IHK Berlin
Moderne Verwaltung voranbringen
Der Weg zur IHK Berlin über Hardenbergplatz und -straße regte Andreas Geisel zu seiner ersten grundlegenden Aussage an diesem Morgen an: „Die Bürger müssen dem Staat vertrauen können“. Sein Gedankensprung vom Namensgeber Karl August Fürst von Hardenberg, der als großer Staatsreformer des 19. Jahrhunderts galt und eine Basis für spätere Bürgerrechte legte, führte den Innensenator zur Schlussfolgerung: „Wenn dem nicht so ist, dann nehmen die Bürger den Staat als handlungsunfähig war“. Aber dies treffe im Fall Berlin nicht zu: „Was uns in Berlin umtreibt, sind die Spätfolgen der Zeit, als es uns hier nicht so gut ging. Hätte man damals keine Konsolidierungspolitik betrieben, wären wir möglicherweise heute handlungsunfähig.“ Aber, so Geisel weiter, man habe inzwischen vieles angepackt: Nicht nur die Schlangen vor den Bürgerämtern oder bei der Kfz-Zulassung seien weg, es wären auch drei konkrete Ziele für die Berliner Verwaltung analysiert worden: Wir benötigen mehr gut ausgebildetes Personal, wir müssen bessere Strukturen aufstellen und auch die digitalen Angebote sollen weiter verbessert werden. Und da steckt der Teufel im Detail: Alleine das „Kabel verlegen“ um die Dienststellen „digitalfähig“ zu machen, würde Jahre dauern.
IHK-Vizepräsidentin Ute Witt hatte in Vertretung für Beatrice Kramm die Begrüßung des Senators für Inneres und Sport zum Wirtschaftspolitischen Frühstück am 28. Februar übernommen: „Wo im „Rheinischen“ am Tag der Weiberfastnacht die Herren unsicher nach ihren Schlipsen greifen, sind im karnevalsfernen Preußen die Krawatten hier ganz sicher“, erklärte Witt zum Auftakt. Dann stellte sie kurz den beruflichen Werdegang von Andreas Geisel vor, der ein echter Berliner ist. Nachdem er eine Berufsausbildung mit Abitur zum Facharbeiter für Nachrichtentechnik absolvierte und einige Jahre bei der Deutschen Post und einer Unternehmensberatung gearbeitet hatte, machte er die Politik zu seinem Beruf: Als 1989 die Mauer fiel, wurde die SPD seine politische Heimat. 1995 begann er seine Karriere als Bezirksstadtrat für Bauen und Wohnungswesen in Lichtenberg, wo er 2011 Bezirksbürgermeister wurde. Michael Müller machte Andreas Geisel 2014 zu seinem Nachfolger im Amt des Senators für Stadtentwicklung und Umwelt. Nach der Abgeordnetenhauswahl 2016 wurde Geisel Senator für Inneres und Sport.
© Amin Akhtar – IHK Berlin
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Witt übergab das Wort an den Gast mit dem Hinweis auf die Ende Januar gestartet Kampagne der IHK gemeinsam mit einem breiten Bündnis von 28 Partnern, um die Verwaltungsmodernisierung voranzubringen: „Eine Stadt – eine starke Verwaltung“. Geisels Impulsvortrag unter dem Motto „Schnellboot im Kopf, Dampfer vor der Brust. Über die Notwendigkeit und das Tempo der Berliner Verwaltungsmoder-nisierung“, passte da haargenau. Anhand des Beispiels einer Ampel-Aufstellung, die mit mehreren Verwaltungsschritten insgesamt 18 Monate dauert, kam man gemeinsam zu dem Schluss: Ja, das ist zu lange! Damit es in allen Bezirken gleich schnell geht, wären einheitliche Vorgehensweisen sinnvoll. Geisel berichtete von einem „Pakt für die Verwaltung“, in dem es um sofort umsetzbare Modernisierungsschritte geht. „Was analog nicht gut ist, wird digital nicht besser“, formulierte Geisel zum Vergnügen der rund 180 Unternehmer im Saal. Das Berliner e-Government-Gesetz sei ziemlich vorbildlich, so dass andere Städte darauf schauen. Die Einführung der „e-Akte“ sei jedoch ein Großprojekt, das nicht einfach auf Knopfdruck läuft, aber am Ende den Bürgern zu Gute kommt. Die Stadt sei dabei mehr ein „Tanker“ als ein „Start-up-Speedboot“, meinte Geisel.
Wenn davon gesprochen wird „Berlin soll eine Smart-City“ werden, was hieße das zum Beispiel für den Datenschutz? Für „autonomes Fahren“ benötigt man „Bewegungsprofile“ der Bürger: Wer geht wann wohin und nimmt welche Wege? Wie tief will man das analysieren, überlegte Geisel. Der Senator weiter: „Wir haben ein „Online-Zugangs-Gesetz“ in Berlin, es ist Voraussetzung für das „Zugangs-Service-Konto“, aber nur 1000 Bürger von 3,7 Millionen Einwohnern nutzen das überhaupt.“
Als Sportsenator schlug Geisel - im Zusammenhang mit Berlins Infrastruktur und wie sie für die Zukunft gerüstet ist - vor, dass sich Berlin für „Olympia 2036“ bewerben sollte: Quasi 100 Jahre nach der Olympiade 1936, die von den Nationalsozialisten inszeniert wurde. Der Bund und der deutsche Sport müssten dies unterstützen – und indirekt würden so Mittel für die Berliner Infrastruktur fließen, die die Stadt benötigte. Berlin „könne solche großen Sportereignisse“ und brauche ein „perspektivisches Event“, auf das man hinarbeiten könnte. Berlins gescheiterte Bewerbung von 2000 läge dann schon lange zurück.
IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder stellte abschließend die Frage an den Gast: „Sie waren Stadtentwicklungssenator und sind jetzt Innensenator… Geht da noch was?“ Geisel entgegnete, dass er seine Leidenschaft zum Beruf gemacht habe und am liebsten wäre es ihm sogar, beides zu kombinieren. „Ich werde morgen 53! Da habe ich noch Zeit für ‚was‘“.