten an mobilen Orten.
Beim RuhrFaktor New Work experimentieren wir auch mit kleinen bunten Steinen. Und zwar mit LEGO Serious Play. „Build Your Culture!“ ist der Appell. Wenn wir die Arbeitswelt transformieren wollen, dann müssen wir selber aktiv werden und konkrete Entwicklungs-felder der eigenen Unternehmenskultur identifizieren.
„Bau doch mal eine Herausforderung aus deinem Unternehmen!“ Die Kursteilnehmer:innen wühlen in Plastikkästen, die randvoll gefüllt sind mit diverseren Steinen und Konstruktionsteilen. Dann fängt jede:r emsig an etwas zu entwerfen. Viele kleine Arbeitswelten entstehen, und darüber entwickeln sich Gespräche. „Man redet über die Modelle und nicht über das Problem - so entstehen neue Denkansätze“, erklärt Leonie Müller. Eigentlich wendet man diese Methode firmenintern an - alle Mitarbeiter:innen entwerfen z.B. in einem Workshop ihre Firmenwerte. Es wird viel gelacht, gefragt und reflektiert - und all das schafft das gemeinsame Bauen.
Im Kursraum nebenan werden fleißig knallbunte Post-Its auf Stellwände verteilt, die die Buchstaben A, B, G und X tragen. Sie stehen sinnbildlich für die vier Säulen, die unser Leben ausmachen: Arbeit, Beziehungen, Gesundheit und der Faktor X für individuelle Themen.
Wir befinden uns im Workshop „Spannungskurve bei neuen Mitarbeiter:innen“, der von Sascha Burghaus und Phillip Ebach vom Unternehmen HAMBL GmbH durchgeführt wird.
„Wie wäre es, wenn wir freitags gestärkter und wissender ins Wochenende gehen, als wir montags gestartet sind?“ Das ist die provokante Startfrage von Sascha Burghaus. Was möchten Menschen wirklich, wie wollen sie arbeiten? Und wie geht New Work eigentlich? Dass es eben nicht reicht einen Obstkorb und einen Kicker hinzustellen und das mit New Work zu etikettieren wird schnell klar.
Jeder klebt seine Post-Its an die Stellwände und füllt so die einzelnen „Lebenssäulen“. Hier wird rege diskutiert. Eine Erkenntnis: Gerade das, was sich viele Arbeitnehmer:innen wünschen wird oft auch von ArbeitnehmerInnen ignoriert wie z.B. Wertschätzung, erfüllte Aufgabengebiete und flexibles mobiles Arbeiten.
„Es kommt nicht auf das WAS an, sondern worauf wir alle NICHT VERZICHTEN können. Ihr müsst euren persönlichen Lebenssinn entwickeln und diesen dann auch erhalten“, resümiert Workshop-Leiter Sascha Burghaus. Übertragbar ist dies auch auf das Pre- und Onboarding von neuen Mitarbeiter:innen.
Wir werden zurück gebeamt in unsere letzte Mathestunde: Kurvendiskussion. Jeder bekommt ein Blatt mit zwei Achsen: Die Y-Achse kennzeichnet das „Excitement“ also die „Spannung“. Die x-Achse bildet den gesamten Pre-und Onboarding-Prozess ab - von der ersten Kontaktaufnahme bis zum Ende der Probezeit. Wir malen munter unsere Kurven und jeder schielt wie in Schulzeiten zur Person nebenan. „Zeig mal deine Kurve - ist das zu steil bei mir? Oder denkst du auch, dass die Spannung, also auch quasi die Motivation hier abfällt?“ Ein kleiner Ausschnitt einer Zweier-Diskussion.
Im Anschluss merkt man, wie schön das Format des RuhrFaktors New Work ist - man tritt immer wieder mit Menschen aus den verschiedenen Arbeitsfeldern und Unternehmen in den Austausch. „Ich finde es total spannend, dass ich als Personalerin auch mal die Bewerber-Seite hier höre. Mir war nicht bewusst, dass Bewerber:innen sich heutzutage so vielfältig bewerben, dass sie meinen Anruf nicht sofort zuordnen können. Ich habe das immer als eher unhöflich eingestuft und war dann schon negativ eingestellt. Die Info hilft mir jetzt in meinen zukünftigen Onboarding-Prozessen.“
Besonderen Zuspruch findet auch der Workshop „New Work-Hacks“ unserer Kollegin Gabi Altendeitering. Die Kollegin, im Haus eigentlich zuständige Teamleiterin für den Prüfungsbereich, ist eine echte Koryphäe in Sachen New Work – das merken auch ihre engagierten Workshopteilnehmer:innen.
In einem kurzweiligen Impulsvortrag wird uns erläutert, mit welchen Methoden und Tools wir Teamarbeit in die Champions League bringen können, auch, dass es völlig unerheblich ist, in welcher Organisationsform die Teams arbeiten – agil, hybrid oder klassisch. Wir erfahren, New Work Hacks können in jeder Organisationsform eingesetzt werden: Sie können inspirieren und anregen, bestehende Strukturen und Vorgehensweisen verbessern und weiterentwickeln und nicht zuletzt die Arbeit in Gänze sinnhafter zu gestalten. Zum Ausprobieren werden wir im Anschluss direkt in einen Workshop im Format eines „World Cafés“ geschickt. Hier zermartern wir unser Hirn zu der Frage: Was spricht eigentlich für das Arbeiten in Präsenz – aus Sicht der Arbeitergeber, der Arbeitnehmer und aus Sicht von Teams? Unsere Gedanken und Ideen schreiben wir auf „Tischdecken“, so genannten Magic Charts, die auf den Tischen liegen. Alle sind erstaunt, wieviel in so kurzer Zeit zusammengekommen ist und lernen, dass ein organisierter Kreativprozess in viel kürzerer Zeit einfach viel mehr Ideen und Inspiration hervorbringt.
Momentaufnahmen aus drei Seminaren - die Bandbreite der Angebote an diesem Tag reichte von New-Work-Hacks über Workshops zum Kreieren von neuen Arbeitswelten, dem Anstoßen von Digital Scouts in Unternehmen bis hin zu „Wie bleiben wir gesund und leistungsfähig in der New Work-Welt?“
Es bleibt festzuhalten: Zeitgemäß zu arbeiten, sich zu entfalten und das zu tun, wofür man brennt - das sollte unser Ziel sein, und das ist auch das Credo von Leonie Schneider.
An diesem Winternachmittag klingt der spannende Tag draußen aus. Vor dem New Work-Van. Spannungskurven und LEGO-Steine schwirren in unserem Kopf und eigentlich würden wir gerne einsteigen und einfach mitfahren. Mal schauen, wohin uns der nächste RuhrFaktor führt und welche spannenden Erkenntnisse wir wieder mitnehmen werden. Eins haben wir gelernt: New Work ist Hier und Jetzt.
Der nächste RuhrFaktor New Work der IHK Mittleres Ruhrgebiet findet voraussichtlich im September 2023 statt.