Bildungspolitik

Ausbildungsmarkt von morgen – Weichenstellung für Berlin 2021 bis 2026

2021 ist ein Jahr der Richtungsentscheidung: Mit der Berliner Abgeordnetenhauswahl werden die Weichen für die Arbeitsmarkt- und Ausbildungspolitik der nächsten fünf Jahre gestellt. Wir möchten wissen: Wie zukunftsfähig ist die duale Berufsausbildung in Berlin? Welche Herausforderungen müssen gemeistert werden? Wo braucht es eine neue Weichenstellung der Berliner Politik? In der aktuellen IHK-Umfrage haben Berliner Unternehmen dazu Stellung genommen. Beteiligen Sie sich an den Kurzumfragen im Text und helfen Sie, das Bild zu vervollständigen!

Die Berliner Wirtschaft braucht beruflich qualifizierte Fachkräfte & schätzt die duale Ausbildung 

Die IHK-Umfrage ist eindeutig: Rund 26 Prozent der befragten Berliner Unternehmen haben Bedarf an Akademikern. Fast alle hingegen benötigen beruflich qualifizierte Fachkräfte (97 %). Ein wesentliches Mittel zur Fachkräftesicherung ist die frühzeitige Qualifizierung des Nachwuchses. 93 Prozent der Befragten halten die duale Ausbildung für ein zukunftsfähiges Mittel der Nachwuchsgewinnung.
Die Gründe, aus denen Unternehmen aktuell ausbilden, sind vielfältig. 75 Prozent der Ausbildungsbetriebe engagieren sich in der Ausbildung, um ihren eigenen Fachkräftebedarf zu decken. Aber genauso viele Betriebe möchten jungen Menschen eine Chance für ihren Einstieg ins Berufsleben geben (75 %) und einen Beitrag für die Gesellschaft leisten (61 %). Die Gründe für Nicht-Ausbildung sind noch diverser. Sie umfassen u. a. fehlende Finanzierbarkeit als Folge der Krise (21 %), fehlende innerbetriebliche Voraussetzungen (25 %), Probleme bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen (23 %) und Nutzung anderer Wege zur Fachkräftesicherung, wie Umschulung und Weiterbildung bestehender Arbeitskräfte im Unternehmen (18 %). 28 Prozent rekrutieren bislang bevorzugt qualifizierte Fachkräfte vom Arbeitsmarkt. 

Unternehmen zu unterstützen hilft Ausbildung zu stärken

Innerbetriebliche Strukturen, sich wandelnde Fachkräfte- und Qualifikationsbedarfe sowie Pandemiebetroffenheit sind individuell sehr unterschiedlich und beeinflussen die Ausbildungsentscheidung der Unternehmen. Die IHK-Umfrage zeigt allerdings, dass eine gezielte Unterstützung der Unternehmen dabei helfen kann, Ausbildung zu stärken. 
Faktoren, die Nicht-Ausbildungsbetrieben den Einstieg in die Ausbildung erleichtern, sind laut Umfrage finanzielle Unterstützung bei den Ausbildungskosten (54 %), mehr Zeit und Personal (40 %) sowie klare Perspektiven für den Weg aus der Pandemie (27 %). 
27 Prozent der aktiven Ausbildungsbetriebe geben an, bereits jetzt über Bedarf auszubilden. Aber auch sie können sich vorstellen, noch mehr auszubilden. Die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe zur Steigerung von Ausbildungsplätzen bewerten Unternehmen allerdings fast ausschließlich als sehr kritisch bis wirkungslos (90 %). Nur 4 Prozent der Betriebe zieht in Erwägung, in diesem Fall mehr auszubilden.
Bewertung der Ausbildungsplatzabgabe
Reaktion auf die Einführung einer Ausbildungsplatzabgabe
Hilfreich wären aus Sicht der Befragten hingegen Entlastungen bei den Sozialabgaben oder Steuererleichterungen, welche die Ausbildung auf dem Weg aus der Krise übergangsweise kostengünstiger gestalten (42 %). Aber auch bessere Unterstützungsinstrumente während der Ausbildung, die den Betreuungsaufwand reduzieren (z. B. Bildungsbegleitung, Nachhilfe und Sprachförderung) sowie Unterstützung des innerbetrieblichen Ausbildungspersonals durch Förderung der Ausbildereignungsprüfung und Weiterbildung werden als hilfreich eingestuft.
Potenziale zur Steigerung der Ausbildungstätigkeit

In die Zukunft zu investieren heißt Langzeitherausforderungen zu beheben 

Ausbildung zu stärken bedeutet auch, Lösungen für hartnäckige Langzeitherausforderungen zu schaffen. Laut Umfrage liegen die größten Hemmnisse für die Zukunftsfähigkeit der dualen Ausbildung noch immer in den Bereichen mangelhafte Schulqualität an allgemeinbildenden Schulen (59 %), fehlende Berufsorientierung (57 %) und Schwierigkeiten bei der Besetzung der Ausbildungsplätze (53 %).
Hemmnisse für die Zukunftsfähigkeit der dualen Ausbildung in Berlin
Als Kernherausforderung in der allgemeinbildenden Schule bewerten Unternehmen die bessere Vermittlung von sozialen Kompetenzen (z.B. Leistungsbereitschaft, Lern- und Teamfähigkeit) (74 %) und von Kernkompetenzen (z.B. Deutsch und Mathematik) (62 %). Unmittelbar danach folgt der Bedarf an flächendeckender Berufsorientierung in allen Schulformen – insbesondere auch an Berliner Gymnasien (58 %). Unterstützung bei der Besetzung von Ausbildungsplätzen wünschen sich Unternehmen vor allem bei der Suche leistungsstarker Bewerber (46 %) und bei der Bereitstellung von Instrumenten für das betriebliche Azubi-Marketing (33 %). Mit ausbildung.berlin wurde 2021 eine berlinweit zentrale Lehrstellenplattform mit allen tagesaktuell verfügbaren Ausbildungsplätzen geschaffen. 42 Prozent der Befragten wünschen sich ein vergleichbares Angebot auch für Unternehmen, d. h. ein berlinweit zentrales Rekrutierungsportal, mit allen tagesaktuell suchenden Ausbildungsbewerbern.

Berufliche Bildung benötigt einen Attraktivitätsbooster

Die berufliche Bildung steht außerdem vor der Herausforderung, eine größere Bandbreite an jungen Menschen zu erreichen. Sichtbarkeit, Attraktivität und Durchlässigkeit spielen hierfür eine wichtige Rolle. 
Jedes dritte Unternehmen setzt sich laut Umfrage bereits jetzt für eine größere Attraktivität der eigenen Ausbildungsplätze ein und bietet potenziellen Auszubildenden Anreize, wie z. B. eine übertarifliche Vergütung, Mobilitätsanreize, Übernahmegarantien oder Aufstiegsfortbildungen. 62 Prozent der Befragten wünschen sich, dass auch das Land in der kommenden Legislatur gezielte Anreize und Vergünstigungen für Azubis in den Bereichen Wohnen und Mobilität schafft (62%). Jedes zweite Unternehmen plädiert dafür, die Zielgruppe der Studienaussteiger (53 %) künftig systematischer zu den Optionen beruflicher Bildung zu informieren und zu beraten. Um weitere Zielgruppen zu erschließen, sollten laut Umfrage geringqualifizierte Arbeitskräfte künftig noch besser beruflich nachqualifiziert und Kompetenzen, die außerhalb des formalen Bildungssystems erworben wurden, besser zertifiziert werden können.
Handlungsbedarfe zur Erreichung einer größeren Zielgruppe für die berufliche Bildung

Ausbildung muss mit Wandel auf dem Arbeitsmarkt schritthalten

Nachwuchsqualifizierung ist nur dann erfolgreich, wenn es ihr gelingt, qualitativ hochwertig und dabei flexibel genug zu sein, um sich den wandelnden Bedarfen auf dem Arbeitsmarkt anzupassen. Jedes zweite befragte Unternehmen wünscht sich hierfür mehr flexible Zusatzqualifikationen als Ergänzung der regulären Ausbildungsinhalte. Jedes dritte Unternehmen wünscht sich zudem einen modulareren Aufbau der dualen Ausbildung und sieht Bedarf bei der Überarbeitung bestehender Ausbildungsberufe. 

Jetzt sind Sie gefragt! 


Mit Bezug auf den Lernort Berufsschule sieht jedes zweite Unternehmen die Aufgabe der nächsten Berliner Koalition darin, die Berufsschulausstattung entlang der aktuellen Bedarfe zu modernisieren und die Voraussetzungen für eine moderne Unterrichtsvermittlung – digital und analog – sicherzustellen. Weitere Handlungsfelder sind eine bessere Themenabstimmung und die Einrichtung gemeinsamer Lern- und Kollaborationsplattformen (38 %) sowie eine regelmäßige fachliche Fortbildung von Berufsschullehrkräften (39 %). Jedes zweite Unternehmen wäre bereit, ihnen dafür einen Einblick in den eigenen Betriebsalltag zu geben.
Handlungsbedarfe zur Stärkung der Berufsschulen