Unternehmensnachfolge für ­Genießer

Von Christina Kiesewetter

Zwischen Rührmaschinen, die hunderte Kilo flüssiger Schokoladenmasse bewegen, greift Max Ruth in einen Sack ­voller Haselnusskerne, der neben zwei Kolleginnen in der Produktion steht. Die beiden füllen gerade in Handarbeit je drei Kerne in die Ausbuchtungen der Pralinenformen. Max Ruth nimmt eine Handvoll Haselnüsse heraus und hält sie dem Besuch unter die Nase: „Riechen Sie mal!“ Es duftet himmlisch. Wie macht er das? „Geheimrezept“, meint der 35-Jährige schmunzelnd. „Und natürlich haben die Haselnüsse eine Top-Qualität.“ Die hohe Qualität der Lebensmittel – das ist einer der ­Pfeiler in der Geschäftsführung von Max Ruth. Seit Januar ist er alleiniger Geschäftsführer des Hauses und hat den Betrieb von Vater und Onkel übernommen, die den Schritt zurück ins Angestelltenverhältnis gemacht haben. „Mein Vater hat schon immer leidenschaftlich den Einkauf gemacht, mein Onkel hat eine Vorliebe für die Haustechnik“, sagt Max Ruth. „Es ist toll, die beiden weiterhin im Betrieb zu haben und auf ihr Know-how zurückzugreifen.

Das Ruth Schokoladenwerk ist jetzt in dritter Generation im Familienbesitz. Max Ruth hat schon in den Schulferien hier gejobbt, ist dann in die Konditorenausbildung gegangen, hat zusätzlich den Betriebswirt absolviert und hat sich in Düsseldorf mit dem Aufbau eines Cafés ausprobiert. Der Prozess der Unternehmensübergabe hat rund zehn Jahre gedauert. „Es war ein gleitender Übergang.“ Was er dabei gelernt hat? „Es ist wirklich wichtig, früh mit der Übergabe anzufangen! Es kommen so viele Themen auf, die geklärt werden müssen. Und das Vertragliche dauert auch seine Zeit.“ Jetzt aber liegt das alles hinter ihm, und die eigentliche Arbeit im Schokoladenwerk ist sein Fokus. An seine Seite hat er sich noch Jan de Boer als Prokuristen und Mitgesellschafter geholt, mit dem sich Ruth zu allen strategischen Entscheidungen berät. „Wir haben uns privat kennengelernt und sind auch zu geschäftlichen Themen ins Gespräch ­gekommen“, erinnert sich de Boer. „Ich habe sofort gesagt: Ich habe Lust, dich zu unterstützen.“

Gemeinsam bringen die beiden jetzt die Eigenmarke Ruth noch stärker in die Öffentlichkeit. Vater und Onkel ­haben noch ausschließlich für fremde Marken produziert, Max Ruth war es von Anfang an wichtig, auch eine ­Eigenmarke zu haben, die für gute Schokolade aus Bochum steht. Das macht derzeit etwa 40 Prozent der Produktion aus. Dabei gibt es immer neue Ideen: die Streichpraline fürs Brot, die Bochum-Box mit blau-weißen Pralinen, Bruch-Schokoladen und vieles mehr. Auch ­einige Fremdproduktionen haben lokale Wurzeln: Für Fiege wird die bekannte Henkelflasche aus Schokolade produziert, die „Kumpel-Schokolade“ stammt aus dem Hause Ruth, und für die Maschinenfabrik Mönninghoff in der Nachbarschaft hat Ruth gerade erst Kupplungen aus Schokolade produziert, die als Präsent verschenkt werden.

„Wir erhalten zahlreiche Anfragen von Endkunden über ­unseren Verkauf im Schokoladenwerk Bochum und dem Laden in Hattingen sowie für die Produktentwicklung und Herstellung von Private-Label-Produkten. Zusätzlich bieten wir personalisierte Firmenpräsente – in kleinen wie auch größeren Stückzahlen“, erläutert der Geschäftsführer sein Konzept. „Wir haben auch eine rote Linie in der Produktion. Einen bestimmten Qualitätsanspruch unterschreiten wir nicht bei der Schokolade, dafür stehen wir.“

Das zweite große Projekt von Max Ruth ist das Café, das vor fünf Jahren im Gewerbegebiet eröffnet wurde. Hier kann man gemütlich sitzen, frühstücken oder etwas Süßes genießen und durch die große Glasfront bei der Herstellung der Pralinen und Schokoladen zusehen. „Das hier etabliert sich zu einem Treffpunkt für die ­Menschen“, sagt Jan de Boer. „Sie können hier bequem parken, sich ­treffen und anschließend noch eine Kleinigkeit im Shop kaufen.“ Gerade richten die beiden die Terrasse für die Sommersaison her. „Ich plane auch wieder ein Event, bei dem es Erdbeeren aus der Region mit Schokolade gibt“, verrät Max Ruth.

Ob er auch irgendwann Feierabend hat? Max Ruth zieht die Augenbrauen hoch. „Wieso? Ich gehe doch gar nicht zur ­Arbeit.“