Standortpolitik

Öffentliche Beschaffung als Treiber für eine innovative und zukunftsweisende Metropole


Öffentliche Investitionen als Innovationshebel
Mit einem jährlichen Investitionsvolumen von 3 – 5 Mrd. Euro verfügt Berlin über signifikantes Potenzial, um über qualitätsgetriebene Nachfragen in die Wirtschaft die eigene Funktions- und Leistungsfähigkeit auf ein wettbewerbsfähiges Niveau zu heben. Entsprechend der UN-Nachhaltigkeitsziele kann die öffentliche Beschaffung dafür genutzt werden, Innovationen im Bereich nachhaltiger Entwicklung zu fördern. Dafür braucht es eine zeitgemäße Beschaffungs- und Vergabepraxis, die innovativen Unternehmen und ihren Angeboten die Tür öffnet. Die IHK Berlin hat im Juni 2022 rund 1.450 Unternehmen befragt, welche Maßnahmen sie für eine Paradigmenwechsel in der Verwaltung priorisieren:
  • Knapp 49 Prozent der Unternehmen sprechen sich dafür aus, das Know-how- zu aktuellen Markt- und Technologietrends der ausschreibenden Stellen dauerhaft zu erhöhen.
  • Fast ebenso viele Unternehmen – 46 Prozent – fordern, die im Vergabegesetz verankerte Bewertung der vollständigen Lebenszykluskosten eines Produktes durchzusetzen.
  • Damit korrespondierend befürworten rund 38 Prozent die verstärkte Anwendung innovativer Beschaffungsformate seitens der ausschreibenden Stellen wie wettbewerbliche Dialoge und Innovationspartnerschaften.
  • 34 Prozent der befragten Unternehmen sprechen sich dafür aus, Nebenangebote regelmäßig bei öffentlichen Ausschreibungen zuzulassen.   
Votum für mehr Qualität und Mut zu Innovationen
Die Berliner Wirtschaft positioniert sich deutlich für die starke Gewichtung von Innovations-, Qualitäts- und Nachhaltigkeitskriterien bei der Bewertung der Angebote. Sie unterstützt damit auch die UN-Nachhaltigkeitsziele zur integrierten Stadtentwicklungspolitik. Integrierte Stadtentwicklungspolitik bedingt einen funktionierenden Transfer guter Lösungen in die kommunale Praxis. Berliner Unternehmen fordern eine modifizierte Berliner Beschaffungs- und Vergabepraxis, welche verstärkt auf regionaler Bieter setzt oder eine Quote für kleine und mittelständische Unternehmen beinhaltet. Dafür ist es notwendig, die im Gesetz vorhandenen Bewertungs- und Entscheidungsspielräume zugunsten von innovativen Unternehmen und ihren Lösungen zu nutzen sowie gezielt die formalen Zugangshürden für Startups, wie z.B. die Vorlage mehrerer Jahresabschlüsse sowie umfassender Referenzen zu senken. Das eröffnet die Möglichkeit,
  • das Interesse des innovativen Mittelstands für die Aufträge der öffentlichen Hand wieder zu aktivieren und die Türen für Startups zu öffnen.
  • die Chancen der Vergabe konsequent für die Entwicklung der Verwaltung zu einem leistungsfähigen Servicepartner der Wirtschaft zu nutzen.
  • die landeseigenen Unternehmen in Kooperation mit der innovativen privaten Wirtschaft stärker als Referenzanwender und Treiber für umwelt- und klimafreundliche Technologien z.B. in den Bereichen Mobilität und Bauen zu positionieren.
Umsetzung in drei Schritten vorantreiben
Kompetenzen zu aktuellen Markt- und Technologietrends aufbauen und nachhalten:
Eine zukunftsfähige und nachhaltige Investitionspolitik des Landes Berlin erfordert qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zu aktuellen Markt- und Technologietrends, innovativen Vergabeverfahren und Berücksichtigung aller Kosten entlang des Produktlebenszyklus bei der Beschaffung fortlaufend geschult und weitergebildet werden. In diesem Kontext muss das Angebot der Verwaltungsakademie Berlin weiterentwickelt werden. Darüber hinaus bedarf es Austausch- und Begegnungsformate zwischen Verwaltung und Wirtschaft, um regelmäßig Informationen über neue Entwicklungen sowie deren Einsatzmöglichkeiten aus erster Hand zu erhalten. In Frage kommen zum Beispiel Präsentationstage, Innovationsmessen oder Innovationsdialoge. Die Schulungs- und Weiterbildungsangebote sowie der Fachaustausch mit Unternehmen müssen entsprechend im Landeshaushalt budgetiert werden.
Innovative Vergabeverfahren intensiver nutzen:
Die Wahl des Vergabeverfahrens muss grundsätzlich als Türöffner für innovative Lösungen fungieren. Je nach Beschaffungsbedarf erhalten Verhandlungsverfahren, wettbewerbliche Dialoge und Innovationspartnerschaften den Vorzug, um im Dialog mit der Wirtschaft die optimale Lösung zu identifizieren und auf den Weg zu bringen. Das setzt voraus, dass sich die Leistungsbeschreibungen seitens der Verwaltung an der Problembeschreibung orientieren und den Raum für die Beschreibung innovativer Lösungen den Bietern aus der Wirtschaft überlassen. Neben innovativen Vergabeverfahren müssen auch die Chancen für die Platzierung neuartiger Lösungen über Nebenangebote stärker genutzt werden. Ab einem festzulegenden Mindestvolumen sollten Nebenangebote standardmäßig Teil von Ausschreibungsverfahren sein. Die erforderliche Kompetenz dafür erlangt die Verwaltung über die gezielte Weiterbildung der Mitarbeitenden, die gleichzeitig das Zutrauen in Entscheidungen zugunsten neuer Anwendungen in der Öffentlichkeit steigert.
Qualität, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit der Angebote in den Fokus des Zuschlages rücken:
Eine verantwortungsvolle und nachhaltige Investitionspolitik des Landes setzt voraus, dass Qualität, Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit, ergänzt um eine ausgewogene Risikobetrachtung, die entscheidenden Zuschlagskriterien – im Gegensatz zur Gewichtung des Anschaffungspreises – bilden. In diesem Sinne braucht es eine diese vier Kriterien umfassende Bewertungsmatrix, die Vergabeentscheidungen transparent, nachvollziehbar und rechtssicher macht. Unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit sollten regionale Bieter durch Produktion vor Ort und Nähe zum Kunden stärker in den Fokus rücken. Auch die verpflichtende Einführung der Total-Cost-of-Ownership-Methode (TCO) ist ein Schritt in die  richtige Richtung. So kann und muss das Land Berlin seinen eigenen Beitrag leisten, um ökologische und ökonomische Ziele im Sinne einer innovationsgeprägten und zukunftsorientierten Stadt aktiv zu unterstützen. Voraussetzung dafür: eine hohe Vergabekompetenz der Verwaltung ergänzt durch den notwendigen Mut und Rückhalt der Verantwortlichen – bei der Hausleitung beginnend – als Grundlagen, um Berlin als Zugpferd mit Vorbildunktion zu etablieren.
IHK als Partner des Paradigmenwechsels 
Im Businessplan “Funktionierende Stadt” spricht sich die IHK Berlin für ein “Serviceteam innovative Beschaffung” aus. Mit seiner Kompetenz steht es als beratende und fachliche Prüfstelle zur Verfügung, um bei der Auswahl des Vergabeverfahrens, in Prozessfragen und hinsichtlich Bedarfsermittlung und Markterkundung die beschaffenden Stellen zu unterstützen. Gerne steht die IHK als Partner im Projektteam zur Etablierung der Servicestelle zur Verfügung.