Kreative Stadtprofile
Das mittlere Ruhrgebiet ist eine Region mit kultureller Tiefe, wirtschaftlicher Dynamik und urbaner Vielfalt. Die Städte Bochum, Herne, Witten und Hattingen zeigen, wie Kultur- und Kreativwirtschaft nicht nur wirtschaftlich, sondern auch städtebaulich und gesellschaftlich wirken kann. In jedem Ort entstehen individuelle Profile: von der pulsierenden Live-Kultur Bochums über urbane Kunst in Herne bis hin zu gemeinschaftlicher Stadtentwicklung in Witten und touristisch geprägter Kulturvermittlung in Hattingen. Gemeinsam bilden sie ein kulturell vernetztes, wirtschaftlich vitales und lebenswertes Zentrum im Ruhrgebiet.
- Bochum – Stadt der Bühnen, der Ideen und der Begegnung
- Herne – Jugendkultur, urbane Kunst und kreative Räume im Wandel
- Witten – Kultur als Stadtmacherin und Impuls für Gemeinwohl und Quartier
- Hattingen – Geschichte als Bühne und Kultur als Identität
- Fazit: Eine Einladung an Kreative – Raum für Ideen, Rückenwind für Neues
Bochum – Stadt der Bühnen, der Ideen und der Begegnung
Bochum ist Bühne. Die Stadt lebt Kultur – laut, vielfältig und identitätsstiftend. Als Hotspot der Live-Kultur ist dieses Selbstverständnis fest in der Bochum Strategie 2030 verankert. Hier verschmelzen kreative Szenen, innovative Veranstaltungsformate und urbane Räume zu einem vitalen Kultur- und Kreativwirtschaftsstandort mit nationaler Ausstrahlung.
Die Jahrhunderthalle steht dabei sinnbildlich für den Wandel: Als ehemalige Industriehalle ist sie heute zentraler Veranstaltungsort mit internationaler Relevanz. Hier treffen sich Hoch- und Subkultur, Wirtschaft und Kreativität: bei spektakulären Produktionen wie Urbanatix, dem ruhrSUMMIT oder Formaten aus der digitalen Start-up-Szene. Die Halle ist Bühne, Treffpunkt und Impulsgeberin – mitten im neuen Quartier Westpark.
Bochums Innenstadt wird selbst zum Spielraum: Das Festival „Bochum Total“ füllt jährlich das Bermuda3Eck mit zehntausenden Besucher:innen und unterschiedlichsten Musikrichtungen. Die Bo.Biennale bringt Kultur, Theater, Diskurs und künstlerische Experimente an ungewöhnliche Orte – mit starker Vernetzung zur regionalen Szene.
Der öffentliche Raum und alternative Orte spielen eine zentrale Rolle: Die Rotunde, ein umgenutzter alter Bahnhof, ist Treffpunkt für Clubkultur, Lesungen, Talks und Austauschformate wie den IHK-Branchentreff oder VC Ruhr. Im Ehrenfeld-Viertel verbinden sich urbanes Lebensgefühl, Pop-up-Kultur und Szene-Gastronomie. Die KoFabrik, ein Leuchtturmprojekt der Quartiersentwicklung, bringt Co-Working, kulturelle Produktionen, Nachhaltigkeitsinitiativen und Kreativwirtschaft unter ein Dach.
Besonders prägnant ist die Verbindung von Alltag und Innovation: Die Kult-Gastronomie Zum Kuhhirten am Rande der Innenstadt ist nicht nur Kneipe, sondern mit dem Format „Innovation anne Theke“ ein Diskursraum für neue Ideen – zwischen Bierdeckel und Businessmodell.
Auch die digitalen Kreativformate prägen Bochum: Veranstaltungen wie der Digital Marketing Kongress Ruhr (DMKR), der Data Science Ruhrgebiet-Kongress oder KOKS.DIGITAL zeigen, wie eng wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung verbunden sind. Ergänzt wird dies durch das kreative Rückgrat der Stadt: Designagenturen, kleine Bühnen, Initiativen und spezialisierte Einzelhändler, die in ehemaligen Ladenlokalen, Industriegebäuden oder an überraschenden Orten arbeiten und wirken.
Bochum steht für kreative Dichte – nicht als abgeschottete Szene, sondern als urban integriertes Ökosystem. Hier findet die Kultur- und Kreativwirtschaft Resonanzräume, Unterstützung und Öffentlichkeit – durch starke Institutionen wie das Kulturbüro, die Bochum Wirtschaftsentwicklung, IHK-Formate und die Universität mit ihren Schnittstellen zur Gründungs- und Kreativförderung. So entsteht ein Stadtraum, in dem Kultur, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft neue Ideen hervorbringen – und sie sichtbar machen.
Herne – Jugendkultur, urbane Kunst und kreative Räume im Wandel
Herne ist ein Ort der Übergänge – und genau dort liegt seine kreative Stärke. Zwischen Industriegeschichte und urbaner Transformation entstehen neue kulturelle Erzählungen, getragen von jungen, vielfältigen und zugänglichen Formaten. Die Stadt entwickelt sich zu einem Zentrum urbaner Künste, das besonders für junge Zielgruppen Anziehungskraft entfaltet.
Ein Leuchtturmprojekt ist das interdisziplinäre Netzwerk Pottporus, das Hip-Hop-Kultur, Streetdance, Performance und Street Art in die Stadt bringt – mit eigenen Festivals, Workshops und internationaler Vernetzung. Pottporus steht exemplarisch für die kreative Kraft, die aus Jugendkultur entstehen kann, wenn sie ernst genommen und strukturell gestärkt wird.
Zentrale kulturelle Orte wie die Flottmann-Hallen oder die Künstlerzeche Unser Fritz zeigen, wie aus früheren Industriestandorten Räume für zeitgenössische Kunst, Theater, Ausstellung und Debatte werden. Sie dienen als Bühnen für Tanz, Performance, bildende Kunst und spartenübergreifende Projekte, bei denen sowohl etablierte Künstler:innen als auch Newcomer:innen ihre Arbeiten zeigen – nahbar, direkt und lokal verankert.
Einen neuen Impuls setzt Herne mit dem entstehenden Urban Arts Center Ruhr im Kreativ.Quartier Wanne. Aufbauend auf der Förderung im Rahmen des NRW-Landesprogramms „Kreativ.Quartiere Ruhr“ entsteht hier ein kreativer Distrikt, der urbane Kunstformen mit der Entwicklung der Wanner Innenstadt verbindet. Graffiti, Medienkunst, urbane Interventionen und künstlerische Bildungsarbeit erhalten hier einen physischen Ort – und schaffen eine neue kulturelle Identität für den Stadtteil.
Auch das Theater ist in Herne fest verankert – etwa durch den Mondpalast von Wanne-Eickel, der modernes Volkstheater in Ruhrgebietssprache bietet, oder durch kleinere Bühnen, die sich partizipativ mit aktuellen gesellschaftlichen Themen auseinandersetzen. Die Zeche Fritz verbindet Soziokultur, Jugendkultur und Bildung – mit Musik, Tanz, Diskurs und dem klaren Ziel, jungen Menschen kreative Selbstwirksamkeit zu ermöglichen.
Ergänzt wird die kreative Infrastruktur durch städtische Unterstützung: Die Wirtschaftsförderung Herne.Business berät gezielt Kultur- und Kreativschaffende – zu Themen wie Raumnutzung, Gründung, Förderung und Netzwerkbildung. Dadurch entsteht ein stabiler Rahmen für eine Szene, die noch wächst – aber heute schon zeigt, wie eng Kultur, Stadtentwicklung und junge Teilhabe zusammenwirken können.
Herne ist dabei kein Hochglanzstandort – aber genau das macht seine Kraft aus: Es ist ein Ort für erste Schritte, für urbane Utopien und konkrete kulturelle Praxis. Zwischen Zeche, Bahnhof und Fußgängerzone wachsen kreative Inseln, die neue Energie in die Stadt bringen.
Witten – Kultur als Stadtmacherin und Impuls für Gemeinwohl und Quartier
Witten zeigt, wie Kultur Räume schafft – im wörtlichen wie im gesellschaftlichen Sinne. Die Stadt setzt gezielt auf Kultur- und Kreativwirtschaft als Baustein der Stadtentwicklung. Dabei entstehen Orte, an denen neue Formen des Arbeitens, Lebens und Miteinanders konkret werden – nicht als Konzept, sondern als gelebte Praxis.
Das wohl sichtbarste Beispiel ist das Wiesenviertel, das sich in den letzten Jahren zu einem lebendigen Kulturquartier mit besonderem Charakter entwickelt hat. Hier verbinden sich Gastronomie, kleine Läden, Ateliers, Werkstätten und kulturelle Veranstaltungsformate zu einem kreativen Mikrokosmos. Das Viertel wird durch einen aktiven Verein getragen, der nicht nur Events organisiert, sondern auch Räume bespielt, Vermittlungsarbeit leistet und Netzwerke knüpft – mit klarer sozialer und kreativer Haltung.
Ein zentrales Projekt mit Vorbildcharakter ist die Alte Feuerwache Witten: Das denkmalgeschützte Gebäude wird gemeinschaftlich umgenutzt und weiterentwickelt – zu einem Ort für Wohnen, Arbeiten, Veranstaltungen und Gemeinwohlökonomie. Getragen wird das Projekt von einer lokalen Initiative, in enger Zusammenarbeit mit Stadt, Immobilienakteuren, sozialen Trägern und der Kreativszene. Besonders ist der Ansatz: wirtschaftlich tragfähig, aber nicht renditegetrieben. Es entsteht ein innovativer Ort für nachhaltige Stadtentwicklung, der Kreativität als Strukturprinzip versteht.
Auch institutionell positioniert sich Witten als Kulturstadt mit Zukunft. Das städtische Kulturforum betreibt nicht nur Veranstaltungsorte wie die Wittener Saalbau-Bühne oder die Stadtgalerie, sondern entwickelt auch experimentelle Formate. Herausragend ist das Fellowship-Programm für Künstler:innen der Neuen Künste, das bundesweit Aufmerksamkeit findet. Hier arbeiten Künstler:innen ein Jahr lang interdisziplinär in Verbindung mit dem städtischen Digitallabor – zwischen Kunst, Technologie und Stadtgesellschaft.
Diese Entwicklungen werden durch weitere Kulturträger wie die Wittener Bühne, freie Initiativen oder lokale Kreativunternehmen ergänzt – in enger Verbindung mit Hochschulen und lokalen Unternehmen. Witten denkt Kultur als Querschnitt: als Zugang, als Standortfaktor und als Plattform für Zukunftsthemen.
Das macht die Stadt zu einem Labor für gemeinwohlorientierte Stadtentwicklung, in dem Kultur kein Add-on ist, sondern Impulsgeberin für neue urbane Perspektiven.
Hattingen – Geschichte als Bühne und Kultur als Identität
Hattingen erzählt Stadt durch Geschichte – und schafft genau darin Räume für kreative Zukunft. Die Fachwerkstadt an der Ruhr vereint gut erhaltene Altbausubstanz, industrielle Erinnerungskultur und kulturelle Nahversorgung zu einem klaren, charakterstarken Kulturprofil. Dabei setzt die Stadt weniger auf spektakuläre Formate als auf Atmosphäre, Qualität und das Verweben von Alltagsleben mit kulturellem Angebot.
Zentraler Ort des kulturellen Erbes und kreativer Aktivierung ist die Henrichshütte – ein ehemaliges Hüttenwerk und heute Außenstelle des LWL-Industriemuseums. Die imposante Anlage wird nicht nur museal genutzt, sondern auch für Events geöffnet – beispielsweise zur Extraschicht, wenn Stahl, Lichtkunst, Live-Musik und Performance eine neue Perspektive auf die Region schaffen. Die Henrichshütte wird damit zum Symbol der kulturellen Wiederaneignung industrieller Vergangenheit.
In der Altstadt entfalten sich kleinere kulturelle Formate, die eng mit der Stadtgesellschaft verwoben sind: Das Bügeleisenhaus, betrieben vom Heimatverein Hattingen, zeigt regelmäßig Sonderausstellungen zu Stadt- und Alltagsgeschichte. Das Stadtmuseum Blankenstein widmet sich regionalen Erzählungen in historischem Ambiente. Veranstaltungen wie der Kunsthandwerkermarkt, #HatKultur oder das Altstadtfest bringen kreative Akteure, Bürgerschaft und Besuchende zusammen – bei offener, niedrigschwelliger Atmosphäre.
Kulturelle Angebote in Hattingen spielen häufig im Zusammenspiel mit Tourismus, Gastronomie und lokaler Geschichte. In der Innenstadt entstehen zudem neue Räume für kreative Workshops, künstlerische Bildung und Veranstaltungen – etwa in leerstehenden Ladenlokalen oder im Dialog mit inhabergeführten Geschäften.
Hattingen ist kein klassischer Kreativwirtschafts-Standort im engeren Sinne – und genau darin liegt sein Potenzial: Die Stadt bietet viel Identifikationsfläche für kulturelle Nutzung, arbeitet eng mit Akteuren der Zivilgesellschaft und nutzt ihre gebauten Ressourcen klug und nachhaltig. Kultur wird hier nicht in großem Stil inszeniert, sondern atmosphärisch vermittelt – durch Kontinuität, durch Engagement, durch Haltung.
Fazit: Eine Einladung an Kreative – Raum für Ideen, Rückenwind für Neues
Das mittlere Ruhrgebiet ist im Wandel – und die Kultur- und Kreativwirtschaft spielt dabei eine Schlüsselrolle. Hier treffen Geschichte und Gegenwart, städtisches Leben und Freiraum, Industrieerbe und digitale Innovation aufeinander. Die Region bietet genau das, was viele Kreative suchen: bezahlbare Räume, urbane Energie, ein starkes Netzwerk – und Platz, um Ideen zu entwickeln, auszuprobieren und sichtbar zu machen.
Ob Bühne, Büro oder Brachen – im Revier entstehen Orte mit Haltung. In den Städten Bochum, Herne, Witten und Hattingen zeigen kreative Menschen, was möglich ist: Sie gründen Labels, bespielen Stadtquartiere, entwickeln neue Formate oder schaffen Begegnung – oft jenseits des Mainstreams, aber mit großem Einfluss auf Stadt, Gesellschaft und Wirtschaft.
Als IHK Mittleres Ruhrgebiet wollen wir genau das unterstützen: neue Perspektiven, kreative Unternehmungen, Ideen mit Zukunft. Wir beraten, vernetzen, qualifizieren – und setzen uns für bessere Rahmenbedingungen ein: für Raum, für Finanzierung, für Anerkennung.
Diese Region sucht Menschen, die gestalten wollen. Wer Kreativität als Werkzeug versteht – zum Denken, zum Gründen, zum Verändern – findet hier Partner:innen, Plattformen und offene Türen. Das mittlere Ruhrgebiet ist kein fertiges Produkt – aber ein Ort mit Potenzial, Haltung und viel echtem Möglichkeitsraum.
Kurz: Wer etwas vorhat – ist hier genau richtig.