Notfall & Insolvenz
Die wichtigsten Fragen zur Insolvenz
Auf dieser Seite haben wir die wichtigsten Fragen und wertvolle weiterführende Informationen rund um das Thema Insolvenz zusammengestellt.
- 1. Wie stelle ich fest, ob mein Unternehmen insolvent ist?
Feststellung Insolvenz und Insolvenzgründe
Bei der Feststellung, ob Sie oder Ihr Unternehmen insolvent sind, helfen Ihnen Ihr Steuerberater oder ein im Insolvenzrecht spezialisierter Rechtsanwalt. Hier ist eine detaillierte Einzelfallbetrachtung inkl. der Analyse sämtlicher Unternehmensdaten und -zahlen erforderlich.
Bei der Suche können Sie folgende Anlaufstellen nutzen:Eine Einzelfallberatung kann durch die IHK Berlin nicht angeboten werden.Es gibt drei Insolvenzgründe:- Zahlungsunfähigkeit
- Drohende Zahlungsunfähigkeit
- Überschuldung
Zahlungsunfähigkeit
Der Unternehmer ist zahlungsunfähig, wenn er dauerhaft nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen.
Zahlungsunfähigkeit bezeichnet also einen Mangel an (Geld-)Liquidität. Andere Vermögenswerte (Forderungen, Immobilien etc.), die die Schulden begleichen könnten, sind unbeachtlich.Von der Zahlungsunfähigkeit zu unterscheiden ist die bloße Zahlungsstockung, die kein Insolvenzgrund darstellt. Die Abgrenzung kann im Einzelfall sehr schwierig sein. Deshalb wird an dieser Stelle unbedingt zur Einschaltung von Fachleuten geraten. Die Zahlungsunfähigkeit (keine Stockung) liegt vor, wenn die fällige Zahlungspflicht nicht binnen 3 Wochen zu 90 Prozent erfüllt werden kann.Drohende Zahlungsunfähigkeit
Dem Unternehmer droht die Zahlungsunfähigkeit, wenn absehbar ist, dass die Zahlungsverbindlichkeiten im Zeitpunkt ihrer Fälligkeit nicht erfüllt werden können.Bei drohender Zahlungsunfähigkeit kann nur der Schuldner selbst, nicht der Gläubiger, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Die drohende Zahlungsunfähigkeit löst noch keine Insolvenzantragspflicht des Schuldners aus.Überschuldung
Der Insolvenzgrund der Überschuldung trifft nur auf folgende Rechtsformen zu:- GmbH, UG (haftungsbeschränkt), AG, KGaA, eG, SE, Ltd.
- eingetragener Verein
Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, es sei denn, die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten ist nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich. Objektiv erfolgsversprechend ist die Fortführungsprognose, wenn das Unternehmen in den nächsten 12 Monaten voraussichtlich nicht zahlungsunfähig wird. Dies wiederum ist anhand eines konkreten Unternehmenskonzeptes zu prüfen und zu belegen.
Im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2021 und dem 31. Dezember 2021 wird anstelle des Zeitraums von zwölf Monaten ein Zeitraum von vier Monaten zugrunde zu legen, wenn die Überschuldung des Schuldners auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist. Dies wird vermutet, wenn der Schuldner am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war, in dem letzten, vor dem 1. Januar 2020 abgeschlossenen Geschäftsjahr ein positives Ergebnis aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erwirtschaftet hat und der Umsatz aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit im Kalenderjahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 30 Prozent eingebrochen ist.
Grundsätzlich wird es als unumgänglich angesehen, die Fortführungsprognose durch einen Finanzplan sowie eine Liquiditätsrechnung zu belegen, da nur so ermittelt werden kann, ob die zukünftige Zahlungsfähigkeit gewährleistet ist. Die wesentlichen Prämissen und Bestandteile der Überschuldungsprüfung, insbesondere auch die der Fortführungsprognose zugrunde gelegten Tatsachen, Annahmen und Schlussfolgerungen, sollten dokumentiert und erläutert werden. Die Auswirkungen des Unternehmenskonzeptes sind darzulegen. Die ordnungsgemäße Dokumentation ist auch vor dem Hintergrund einer Minderung der Haftungsrisiken bedeutsam..
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- 2. Wer hilft mir bei der Feststellung, Beantragung und während der Insolvenz?
Dabei helfen Ihnen Ihr Steuerberater oder ein im Insolvenzrecht spezialisierter Rechtsanwalt.Bei der Suche können Sie folgende Anlaufstellen nutzen:
- Rechtsanwaltssuche der Rechtsanwaltskammer Berlin
- Steuerberatersuche der Steuerberaterkammer Berlin
- Spezialisierte Schuldner- und Insolvenzberatung für Kleinstselbstständige (Inhaber und Soloselbstständige)
- 3. Wie hafte ich oder mein Unternehmen?
Die Haftung ist abhängig von der Rechtsform. So haftet etwa der Inhaber eines Einzelunternehmens mit seinem gesamten Privatvermögen. Die Schuldenfreiheit und ein wirtschaftlicher Neustart kann dennoch im Restschuldbefreiungsverfahren erlangt werden.Bei einer Rechtsform mit beschränkter Haftung, etwa einer GmbH oder UG (haftungsbeschränkt), haftet den Gläubigern zwar nur das Gesellschaftsvermögen. Es gibt aber Ausnahmen, in denen etwa auch der Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft persönlich haftet, wie z.B. bei Insolvenzverschleppung oder nicht abgeführten Steuerabgaben.
- 4. Bin ich verpflichtet, Insolvenz zu beantragen?
Kapitalgesellschaften (z.B. AG, GmbH, UG (haftungsbeschränkt)) und Personengesellschaften ohne natürliche Person als unbeschränkt haftenden Gesellschafter (etwa GmbH & Co. KG) sind gesetzlich dazu verpflichtet, spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und sechs Wochen nach Eintritt der Überschuldung den Insolvenzantrag zu stellen. Die Vertretungsorgane dieser Gesellschaften sollten beachten, dass die schuldhafte Verletzung dieser Antragspflicht zivil- und strafrechtliche Folgen haben kann.Bis zum 30.04.2021 war die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen, die infolge der COVID-19-Pandemie überschuldet oder zahlungsunfähig sind, ausgesetzt, wenn sie bis zum 28.02.2021 einen Antrag auf die Gewährung finanzieller Hilfeleistungen in staatlichen Programmen zur Abmilderung der COVID-19-Pandemie gestellt haben oder das Unternehmen antragsberechtigt ist, eine Antragsstellung aber aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen bis zum 28.02.2021 nicht möglich war. Wie schon bisher galt die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht nur, wenn die Krise des Unternehmens pandemiebedingt ist, mit einer Auszahlung der Hilfen zu rechnen ist und hierdurch eine Überlebenschance für das Unternehmen besteht.Natürliche Personen (Kleingewerbetreibende, eingetragene Kaufleute) und Personengesellschaften (wie bspw. GbR, OHG, KG) sind nicht dazu verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen. Sie können jedoch freiwillig Insolvenz beantragen. Sie können sich daher nicht wegen Insolvenzverschleppung strafbar machen. Jedoch können sie bei der Fortführung ihres verschuldeten Unternehmens eventuell gegen andere Strafvorschriften verstoßen, bspw. wenn Sie keine Sozialversicherungsbeiträge für die Mitarbeiter abführen oder Waren bestellen, die sie nicht bezahlen können.
- 5. Wo beantrage ich Insolvenz?
In Berlin ist das Amtsgericht Charlottenburg zentrales Insolvenzgericht. Das Amtsgericht stellt hilfreiche Merkblätter und alle benötigten Vordrucke und Formulare zur Insolvenz zur Verfügung.
Ausnahme: Verbraucherinsolvenzverfahren. Hier ist jeweils das Amtsgericht am Wohnsitz des Schuldners zuständig. - 6. Welche Arten des Insolvenzverfahrens gibt es?
Es wird zwischen dem Regelinsolvenzverfahren und dem Verbraucherinsolvenzverfahren unterschieden.Einzelunternehmen, Personengesellschaften (z.B. GbR, OHG, KG) und juristische Personen (z.B. UG (haftungsbeschränkt), GmbH, AG) unterliegen dem Regelinsolvenzverfahren. Ein Verbraucherinsolvenzverfahren können natürliche Personen durchlaufen, wenn sie keine selbständige Tätigkeit ausüben. Sofern sie ehemals eine selbständige Tätigkeit ausgeübt haben, können sie am Verbraucherinsolvenzverfahren teilnehmen, wenn ihre Vermögensverhältnisse überschaubar sind und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen.
Die Frage, welches Insolvenzverfahren beantragt wird, erläutert folgende Übersicht:© IHK BerlinÜbersicht über die unterschiedlichen Arten von InsolvenzenQuelle: Amtsgericht Charlottenburg
- 7. Kann ich meine Selbständigkeit trotz Insolvenzverfahren weiterführen?
Der Insolvenzverwalter kann entscheiden, dass die selbstständige Tätigkeit freigegeben wird. Dadurch führt der Unternehmer seine Selbständigkeit „außerhalb“ des Insolvenzverfahrens weiter. Gleichzeitig muss der Unternehmer aber auch gewisse Pflichten erfüllen, zum Beispiel monatliche Zahlungen an den Insolvenzverwalter leisten.
- 8. Wie läuft ein Regelinsolvenzverfahren ab?
Ablauf Regelinsolvenzverfahren
- Es wird ein Insolvenzantrag beim Amtsgericht Charlottenburg gestellt. Dabei können Sie vorgedruckte Formulare und Merkblätter für den Insolvenzantrag des Amtsgerichts Charlottenburg nutzen.
- Dem Insolvenzantrag kann ein Antrag auf Restschuldbefreiung und Kostenstundung hinzugefügt werden.
- Das Gericht prüft den Antrag und bestimmt ggf. einen vorläufigen Insolvenzverwalter. Bis zur Entscheidung über den Eröffnungsantrag darf der Unternehmer sein Unternehmen nur in Abstimmung mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter leiten.
- Liegt kein Insolvenzgrund vor (Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung), wird der Insolvenzantrag abgewiesen. Der Antragsteller trägt die Verfahrenskosten.
- Das Gericht prüft auch, ob das Schuldnervermögen die Verfahrenskosten deckt.
- Ist ausreichend Vermögen vorhanden, um das Insolvenzverfahren durchzuführen, und liegt ein Insolvenzgrund vor, eröffnet das Gericht das Insolvenzverfahren und bestimmt einen Insolvenzverwalter. Der Insolvenzverwalter führt den Betrieb. Die Gläubiger können ihre Forderungen innerhalb einer Frist (2 Wochen bis 3 Monate) beim Insolvenzverwalter anmelden. Es wird entschieden, ob das Unternehmen saniert wird, Teile des Unternehmens verkauft werden oder ob das Vermögen verwertet, die Schulden bezahlt und der Betrieb geschlossen wird.
- Ist nicht genügend Vermögen vorhanden, wird der Insolvenzantrag abgewiesen (Abweisung „mangels Masse“).
Was passiert nach einer Abweisung mangels Masse?
- Der Gewerbetreibende bzw. das Unternehmen (nicht aber Vertreter des Schuldnerunternehmens, wie z.B. Geschäftsführer) wird in das Schuldnerverzeichnis eingetragen. Andere Rechtsformen, etwa die GmbH, UG (haftungsbeschränkt), KGaA oder die Genossenschaft werden aufgelöst. Die OHG, KG und GmbH & Co. KG werden aufgelöst, wenn kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist. Ist noch Vermögen vorhanden, wird das Unternehmen nun liquidiert, um es vollständig zu beenden. Weitere Informationen zur Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens.
- Nach der Abweisung mangels Masse gilt die Vollstreckungssperre nicht mehr, die Gläubiger können wieder Zwangsvollstreckungen verfolgen.
Wie lässt sich die Abweisung mangels Masse vermeiden?
Die Abweisung mangels Masse kommt nicht in Betracht, wenn:- ein Kostenvorschuss geleistet wird. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, wer den Vorschuss leistet.
- es sich beim Schuldner um eine natürliche Person (etwa ein Kleingewerbetreibender oder Einzelkaufleute) handelt und die Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens nach § 4a InsO beantragt und bewilligt wurde.
Hinweis: GmbH-Geschäftsführer stellen keinen Antrag auf Kostenstundung, da sie nicht selbst Schuldner sind. Schuldner ist die GmbH und damit keine natürliche Person.Dem Stundungsantrag muss ein Antrag auf Restschuldbefreiung hinzugefügt werden. Die Anträge werden zusammen mit dem Insolvenzantrag eingereicht und sind vom Unternehmer auszufüllen. Für die Anträge existieren Formulare zur Restschuldbefreiung des Amtsgerichts Charlottenburg.Wozu dient die Stundung der Insolvenzverfahrenskosten?
Die Stundung bewirkt einen Zahlungsaufschub der Verfahrenskosten und ermöglicht die Durchführung eines Restschuldbefreiungsverfahrens.Was bedeutet Restschuldbefreiung?
Wenn nach der Durchführung des Insolvenzverfahrens weiterhin Schulden bestehen, können Selbstständige durch die Restschuldbefreiung von ihren Schulden befreit werden.
Während einer "Wohlverhaltensphase" muss eine Reihe von Auflagen beachtet und der pfändbare Betrag des Einkommens abgeben werden.
Für Insolvenzverfahren, die ab dem 01.10.2020 beantragt werden, wird die Verfahrensdauer auf drei Jahre verkürzt.