Freiberuflichkeit in der Kultur- und Kreativwirtschaft

Die Kultur- und Kreativwirtschaft (KKW) zählt zu den dynamischsten Querschnittsbranchen in Deutschland und weist mit rund 562 000 Solo-Selbständigen fast ein Drittel aller freiberuflich Tätigen auf. Neben klassischen Künstlern sind hier auch Designer, Architekten und Programmierer als Freiberufler aktiv.

Gesetzliche Grundlage und Katalogberufe

Nach § 18 Einkommensteuergesetz (EStG) gelten selbstständige künstlerische, schriftstellerische, wissenschaftliche, unterrichtende und erzieherische Tätigkeiten als freiberuflich. Zu den Katalogberufen zählen u. a.:
  • Journalisten und Bildberichterstatter – eigenverantwortliche Recherche und redaktionelle Gestaltung
  • Architekten und Ingenieure – Bauplanung und technische Beratung
  • Dolmetscher und Übersetzer – geistige Übertragung von Fach- und Kultursprache
Katalogberufe sind ohne weitere Prüfung automatisch freiberuflich eingestuft.

Katalogähnliche Berufe und Einzelfallprüfung

Für katalogähnliche Berufe prüft das Finanzamt im Einzelfall, ob eine eigenschöpferische Leistung und eine hinreichende berufliche Qualifikation vorliegen. Wichtige Beispiele:
  • Fotograf mit künstlerischer Perspektive
    Erlaubt, wenn das Portfolio individuelle Bildkonzepte mit künstlerischem Anspruch zeigt; Fotostudios mit standardisierten Passbildern gelten als gewerblich.
  • Softwareentwickler/Programmierer
    Freiberuflich, wenn eigenständige Softwarelösungen und Algorithmen entwickelt werden; Routine-IT-Support bleibt gewerblich.
  • Grafikdesigner
    Anerkannt bei eigenständiger Logo- und Corporate-Design-Erstellung mit Hochschulabschluss oder vergleichbarem Portfolio; serielle Standardgrafiken sind gewerblich.
Zur Absicherung empfiehlt sich eine verbindliche Auskunft (§ 89 AO) beim Finanzamt sowie Beratung durch einen Steuerberater oder Rechtsanwalt.

Kleinunternehmerregelung und Umsatzsteuerbefreiung

Freiberufler können als Kleinunternehmer nach § 19 UStG von der Umsatzsteuer befreit sein, wenn der Vorjahresumsatz ≤ 25 000 € und der laufende Jahresumsatz voraussichtlich ≤ 100 000 € beträgt. Vorteile:
  • Keine Mehrwertsteuer auf Rechnungen
  • Wegfall von Umsatzsteuervoranmeldungen und -jahreserklärung
Verzichtet man auf die Kleinunternehmerregelung oder überschreitet die Grenzen, gilt die Regelbesteuerung ab dem Monat der Überschreitung.

Umsatzsteuervoranmeldung: Fristen und Befreiungen

Unternehmer müssen grundsätzlich ihre Umsatzsteuer-Voranmeldung elektronisch abgeben. Die Frequenz richtet sich nach der Zahllast des Vorjahres:
  • Monatlich, wenn die Vorjahreszahllast > 9 000 € war
  • Vierteljährlich, wenn die Vorjahreszahllast zwischen 2 000 € und 9 000 € liegt
  • Befreiung, wenn die Vorjahreszahllast ≤ 2 000 € beträgt (Antrag erforderlich)
Die Voranmeldung ist jeweils bis zum 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums an das Finanzamt zu übermitteln.

Risiken und Unterstützungsangebote

  • Scheinselbständigkeit: Abhängigkeit von einem Auftraggeber > 80 % und Weisungsgebundenheit führen zu Nachzahlungen von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer.
  • Ablehnung als Freiberufler: Gewerbeanmeldung mit zusätzlicher IHK-Pflicht kann folgen.
Hilfreiche Anlaufstellen:
  • Clearingstelle Deutsche Rentenversicherung Bund (Statusfeststellungsverfahren online)
  • Steuerberater und Fachanwälte für Kunst- und Kreativrecht
  • IHK NRW: Gründungsberatung und Webinare (ihk-nrw.de)

Positionen von DIHK und Branchenverbänden

DIHK-Unterstützung

Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) bietet umfassende Informationen zur sozialen Absicherung von Selbstständigen an. Die DIHK-Publikation "Soziale Absicherung 2023" fasst die wichtigsten Regelungen für Freiberufler zur Kranken-, Renten-, Unfall-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung zusammen.

Branchenverbände der Kreativwirtschaft

Die Koalition Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland (K3D), ein Bündnis aus 16 Branchenverbänden, setzt sich für verbesserte Rahmenbedingungen ein. Das Bündnis fordert regelmäßige Austauschformate auf höchster Ebene und eine bessere Berücksichtigung kreativwirtschaftlicher Belange in der Politik .
Dr. Florian Drücke, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes Musikindustrie, betont für K3D: "Mit rund 2 Millionen Gesamtbeschäftigten in Deutschland stehen wir für Kreativität, Kooperation, Innovation, Produktivität und Wirtschaftswachstum".

Fazit: Freiberuflichkeit als Chance

Die Freiberuflichkeit in der Kultur- und Kreativwirtschaft bietet erhebliche Vorteile: steuerliche Erleichterungen, vereinfachte Buchführung und die Möglichkeit, durch die Kleinunternehmerregelung ohne Mehrwertsteuer zu arbeiten. Die Vielfalt der anerkannten Berufe – von klassischen Künstlern bis hin zu Programmierern und Designern – eröffnet vielen Kreativen diesen attraktiven Weg. Entscheidend ist eine sorgfältige Prüfung der Voraussetzungen und bei katalogähnlichen Berufen eine frühzeitige Abstimmung mit dem Finanzamt. Professionelle Beratung durch Steuerberater und Rechtsanwälte kann dabei helfen, Risiken zu minimieren und die optimale Gestaltung zu finden