IHK Berlin

Besuch aus Hamburg: Olaf Scholz zu Gast

Gemeinsamkeiten zwischen den Metropolen Hamburg und Berlin sowie ein Plädoyer für die Zusammenarbeit in einem friedlichen Eu­ropa standen im Mittelpunkt des Frühstücks­besuchs von Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz Ende März im Ludwig Erhard Haus. Ein Terminkonflikt mit einer Bundesrats­sitzung hatte den üblichen Fahrplan der Ver­anstaltung etwas aus dem Takt gebracht, so dass sich IHK-Präsidentin Dr. Beatrice Kramm bei der Begrüßung sehr kurz fasste und nur die wichtigsten Stufen von Scholz politischer Karriere referierte: Bevor er vor sechs Jahren Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg wurde, hat­te er schon einen beeindruckenden Werde­gang in der SPD hingelegt. Von 2007 bis 2009 war er Bundesminister für Arbeit und Soziales. Seit 2009 ist der studierte Jurist und Rechtsanwalt Landesvorsitzender der SPD Hamburg und Stellvertretender Bundes­vorsitzender.
Scholz betonte die sehr freundschaftliche Zusammenarbeit zwischen Berlin und Ham­burg und erklärte, dass er seine vorbereite Rede zu den Herausforderungen im heutigen Europa kurzerhand überspringen werde, um mehr Zeit und Raum für Fragen und Diskus­sion zu haben. Klar sei ohnehin jedem, dass sich nach dem Verschwinden des Eisernen Vorhangs in Deutschland eine Wirtschafts­kraft entwickelt habe, die ohne Europa nicht so möglich gewesen wäre. Die Welt werde Mitte des Jahrhunderts etwa zehn Milliarden Menschen haben und "wenn wir das meistern wollen, dann schaffen wir es nur als Europa", erklärte Scholz. „Als Land in der Mitte Europas sollten wir mit den europäi­schen Nachbarn eng zusammenarbeiten. Nicht mit den populistischen Kräften mit ziehen, sondern auch mal Kompromisse ein­gehen“, sagte er.
In der Diskussion mit IHK-Hauptgeschäfts­führer Jan Eder ging es u.a. um die Unter­bringung von Flüchtlingen, wo Berlin viel­leicht noch etwas von Hamburg hätte lernen können, um die Jugendberufsagentur und die ein- oder zweistufige Verwaltung. Auch wenn Hamburg nicht ähnliche „Flächen-Probleme“ bekommen wird, wie sie sich in Berlin für die Zukunft andeuten, plädierte Scholz für eine intensivere Nutzung des Platzes in der Stadt: Dazu gehöre eine Anpassung des komplizierten Baurechts und der Gesetze, die noch nicht für die heutige Zeit ausgelegt sind. So könnte eine föde­ralisierte Gesetzgebung gezielter arbeiten. Es müsse künftig mehr in die Höhe gebaut werden und auch Gewerbe sollte - wo es passt - in oberen Geschossen angesiedelt sein. Das Stichwort dazu heißt „vertikale Verdichtung“. Wachstumsprobleme lägen allerdings auch bei Eigentümern, die Grund­stücke in der Stadtmitte jahrelang für einen Altmetallhandel nutzten und auf Spekula­tionsgewinne hofften.
Auf die Frage von Jan Eder ob und wie die Elbphilharmonie - „Elphie“ genannt - mit dem BER zu vergleichen sei, hatte Scholz ein beruhigendes Wort bei der Hand: „Er wird fertig werden, und er wird mal gut“. Nach seiner Auffassung hätten wir teilweise die Fähigkeit verloren, „selbst“ zu bauen oder auch nur „gut zu beauftragen“. Es müsse alles sehr gut vorgeplant werden und eine entsprechend „sehr gute Baureife“ vorab erreicht werden. Das hätten beide Beispiele gezeigt.
Das Hamburg und Berlin sich gefühlt immer näher kommen, beweise nicht nur die Tat­sache, dass es Menschen gäbe, so Scholz, die jeden Tag zwischen Hamburg und Berlin pendelten. Mit noch schnelleren Verkehrs­verbindungen rückten die Städte näher zusammen. Dieser Wirtschaftsraum mit acht bis neun Millionen Menschen produziere weitere Mobilität. Deshalb würde Hamburg nicht nur auf mehr e-Busse setzen, sondern an verschiedenen Pilotprojekten mitarbeiten, die die wachsende Stadt, den dichter werdenden Verkehr und alle damit ein­hergehenden Herausforderungen meistern helfen sollen.
Christine Nadler