Branchen
Bio mit Biss
Es ist eine Berliner Erfolgsgeschichte, die ganz klein begann und zu einem regionalen Schwergewicht in der Branche (Top 3 bundesweit) wurde. Und diesmal geht es um kein Start-up und kein IT-Unternehmen, sondern um etwas so Klassisches wie Einzelhandel. Die Gründung der Bio Company vor 25 Jahren war nichts anderes als das, was man aktuell als Disruption bezeichnet, das Aufbrechen alter Geschäftsmodelle und Einführung neuer. Nicht zufällig datieren die Anfänge auf das Jahr 1999, als der sogenannte Neue Markt (auch New Economy) an Fahrt aufnahm. Aber anders als die Dotcom-Blase, die schon bald platzte, etablierte sich der Berliner Händler dauerhaft auf dem Markt.
Im Jahr 2023 knackte der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln in Deutschland erstmals die Schwelle von zehn Mrd. Euro, davon entfielen allerdings 30 Prozent auf die Discounter. Letzte Zahl verdeutlicht den grundlegenden Wandel der Branche: War der Handel mit biologisch hergestellten Lebensmitteln lange eine Nische für einige Überzeugte, so wuchs der Markt dank verändertem Kundenverhalten und mit neuen Playern rasant. Der (nachhaltige) Kuchen wurde nicht nur neu verteilt, sondern wurde mit den Jahren größer. Die Bio Company wurde trotz des Erfolgs aber kein DAX-Unternehmen. Es bleibt eher familiär, der Gründer Georg Kaiser wechselte 2021 in den Aufsichtsrat, und mit Daniela Feldt (Vorständin für Finanzen und Personal) und Nicole Korset-Ristic (Vorständin für Verkauf und Einkauf) bleibt die operative Geschäftsführung in vertrauten Händen.
„Kontinuität und eine familiäre Atmosphäre prägen uns. Seit unserer Gründung bewahren wir dieses Fundament für eine erfolgreiche und vertrauensvolle Zusammenarbeit“, unterstreicht Daniela Feldt.
Die Vorständinnen Nicole Korset-Ristic (l.) und Daniela Feldt mit dem Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2024.
© Bio Company/Helmut Biess
Wie bei jedem Start-up beruht der Erfolg auf Skalierung. Hat man ein Geschäftsmodell auf den Markt gebracht und erprobt (neudeutsch: Proof of Concept), folgt eine schnelle Wachstumsphase, in der das Prinzip vervielfältigt wird und Effizienzen gehoben werden. Nach diesem Modell ist aus einem Laden in der Wilmersdorfer Straße ein Netz von 60 Supermärkten geworden, hauptsächlich in der Hauptstadtregion. Je größer der Umsatz, desto besser die Verhandlungsposition im Einkauf, Marketing und bei Vermietern. Die Bio Company setzte von Anfang an auf eine langfristige Bindung von regionalen Produzenten, was sich auf einem umkämpften Markt bald bezahlbar machte. Und da der Kundenbedarf weiter wuchs, erweiterten sich auch das Sortiment und die Vielfalt. Viele Lieferanten der ersten Stunde sind mit dem Unternehmen gewachsen. Junge Unternehmen, heute „Food-Start-ups“, mit an Bord zu nehmen, zieht sich bis heute durch.
Nach 25 Jahren stellt sich die Frage nach dem „Wie weiter“. Bleibt es bei der Expansion im stationären Handel, werden Mitbewerber im Bio-Lebensmittelhandel übernommen, oder stehen nachhaltige Innovationen an? 2024 erreichte die Bio Company einen Meilenstein und erhielt den Deutschen Nachhaltigkeitspreis. Im Januar 2025 kündigte man die Ausweitung des firmeneigenen Lieferdienstes an – ein Thema, das schon die Handelsriesen wie Rewe vor große Herausforderungen stellte. „Auch in Zukunft stehen wir für gesunde, regionale Bio-Lebensmittel und nachhaltiges Wirtschaften. Wir werden den Berlinern und dem Umland weiterhin eine bewusste und genussvolle Ernährung nach ihrem Geschmack bieten“, so Nicole Korset-Ristic.
von Dr. Mateusz Hartwich