IHK Berlin
Die Berliner ÖPNV-Struktur ist zu langsam „mitgewachsen“, in der Verkehrsinfrastruktur liegt ein immenser Instandhaltungsrückstau vor und außerdem ist diese zu unausgewogen. Es gibt zu wenig Raum für Fußgänger und Radfahrer. Die Politik muss noch stärker an die Vernetzung in der „Metropolenregion“ denken, in der die Pendlerströme immer mehr zunehmen. Es gibt immer noch zu viele Verkehrsunfälle. Die Luftverschmutzung ist weiter zu hoch. Man muss sich fragen, resümierte Günther, „wie können wir ausgetretene Pfade verlassen? Wir müssen jetzt Weichen stellen, auch wenn wir die Ergebnisse erst in fünf oder mehr Jahren sehen werden. Wir wollen und müssen Alternativen für den Individualverkehr schaffen, nur dann können die Menschen, die auf das Auto angewiesen sind – wie auch der Wirtschaftsverkehr – auch wirklich fahren und nicht nur stehen.“
IHK-Vizepräsident Tobias Weber, Geschäftsführer der City Clean GmbH & Co. KG, hatte Regine Günther zu Beginn auch im Namen der IHK-Präsidentin begrüßt, die diesmal einen Firmentermin im Ausland wahrnehmen musste, und den Gast wie gewohnt kurz vorgestellt: Günther ist seit dem 8. Dezember 2016 Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in Berlin. Eine wesentliche Zeit ihres beruflichen Wegs war sie von 1999 bis 2016 in verschiedenen leitenden Positionen bei der Umweltstiftung WWF Deutschland tätig. Zu Beginn ihrer Laufbahn hatte sie – nach dem Diplom der Politischen Wissenschaft am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin – von 1995 bis 1998 Erfahrungen als Projektleiterin bei der Berliner Energieagentur gesammelt. Heute gilt Günther als national wie international anerkannte Expertin in Sachen Klimaschutz und gehört zum Beraterkreis der Bundesregierung bei Fragen der Klimapolitik.
IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder brachte in der Diskussionsrunde mit dem Saalpublikum drängende Fragen des Wirtschaftsverkehrs aufs Tablett: „Sie haben eine Riesenverantwortung übernommen. Ihre Vorgänger haben Ihnen quasi verwahrloste verkehrliche Infrastrukturnetze hinterlassen mit Sanierungsstau in Milliardenhöhe. Im Berliner Nordosten droht der Verkehrsinfarkt, weil dort Neubau- und Sanierungsarbeiten zusammen kommen und Ausweichrouten – durch Nadelöhre – auch noch erneuert werden. Da helfen Ersatzbusse praktisch kaum noch.“ Günther räumte die großen Probleme ein, betonte aber zugleich, dass Berlin und Brandenburg schon in forciert geführten Gesprächen zusammen arbeiteten und dass es tatsächlich leider langwierige Vorlaufzeiten gäbe, bis man neue Züge auf dem Gleis habe. „Bei der Verkehrspolitik ist Deutschland weit hinten“, erklärte die Senatorin. Wir hätten fast den Anschluss verpasst. Paris oder London seien schon viele weiter und wir müssten in Deutschland zukunftsweisende Technologien endlich schneller voranbringen. Städte wie Gemeinden sollten stärkere Impulse für Elektrobusse geben.
Auch das immer wieder mal diskutierte Thema der Fahrzulassung von Autos mit geraden oder ungeraden Zahlen auf dem Nummernschild an abwechselnden Tagen wurde nicht ausgespart. Mit Jan Eders Hinweis auf „Umgehungsmöglichkeiten“: In China führte es dazu, dass einige Familien nun zwei verschiedene Autos haben, damit immer eines „dran“ sein kann. Am Ende stand der Wunsch nach Vernunft: Die Sharing Economy möge weiter Fortschritte machen.
Senatorin Regine Günther zu Gast in der IHK Berlin
© Christian Kruppa – IHK Berlin
„Wenn wir wollen können wir!“ Mit diesem gelassenen Statement untermauerte Regine Günther, Senatorin für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz, ihre Auffassung, dass die Verkehrs- und Energiewende zwar Generationen überspannende Aufgaben sind, aber machbar, wenn sie nur zielstrebig und schnell genug angepackt würden.
Bei ihrem Vortrag über „Neue Mobilität für Berlin“ am 8. November in der IHK ging die Senatorin auf viele Fragen rund um die Berliner Verkehrspolitik ein - nicht immer gibt es dabei ein wirksames „Heilmittel“ für die drängenden Probleme.
Der glatt zwischen Stadt und Umland fließende Verkehr ist das Wunschziel aller, aber länger dauernde Straßenbaustellen oder Streckensanierungen auf den Schienenwegen sind jeden Tag die „verfluchten“ Verhinderer. Mal liegt es an einer Verzögerung durch baustellen-immanente Eigenschaften, mal an langen Vorlaufristen für Schienen oder Wagen bei der Bahn. So steht ein durchschnittlicher Berliner über 100 Stunden im Jahr im Stau. Trotz aller Gegenmaßnahmen sind die Emissionen nicht signifikant gesunken. Da sieht die Senatorin sieben aktuelle Herausforderungen, denen sich die Politik stellen muss:
© Christian Kruppa – IHK Berlin
© Christian Kruppa – IHK Berlin
© Christian Kruppa – IHK Berlin
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Christine Nadler