IHK Berlin

Robert Habeck zu Gast bei der IHK Berlin: Investieren ist der Weg für den Schritt in die Zukunft

Mit rund 400 Gästen zog das Wirtschaftspolitische Frühstück der IHK am 27. Juni die "drittstärkste" Besuchergruppe an: Noch mehr Gäste kamen nur bei Wolfgang Schäuble und beim Abschied von Klaus Wowereit. Der Redner, den alle live erleben wollten, war Robert Habeck, der Bundesvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen.

Vom Schriftsteller zum Politiker

Der Mann, der heute als Berufsbezeichnung „Politiker“ bevorzugt, obwohl er als Schriftsteller über 25 Bücher gemeinsam mit seiner Frau Andrea Paluch geschrieben hat, hat in Freiburg und im dänischen Roskilde studiert und dann an der Uni Hamburg seinen Doktor der Philosophie gemacht. IHK-Präsidentin Dr. Beatrice Kramm stellte ihn als Politikertyp neuen Stils vor: „Weil er sich über einen fehlenden Radweg ärgerte, wurde er Grünen-Mitglied – und kehrte nach der Mitgliederversammlung als Kreisvorsitzender zurück.“
Nach eigenen Worten ist Robert Habeck seit zehn Jahren „Politiker mit Haut und Haaren“. Seine Karriere bei den Grünen ging forsch voran. 2012 wechselte er von der Opposition auf die Regierungsbank: Er war nun stellvertretender Ministerpräsident und Minister für Energiewende, Landwirtschaft und Umwelt in Schleswig-Holstein. Wie er selbst sagte: „Ich war Minister für lauter Leute, die mich doof finden“. Aber so schlimm war es offenbar nicht, erklärte Kramm, denn 2017 wurde in Schleswig-Holstein neu gewählt und Robert Habeck blieb. Seit Beginn 2018 teilt er sich mit Annalena Baerbock den Bundesvorsitz der Grünen und belegt die vorderen Plätze bei Politiker-Rankings, berichtete Kramm weiter.
„Von der Philosophie zur Politik ist kein so großer Sprung, wie viele meinen“, kommentiere Habeck. „Dass was mich zu dem gemacht hat, der ich heute bin, war die Minister-Zeit in Schleswig-Holstein“. Nach Ansicht von Habeck haben die Grünen heute eine veränderte Rolle inne, die mit der Dynamik der Parteien-Entwicklung zusammenhängt: „Jetzt wird nicht mehr Politik für fünf bis sieben Leute gemacht. Und man kann einen guten Beitrag zur Gesellschaft leisten, weil die Partei so „durchlässig“ ist“, meint Habeck. Wer nicht nein sage, komme schnell in Amt und Würden, wenn er Verantwortung tragen will.
Zu den Politiker-Rankings äußerte sich Habeck so: „Da schwingt eine Unernstigkeit mit, die nicht angemessen ist. Wir haben genug Sachfragen, für die wir uns einsetzen müssen. Entscheidend ist, wie sich Deutschland jetzt aufstellt.“ Am Beispiel der notwendigen Klima-Investitionen (bis 2023 rund 1 Mrd. Euro) beschrieb er, warum es nicht reicht, den Status Quo zu verteidigen. „Es geht beim Klimaschutz um mehr als Pinguine und Eisbären. Wir müssen uns stärker mit Zukunftstechnologien beschäftigen. Sonst fällt unsere Wirtschaft zurück. Deswegen müssen auch die politischen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft klar und zuverlässig sein. Die Öffentliche Hand und die Private Wirtschaft müssen Zukunftsaufgaben flankieren und in wichtige Infrastruktur investieren. Es wird enorme Summen erfordern, damit wir nicht noch weiter hinter China oder sogar Dänemark zurückfallen. „Investieren ist der Weg für den Schritt in die Zukunft“, so Habeck.
Als Einstieg in die übliche Runde mit IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder und dem Saalpublikum ging es darum, was das für ein Gefühl sei, „wenn man plötzlich über Wasser laufen könnte“. „Was macht das mit einem?“, fragte Eder. Habeck: „Das ist ein Vertrauensvorschuss und eine große Verantwortung. Es fühlt sich so an, als ob jemand jeden Morgen einen Stein mehr in den Rucksack bekommt und dann jemand sagt: Lauf schneller!“ Mit Blick auf die Zukunft formuliere Habeck: „Wir werden „anders“ konsumieren, „anders“ mobil sein. Der Verzicht ist nötig, aber das Leben muss nicht schlechter werden. Nur „anders“.“
Jan Eder stellte in der Endrunde die Grundsatzfrage: „Ist Deutschland politisch gespalten?“ Habeck: „Nein! Das würde ich nicht sagen. Man muss auf das „Morgen“ vertrauen. Wir leben im besten Deutschland, dass wir je hatten! Das sollte nicht kaputt geredet werden! Früher war gar nicht alles besser, sondern schlechter.”
Christine Nadler
Wer das Wirtschaftspolitische Frühstück am 27. Juni verpasst hat, kann sich die Rede von Robert Habeck hier in ganzer Länge ansehen.