IHK Berlin

Die Berliner Wirtschaft im Kontext Brexit

Der Brexit aus Sicht deutscher Unternehmen

Die aktuelle DIHK-IHK-BREXIT-Umfrage (Stand Februar 2019) verbildlicht die bundesweite Unternehmersicht auf den Brexit. Die bundesweite Umfrage ist mit Unterstützung von 79 Industrie-und Handelskammern (IHKs) in Deutschland erstellt worden. An der Befragung im Februar 2019 haben sich über 2.100 auslandsaktive Unternehmen mit Sitz in Deutschland beteiligt. Die Ergebnisse basierenauf den Antworten von rund 1.500 Unternehmen, die mit UK geschäftlich in Verbindung stehen.
Der nahende Brexit stellt eine große Herausforderung für die Handelsbeziehungen zwischen Großbritannien und der EU dar. Die negativen Effekte des Brexit-Votums belasten die Geschäfte der deutscher Unternehmen schon jetzt. Der deutsch-britische Handel ist seit der Brexit-Entscheidung rückläufig. Kurz vor dem Austritt Großbritanniens herrscht über die zukünftigen Handelsbeziehungen weiterhin Unklarheit. Dementsprechend verunsichert zeigt sich die deutsche Wirtschaft. Die Absichten für Investitionen vor Ort gehen zurück. Einige Betriebe planen bereits Investitionsverlagerungen von Großbritannien in andere Staaten -
vornehmlich in die Rest-EU.
  1. Der bevorstehende Brexit ist bereits jetzt eine Belastung für Unternehmen: 
  • Die Geschäftslage der Unternehmen hat sich erheblich verschlechtert. Nur noch jedes fünfte deutsche Unternehmen berichtet von guten Geschäften im Vereinigten Königreich.
  • Die Sorgen mit Blick auf die weitere Entwicklung sind groß: 70 Prozent der Unternehmen erwarten 2019 eine Verschlechterung ihrer Geschäfte mit Großbritannien.
  • Einige Unternehmen ziehen bereits Konsequenzen. Jedes 8. Unternehmen mit UK-Geschäft plant aktuell eine Verlagerung seiner Investitionen auf andere Märkte. Investitionsverlagerungen aus UK gehen größtenteils nach Deutschland und in andere EU-Länder. 
  1. Sorgen vor Zöllen und rechtlicher Unsicherheit groß:
  • Eine konkrete Vorbereitung im Unternehmen ist weiterhin nur begrenzt möglich. Für mehr als die Hälfte der Unternehmen sind die konkreten Auswirkungen des BREXIT weiterhin unklar.
  • Dreiviertel der Unternehmen sorgen sich vor zusätzlicher Zollbürokratie. Daneben bilden höhere Kosten für Zölle und Einfuhrsteuern sowie die rechtliche Unsicherheit die größten Risikofaktoren.
  • Insbesondere KMU stehen vor kostenintensiven Herausforderungen. Ein harter BREXIT würde zu Mehrbelastungen durch die zusätzliche Zollbürokratie sowie die Zahlung von Zöllen in Milliardenhöhe führen.
Der DIHK hat eine Brexit-Sonderseite eingerichtet, auf welcher u.a. der Brexit-Newsletter sowie Brexit-Sonderauswertungen der DIHK-IHK-Erhebungen einsehbar sind.

Die Berliner Wirtschaft vor dem BREXIT

Rund 200 Berliner Unternehmen haben sich an der im Sept. 2018 durchgeführten BREXIT-Umfrage der IHK Berlin beteiligt. Sie vermittelt ein ausdifferenziertes Meinungsbild aus der Hauptstadt-Wirtschaft wenige Monate vor dem BREXIT.
  1. Die Berliner Wirtschaftsbeziehungen mit UK sind primär auf den Handel ausgerichtet. Die fehlenden Erfahrungen im Handel mit Drittstaaten können neben Kostenbelastungen (Zölle u.Ä.) auch zu erheblichen Verzögerungen im Betriebsablauf führen.
  2. Die fehlende politische Umsetzung der Verhandlungsergebnisse sorgt nach wie vor für eine hohe Unsicherheit bei den Unternehmen. Die Gefahr steigt zunehmend, dass Unternehmen völlig unvorbereitet auf einen harten BREXIT (cliff edge) zusteuern. 64% der Befragten haben noch keine Vorkehrungen bezüglich des BREXIT getroffen.
  3. Im Zuge des BREXIT geplante Investitionsverlagerungen und Personalveränderungen werden sich aktuell nicht negativ auf den Standort BERLIN auswirken. Bislang haben nur 5% der Befragten Investitions- und Personalverlagerungen geplant oder vollzogen.

Berlins UK-Business trotz Brexit positiv

Großbritannien ist für Berlin traditionell ein wichtiger Handelspartner. Im Bereich Import liegt Großbritannien auf Platz 7, im Export dagegen sogar auf Platz 6 der Top-Märkte Berlins. 2018 betrug das gesamte Handelsvolumen über 1,2 Mrd. Euro. Die Handelsbilanz Berlins gegenüber Großbritannien ist seit der Finanzkrise auch im Jahr 2018 weiterhin positiv.
Entwicklung der Exporte:
  • In den letzten 10 Jahren ist die Nachfrage nach Berliner Waren beinahe beständig gestiegen (Ausnahme Zeitraum d. Finanzkrise 08/09). Das durchschnittliche Wachstum der Exporte der letzten 5 Jahre betrug ungefähr 5,5%. 2018 war das Wachstum mit 9,8% gegenüber 11,9% im Vorjahr etwas geringer. Dennoch ist der Trend hier weiterhin positiv.
  • Die Warenexporte 2018 beinhalteten einen Warenwert von ca. 710 Mio. Euro und machten somit knapp 4,9% der gesamten Berliner Exporte aus.
Entwicklung der Warenimporte:
  • Auch die Warenimporte entwickelten sich seit der Finanzkrise wieder positiv und sind von 2012 bis 2016 (Brexit-Referendum) um mehr als 50% gestiegen (Vgl. 2012: 363 Mio. Euro Warenimportwert und 2016: 571 Mio. Euro Warenimportwert). Bereits 2017 wurde ein Rückgang der Importe im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen. Damals waren es 7%. Zwar waren die Importe auch im Jahr 2018 immer noch rückläufig, betrugen aber weniger als 1% im Vergleich zum Vorjahr. Entsprechend kann aus volkswirtschaftlicher Sicht keinesfalls von einem negativen Trend ausgegangen werden. Die „Tendenz“ ist hier jedoch negativ.
  • Die Warenimporte erreichten 2018 einen Wert von insgesamt ca. 522 Mio. Euro und machten ihrerseits ungefähr 3,7% der gesamten Berliner Importe aus.
Warengruppen 2018
Exporte:
  • Die dominante Warengruppe im Export ist (traditionell) die, der Nahrungs- und Futtermittel. Diese machte 2018 ca. 23% der gesamten Exporte aus und besaß ein Volumen von über 164 Mio. Euro.
  • Maschinen besetzten 2018 den 2. Platz mit einem Anteil von knapp 12% der Exporte Berlins nach Großbritannien. Damit besaß diese Warengruppe ein Exportvolumen von 83 Mio. Euro.
  • Tabakerzeugnisse besetzten den 3. Platz und machten mit einem Exportvolumen von rund 81 Mio. Euro gut 11,4% der Exporte aus.
  • Sonstige Fahrzeuge, die in der Vergangenheit traditionell den 2. Platz besetzten, landeten 2018 mit einem Anteil von knapp über 11,3% der Berliner Exporte nach Großbritannien lediglich auf Platz 4. Absolut ausgedrückt betrug das Exportvolumen der Warengruppe „Sonstige Fahrzeuge“ ca. 80 Mio. Euro.
  • Auf dem 5. Platz befinden sich Sonstige Waren. Sie machen mit 71 Mio. Euro Exportvolumen ca. 10% am gesamten Export aus.
  • Datenverarbeitungsgeräte/Optik und Elektrik befinden sich auf dem 6.Platz. Sie machen knapp 9% der Exporte aus. Das Exportvolumen für diese Warengruppe lag bei knapp 64 Mio. Euro.
  • Chemische Erzeugnisse (7% = 48 Mio. Euro)

Importe:
  • Leder und Lederwaren sind wie im Vorjahr auch 2018 TOP 1 der importierten Warengruppen. Mit einem Warenwert von ca. 109 Mio. Euro und einem Anteil von 21% an den Berliner Importen aus UK, Anteil nochmals gestiegen.
  • Waren 2017 noch Maschinen auf dem 2. Platz, sind es 2018 mit einem Anteil von knapp 16% Sonstige Waren. In absoluten Zahlen wurden Sonstige Waren im Wert von 83 Mio. Euro importiert.
  • Entsprechend rutschten Maschinen 2018 auf den 3. Platz der aus UK importierten Waren. Mit einem Importvolumen von 67 Mio. Euro machten sie knapp 13% an der Gesamtheit importierter Waren aus.
  • Auf dem 4. Platz befindet sich die Warengruppe Bekleidung. Diese hatte einen Warenwert von ca. 46 Mio. Euro und hat damit 8,9% der Berliner Importe ausgemacht.
  • Datenverarbeitungsgeräte/ Elektronik und Optik machten 2018 mit einem Warenwert von ca. 37 Mio. Euro einen Anteil von ca. 7,1% aus. Damit belegte diese Warengruppe den 5. Platz.
  • Auf Platz 6 befinden sich Kraftwagen und Kraftwagenteile mit 33,6 Mio. Euro Warenwert und 6,4% Anteil an den Gesamtimporten.
  • Chemische Erzeugnisse (6,3% = 33 Mio. Euro)

Ausblick und Prognose für das Jahr 2019 - Export

  • Mit Stand Oktober 2019 ist zu erwarten, dass Nahrungs- und Futtermittel weiterhin TOP-Exportgut sein werden. Bis Oktober 2019 konnte die Warengruppe bereits einen Warenwert von 227 Mio. Euro erzielen.
  • Sonstige Waren werden voraussichtlich Platz 2 einnehmen und damit im Vergleich zu 2018 einen Aufschwung erleben. 131 Mio. Euro Warenwert erzielte die Warengruppe bis Oktober 2019 insgesamt.
  • Auf Platz 3 schließen sich Sonstige Fahrzeuge mit einem Warenexportwert von ca. 128 Mio. Euro an.
  • Bis Oktober 2019 wurden mit Datenverarbeitungsgeräte/Elektronik und Optik ein Exportwert von über 933 Mio. Euro erzielt. Diese Warengruppe besetzt Platz 4.
  • Chemische Erzeugnisse scheinen 2019 wieder an Bedeutung zu gewinnen und landen bis Oktober 2019 auf Platz 5 mit einem Warenwert von 87,6 Mio. Euro.
  • Auch Pharmazeutische und ähnliche Erzeugnisse werden voraussichtlich an Bedeutung gewinnen. Sie belegen mit Wert von knapp 75 Mio. Euro 2019 wahrscheinlich den 6. Platz.
  • TOP2-Exportgut 2018, Maschinen, besetzten 2019 voraussichtlich einen der hinteren Ränge. Im Oktober 2019 waren sie nur auf Platz 7 mit einem Warenwert von knapp 54 Mio. Euro.

Ausblick und Prognose für das Jahr 2019 - Import

  • Mit Stand Oktober 2019 wird es voraussichtlich auch Veränderungen im Ranking der Importgüter aus UK geben. Besetzten 2018 noch Leder und Lederwaren den 1. Platz, sind es 2019 voraussichtlich Sonstige Waren mit einem Warenwert von 60,6 Mio. Euro.
  • Platz 2 belegen Maschinen mit einem Warenimportwert von knapp 59 Mio. Euro und rücken damit einen Platz im Vergleich zum Vorjahr auf.
  • Das TOP-Importgut 2018, Leder und Lederwaren, sinkt auf Platz 3. Hier beläuft sich der Warenwert einschließlich Oktober 2019 auf 48,5 Mio. Euro.
  • Platz 4 nimmt wie im Vorjahr voraussichtlich auch wieder die Warengruppe Bekleidung ein. Bislang erzielte diese einen Warenimportwert von 42 Mio. Euro im Jahr 2019.
  • 2019 werden Chemische Erzeugnisse Stand Oktober 2019 wieder im die TOP 5 der Importgüter aus UK aufsteigen. So erreichte die Warengruppe bislang einen Warenwert von knapp 27 Mio. Euro.
Knapp dahinter liegen im Oktober 2019 Datenverarbeitungsgeräte/Elektronik und Optik mit einem Warenimportwert von 26 Mio. Euro und liegen damit auf Platz 6.

Brexit-Preparedness der Berliner Wirtschaft

Das DIHK-IHK-Netzwerk hat für Unternehmen eine Brexit-Checkliste (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 250 KB) erarbeitet. Diese soll Unternehmen bei der Identifizierung möglicher Betroffenheit unterstützen und in Form einer Checkliste aufzeigen, wo Anpassungsbedarf besteht. Unter anderem werden folgende Aspekte behandelt: Warenverkehr, Steuern, Gesellschafts- und Vertragsrecht, gewerbliche Schutzrechte und Zertifizierungen. 

Die EU-Kommission veröffentlich auf der Brexit-Preparedness-Website regelmäßige „Preparedness notices to stakeholders“ zur potentiellen Brexit-Betroffenheit einzelner Branchen/Wirtschaftssektoren, u.a. zu den Zoll- und Handelsaspekten.

IHK-Aktivitäten mit Bezug zum Brexit

  • Gesamtinteressensvertretung der Berliner Wirtschaft mit Bezug auf Brexit gegenüber der Politik und Verwaltung auf Land-, Bund- und EU-Ebene
  • Beratung der Mitgliedsunternehmen 
  • Enge Zusammenarbeit mit dem DIHK 
  • Durchführung von Brexit-Erhebungen gegenüber der betroffenen Berliner Wirtschaft  
  • Aufbereitung und Bereitstellung aktueller wirtschaftsrelevanter Brexit-Informationen 
  • Organisation von Brexit-Veranstaltungen
  • Beteiligung an bilateralen und multilateralen außenwirtschaftspolitischen Dialogforen