Gesundheitswirtschaft vor Ort

1. Gesamtwirtschaftliche Bedeutung im Überblick

Die Gesundheitswirtschaft spielt eine bedeutende ökonomische Rolle für den Standort Deutschland. Im Jahr 2023 betrug die Bruttowertschöpfung etwa 443,5 Milliarden Euro, was rund 11,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entspricht. Damit ist die Gesundheitswirtschaft eine wachsende Branche auf Expansionskurs.
Der industrielle Sektor der Gesundheitswirtschaft trägt mit 23,4 Prozent erheblich zur Wertschöpfung bei. Er umfasst die Produktion von Medizinprodukten und Arzneimitteln, Dienstleistungen im Einzel- und Großhandel sowie Gesundheitswaren, Bauinvestitionen und Geräte für E-Health und digitale Anwendungen.
Die digitale Gesundheitswirtschaft ist zwar noch ein kleinerer Bereich, doch das starke Wachstum zeigt ihr enormes Potenzial. Der digitale Wandel sowie die pandemiebedingten Entwicklungen haben dieses Wachstum zusätzlich beschleunigt.
Als größter europäischer Markt bietet Deutschland mit hervorragend ausgebildeten Fachkräften und einer guten Infrastruktur auch hervorragende Standortbedingungen für Leistungserbringer und Unternehmen der Gesundheitswirtschaft. Gleichzeitig zeichnet sich jedoch ein zunehmender Fachkräftemangel ab, insbesondere in der Pflege.

2. Exportstärke und Innovationskraft

Deutschland nimmt nach wie vor eine führende Position auf dem europäischen Gesundheitsmarkt ein. Deutsche Unternehmen in der Medizintechnik exportierten 2020 rund 66 Prozent ihrer Produkte, wobei die EU mit 41 Prozent den wichtigsten Absatzmarkt darstellt. Ähnliches gilt für die Pharmaindustrie, die etwa 64,9 Prozent ihrer Produkte ins Ausland exportiert.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) betont die Stärke Deutschlands in der Gesundheitsforschung. Die Bundesregierung hat im Jahr 2022 die Agentur für Sprunginnovationen SPRIND gegründet, die auch im Gesundheitsbereich tätig ist und bahnbrechende Innovationen fördert.

3. Gesundheitswirtschaft in NRW

Auch in Nordrhein-Westfalen (NRW) nimmt die Gesundheitswirtschaft eine bedeutende Stellung ein und zeichnet sich durch eine insgesamt gute Versorgungslage aus. Als wichtiger Wirtschaftsfaktor trägt die Branche mit einer Bruttowertschöpfung von 77,6 Milliarden Euro, was etwa zwölf Prozent der Gesamtwirtschaft entspricht, erheblich zur ökonomischen Stärke des Bundeslandes bei
Mit rund 1,6 Millionen Beschäftigten, also etwa einem Sechstel aller Erwerbstätigen in NRW, ist die Gesundheitswirtschaft zudem ein bedeutender Arbeitgeber. Die medizinische Infrastruktur in NRW ist gut ausgebaut, mit 344 Kliniken, über 4.000 Apotheken und mehr als 25.000 Arzt- und Zahnarztpraxen. Die Gesundheitsausgaben pro Kopf liegen im Bundesschnitt, während die Zahl der Krankenhausbetten mit 66 pro 10.000 Einwohner leicht über dem Bundesdurchschnitt von 60 liegt.
NRW zeichnet sich auch durch eine starke Präsenz in der Medizintechnik, Pharmaindustrie und medizinischen Biotechnologie aus. Die enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, unterstützt durch sieben Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen, fördert Innovationen und Wachstum in der Branche
Trotz der insgesamt positiven Lage steht die Gesundheitswirtschaft in NRW vor Herausforderungen wie dem demografischen Wandel, Fachkräftemangel und Kostendruck. Um diesen zu begegnen, fördert das Land Initiativen zur Vernetzung und Digitalisierung, wie beispielsweise die Einrichtung von Gesundheitsregionen zur Verbesserung der ambulanten Versorgung

4. Gesundheitswirtschaft als Standortfaktor in unserem Kammerbezirk

Die Gesundheitswirtschaft im Kammerbezirk der IHK Mittleres Ruhrgebiet hat sich zu einem bedeutenden Wirtschaftssektor entwickelt. Mit über 64.000 Beschäftigten trägt die Branche wesentlich zur regionalen Wertschöpfung bei.
Der Gesundheitscampus NRW in Bochum ist ein zentrales Element dieser Entwicklung. Hier befindet sich unter anderem die Hochschule für Gesundheit, die als erste staatliche Hochschule für Gesundheitsberufe in Deutschland innovative Studiengänge anbietet und zwischenzeitlich in die Struktur der Hochschule Bochum integriert wurde.
Die medizinische Versorgung wird durch ein Netzwerk von etwa 10 Krankenhäusern in Bochum, Herne, Witten und Hattingen sichergestellt, darunter mehrere Universitätskliniken der Ruhr-Universität Bochum.
Das Zusammenspiel zwischen Wirtschaft und Wissenschaft ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor der Region. Die Ruhr-Universität Bochum und zahlreiche Forschungseinrichtungen arbeiten eng mit Unternehmen zusammen, um Innovationen voranzutreiben. Die Agentur GesundheitsCampus der Bochum Wirtschaftsentwicklung ist hier ein maßgeblicher Antreiber, Impulsgeber und Initiator zugleich.

Das MedEcon Ruhr Netzwerk spielt eine wichtige Rolle in der regionalen Vernetzung. Es verbindet rund 170 Einrichtungen aus Klinikwirtschaft, Gesundheitsversorgung, Lebenswissenschaften und zuliefernden Branchen. Zur Förderung von Innovationen und Startups gibt es verschiedene Initiativen, darunter der Inkubator Health+ der RUB oder dem QUHR (Smart Health Hub Ruhr), das sich auf die Förderung des digitalen Gesundheitssektors konzentriert.
Ein Beispiel für diese enge Verzahnung ist das vom BMBF geförderte Kompetenzzentrum HUMAINE, das menschenzentrierte KI-Lösungen für die Arbeitswelt entwickelt. Um die Projektergebnisse nachhaltig zu sichern, wurde 2024 der HUMAINE Network e.V. gegründet. Der Verein vernetzt Akteure aus Wissenschaft und Wirtschaft, bietet mit der HUMAINE Toolbox praxisnahe Methoden zur KI-Gestaltung und organisiert Formate wie Ideenlabore und Karrieremessen – mit dem Ziel, KI verantwortungsvoll und partizipativ in Organisationen zu bringen.
Insgesamt positioniert sich der Kammerbezirk der IHK Mittleres Ruhrgebiet als wichtiger und zukunftsorientierter Standort für die Gesundheitswirtschaft in Nordrhein-Westfalen, der durch die enge Verzahnung von Wirtschaft, Wissenschaft und Versorgung geprägt ist

5. Zukunftsaussichten

Angesichts des demografischen Wandels und der steigenden Nachfrage nach Gesundheitsleistungen wird erwartet, dass die wirtschaftliche Bedeutung der Gesundheitsbranche weiter zunehmen wird.
Wir sind überzeugt: Investitionen in Forschung und Entwicklung, insbesondere in Bereichen wie personalisierte Medizin und E-Health, könnten zusätzliche Wachstumsimpulse liefern und die Position Deutschlands im internationalen Wettbewerb stärken.

Um das Wachstum und die Innovationskraft junger Unternehmen nicht einzuschränken, ist eine Entlastung von bürokratischen Vorschriften, einschließlich des Medizinproduktegesetzes, erforderlich. Diese Regelungen gelten oft als Hemmnis für Innovationen. Eine Anpassung könnte den Innovationsprozess beschleunigen und die Markteinführung neuer Produkte erleichtern.
Für unseren Kammerbezirk, der sich durch eine hohe Gründungsdynamik auszeichnet, sind diese Aspekte besonders relevant. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hebt hervor, dass neue Kooperationsformen gefördert werden müssen, um die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Sektoren des Gesundheitswesens zu verbessern. Lokale Netzwerke können hierbei einen wichtigen Beitrag leisten. Dafür mach sich auch die IHK Mittleres Ruhrgebiet stark!
Zusätzlich bietet der zweite Gesundheitsmarkt, der individuelle Gesundheitsleistungen fokussiert, erhebliches Wachstumspotenzial für Start-ups in unserem Bezirk. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, ist es wichtig, Transparenz über Angebote zu schaffen und innovative Geschäftsmodelle zu unterstützen.
Die Herausforderung des Fachkräftemangels muss ebenfalls angegangen werden. Kreative Lösungen zur Verbesserung der Ausbildung und Rekrutierung von Fachkräften sind notwendig, um die Attraktivität der Branche zu erhöhen.
Durch die Umsetzung dieser Maßnahmen kann sowohl die deutsche Gesundheitswirtschaft als auch die Gründungsdynamik in unserem Kammerbezirk ihre Rolle als Wachstumsmotor und Innovationstreiber weiter ausbauen.