IHK Berlin
Dr. Beatrice Kramm, Präsidentin der IHK Berlin und Markus Voigt, Präsident des VBKI, hatten die rund 300 Gäste im Großen Saal des Ludwig Erhard Hauses als moderierende „Duett-Partner“ begrüßt und darauf hingewiesen, dass über die Hälfte der Wähler im Land noch nicht weiß, wen er wählen wird. Voigt spielte auf das kurz vorher im Fernsehen gelaufene „Kanzler-Duell“ an, dass schnell zum „Duett“ umgetauft wurde, weil es mehr Kuschelkurs zeigte als Zähne: „Hier wird Ihnen nicht langweilig werden“. Dr. Kramm betonte die Chance für die kleineren Parteien, sich auf der Bühne zu profilieren.
Die Moderatoren auf der Bühne waren das erprobte Gespann Jan Eder als IHK-Hauptgeschäftsführer und Udo Marin, seines Zeichens VBKI-Geschäftsführer. Angesichts des vollen Saals konnte Marin „keine Politikverdrossenheit“ bei der Wirtschaft feststellen und versprach, dass es bei der Debatte „unfair“ zu gehen werde: „Die Moderatoren fragen langatmig und provozierend und die Gäste antworten kurz und handzahm.“ Eder erklärte das Prozedere: „Ein sechser Duell, wir toppen das Fernsehen! Es wird drei thematische Diskussionsblöcke geben. Wichtiges Kriterium wie immer: Die Zeit einhalten. Nur 60 Sekunden für jede Antwort“. Dann wurden die Kandidaten vorgestellt – die noch nie in dieser Zusammenstellung gemeinsam diskutiert hatten. Schon bei diesem frech formulierten „Vorgeplänkel“ wurde klar, dass das Wort „unfair“ ernst gemeint war. Die Kandidaten nahmen es ziemlich sportlich und der Saal hatte so den einen oder anderen Lacher, damit es ja nicht langweilig wurde.
Ganz deutlich kam bei den Antworten der Spitzenkandidaten heraus, dass die „alten großen Drei“ inhaltlich recht nahe beieinander waren und dass die deutlich formulierten „Außenseiter-Positionen“ – wie zu erwarten – bei der Linken und bei der AfD lagen. Aber auch dies galt nicht bei allen Punkten: Ab und an gab es sogar überraschende Übereinstimmungen. Praktisch unmöglich in einem Artikel alle Bälle, die geworfen wurden, wiederzugeben. Aber ein paar Schlaglichter sollen es doch sein:
Kai Wegner von der CDU streifte in einem Nebensatz ebenfalls das „Einwanderungsgesetz“ und pflichtete von Storch bei, dass bei der Digitalisierung in Deutschland mehr passieren müsse. Sein Hauptanliegen galt jedoch dem flüssigen Wirtschaftsverkehr in der Stadt: „Ich halte gar nichts von Fahrverboten. Wir müssen langfristig auf mehr e-Mobilität setzen und den Diesel von der Straße bekommen. Damit wir eine Smart-City aufbauen können“.
Natürlich durfte das „Tegel offenhalten oder schließen“-Thema nicht fehlen, denn die zweite Saal-Umfrage galt dem alten West-Berliner Flughafen. Meyer las einen Paragraphen vor und erklärte sinngemäß, dass es möglich sei, „Tegel offen zu halten und somit beide Flughäfen zu betreiben“. Darauf von Storch: „BER und Tegel zugleich? Das geht nicht, weil BER nicht eröffnet“. Sie nehme noch Wetten dazu an. So ging es teils ruppig teils heiter zum Ergebnis der Saalumfrage: Die Unternehmer im Saal hatte mit großem Vorsprung für die CDU votiert, dann folgten FDP und mit Abstand die SPD sowie die anderen Parteien. Die Tegel-Frage ging an diesem Morgen mit 58 Prozent für weiter betreiben und mit 42 Prozent für schließen aus.
IHK Berlin und VBKI „grillten“ die Berliner Spitzenkandidaten
Heute Morgen (6. September) – beim Wirtschaftspolitischen Frühstück von IHK Berlin und VBKI – warf die Wahl zum 19. Deutschen Bundestag am 24. September schon lange Schatten voraus. Die beiden Institutionen, die sich nach eigener Aussage in „herzlicher Abneigung“ verbunden fühlen, hatten die sechs Berliner Spitzenkandidaten Dr. Eva Högl (SPD), Christoph Meyer (FDP) ), Petra Pau (Die Linke), Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen) und Beatrix von Storch (AfD) sowie Kai Wegner (CDU) als Vertretung von Monika Grütters zum Gespräch aufs Podium gebeten. Dieses Format kennt man schon von früheren Wahljahren, neu war, dass der Schlagabtausch zwischen den beiden Moderatoren und den Kandidaten noch schneller und „frecher“ ablief als sonst. Und dass die „Wahl-Umfrage“ im Saal – früher mit Wahl-Karten – nun online organisiert wurde.
© Christia Kruppa – IHK Berlin
© Christia Kruppa – IHK Berlin
© Christia Kruppa – IHK Berlin
Als es um Europa und das Problem der Flüchtlingsströme ging, sprach Eder dazu Lisa Paus von den Grünen an. Sie antwortete, es würde nicht helfen, den „Zaun noch höher zu machen“, ihre Partei wolle vielmehr an Lösungen arbeiten, die die europäischen Flüchtlingsprobleme bewältigen. „Deutschland schreibt sich mit EU. Damit ist alles gesagt. Ohne die EU würde es der deutschen Wirtschaft viel schlechter gehen“.
Udo Marin befragte Beatrix von Storch zum „Euro-Desaster“ in der EU. Worauf er die Antwort bekam, es sei nie zu spät etwas zu ändern. „Wir wollen mehr nationalstaatliche Souveränität in der EU und mehr Wettbewerb. Europa als großer freier Markt.“ Ein hörbares Vergnügen kam auf als von Storch an anderer Stelle erklärte: „Wir wollen die Abschaffung der Frauenquote. Sie ist ein Eingriff in die Entscheidungsfreiheit und eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts“.
Petra Pau von der Linken wurde von Marin ebenfalls zur Flüchtlingsproblematik angesprochen: „Sollen denn die Flüchtlinge alle zu uns?“ Darauf sagte Pau, dass der Staatssozialismus zu Recht gescheitert sei, aber daraus eine Lehre zu ziehen ist: „Bürger- und Menschenrechte dürfen nicht aufs Spiel gesetzt werden. Daraus folgt auch: das Grundrecht auf Asyl ist nicht verhandelbar“. Sie plädierte für ein „Einwanderungsgesetz“ mit festen Regeln. Bei diesem Punkt stimmte Eva Högl von der SPD zu: „Wenn wir nicht eine gemeinsame europäische Flüchtlingspolitik machen, dann geht das nicht. Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz“. An späterer Stelle äußerte sich Högl vehement zum Thema Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen: „Ich halte es für einen riesigen Skandal, dass im 21. Jahrhundert in Deutschland Frauen 21 Prozent weniger verdienen als Männer und auch weniger Rente erhalten“.
© Christia Kruppa – IHK Berlin
Christoph Meyer von der FDP hält Bauen zurzeit für das Wichtigste: „Wir müssen Bauen, Bauen und nochmal Bauen“. Und das gelte für alle Arten von Baufirmen und für Gewerbe- wie Wohnungsbau. Bezogen auf die Europa-Politik seiner Partei plädierte Meyer „für ein Europa der verschiedenen Geschwindigkeiten“, mit einer sinnvollen Bankenregelung. Eine „flächendeckende“ Video-Überwachung für mehr Sicherheit lehnte er ab, denn hinter der Kamera müsste ja dann auch jemand sitzen, der zu Hilfe eilen kann. Und das könne nur die Polizei. „Wir wollen mehr Polizei auf der Straße, alles andere ist Augenwischerei“, so Meyer. Ähnlich sah das auch Petra Pau: „Die Kamera kommt nicht runter, wenn auf dem Alex was los ist“, sagte sie und sprach sich für mehr ausgebildete Polizisten auf Plätzen und Bahnsteigen aus.
© Christia Kruppa – IHK Berlin
Christine Nadler