Big Data: Das Erdöl der Zukunft

Big Data: Das Erdöl der Zukunft

Von Ekkehart Gerlach, Geschäftsführer deutsche medienakademie GmbH

Durch Nutzung zusätzlicher Informationen schneller werden als der Wettbewerb – das ist die große Chance für den Mittelstand beim Thema Big Data. Doch was eigentlich ist das Neue bei „Big Data“? Und wo liegt der konkrete Nutzen?
Ein gutes betriebliches Reporting-System war schon immer eine Selbstverständlichkeit in Unternehmen. Was ist also neu beim Schlagwort „Big Data“? Einerseits erfuhr das betriebliche Reporting über Jahre hinweg viele Verfeinerungen durch Unternehmens-Software, die die Geschäftsprozesse abbildete. Zusätzlich aber startete die Markt- und Technologiebeobachtung in den letzten Jahren zu einer rasanten Aufholjagd, als immer klarer wurde, dass es möglich ist, aus der Informationsflut des Internets eine Vielzahl entscheidungs-relevanter Informationen für ein Unternehmen zu gewinnen - statt von Data Warehousing und Data- und Text Mining wird bei Big Data nun von Data Lakes und Predictive Analytics gesprochen.
Als Anwendungsbeispiele sind zu nennen: Handel (z.B., Optimierung von Liefer- und Bezahlsystemen), Logistik- und Verkehrsbereich (z.B. Verkehrssteuerung), Energiebe-reich („Smart Energy“, „Smart Metering“) oder Gesundheitsbereich (Vermeidung von Doppelbehandlungen). Insgesamt scheinen deutsche Unternehmen, was die Nutzung dieser Instrumente anbetrifft, bislang aber eher zögerlich. Eine Analyse von PWC und Iron Mountain sieht deutsche Unternehmen beim „Informationswert-Index“, einer Kenn-zahl zur Charakterisierung der Kompetenzen bei Big Data, nur im Mittelfeld, gemessen an Faktoren wie dem Einsatz einer hinreichenden Zahl von kundigen Datenanalysten oder der systematischen Nutzung der gewonnenen Informationen.
Welches sind dabei die relevanten Ansatzpunkte? Ein Gedanke ist, mit Hilfe besserer Informationen über die Zielgruppe treffsicher Marktpotenziale zu identifizieren, sei es durch Eingrenzung des relevanten Personenkreises, sei es durch ein besseres Verständnis der Bedürfnisse. Dass aus diesem Gedanken auch Chancen für KMU resultieren, liegt auf der Hand: Sie könnten durch die Möglichkeiten, kostengünstig an relevante Informationen zu gelangen, gegenüber den großen Unternehmen aufholen - KMU als „Schnellboote“, die langsamere Großtanker überholen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Vernetzung: Es geht bei Big Data nicht nur um die Suche im Internet, sondern vor allem um systematische Ansätze der Vernetzung – mit Kunden, Lieferanten und Konkurrenten auf geeigneten Plattformen, auf denen relevante Informationen angeboten werden.
Allerdings könnten sich dabei an vielen Stellen „Plattformen“ in die Wertschöpfungsketten der Unternehmen zwischen Unternehmen und Kunden schieben, die die hochspezialisierte Aufgabe der Datensammlung und -auswertung übernehmen. Statt dass der Mittelstand aus dem leichteren Zugang zu Informationen Kapital schlägt, könnten dann „seine“ Daten dort landen und die internet-typischen Tendenzen zur Oligopolisierung oder gar Monopolisierung von Informationen noch verstärken
Wie geht es weiter? Auf der einen Seite hält die Goldgräberstimmung an – „Daten als das Erdöl der Zukunft“ oder „Wer nicht in Big Data investiert, gerät ins Hintertreffen“ wurde da schon einmal formuliert. Überall seien zusätzliche Daten mit Potenzial zur Veränderung von Geschäften zu finden, sei es durch die Aggregation von Informationen auf neuen Plattformen oder durch neue Informationen wie ortsbezogene Daten. Aber auf der anderen Seite werden aber auch Schutzaspekte diskutiert: Müssen die Nutzer davor geschützt werden, vieles von sich preiszugeben? Was bedeuten die Informationsberge für Datenschutz und Vertrauen? Wem gehören die Nutzerdaten? Eine Studie der Deutschen Bank warnt davor, das Misstrauen gegenüber der digitalen Zukunft rund um Big Data zu unterschätzen. Nur die Hälfte der Nutzer sei bereit, für die Option, personalisierte Angebote zu erhalten, auch Daten zu liefern. Die Frage ist auch, ob die Nutzer sich daran gewöhnen, mit personalisierten „Small Data“ umzugehen – oder empfinden sie die Reduzierung der Informationsflut vielleicht positiv – „der Kühlschrank bestellt selbsttätig nach“?
Insoweit ist in Sachen Big Data eine Abwägung erforderlich. Aber auch die Vernetzung mit dem Wettbewerb, mit Kunden und Lieferanten ist angesagt, um einen Abfluss von Daten an globale Informations-Plattformen zu vermeiden. Nicht zuletzt geht es bei alle-dem auch um die Berücksichtigung von Datenschutzaspekten, deren Vernachlässigung womöglich negativen Einfluss auf die Reputation des Unternehmens haben könnte.