Agenda

Wachablösung bei der IHK

Positionspapiere, Arbeitsprogramm und der Wechsel in der Hauptgeschäftsführung bestimmten die Vollversammlungssitzung der IHK Berlin
Es war einer dieser Momente, wenn Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammenkommen, und das ist für eine Sitzung der Vollversammlung (VV) der IHK Berlin alles andere als alltäglich. Das „Parlament der Unternehmen“ hatte über eine Personalie zu entscheiden, über die nahe und ferne Zukunft und diskutierte leidenschaftlich über ein Thema aus dem Hier und Jetzt.
Dass IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder nach 22 Jahren an der Spitze der 340.000-Mitglieder-Organisation seinen Vertrag auslaufen lässt, war seit Anfang 2024 bekannt. Die Suche nach einem geeigneten Nachfolger oder einer geeigneten Nachfolgerin lief weitgehend geräusch-los ab, bis am Tag vor der offiziellen Bestellung durch die VV der Name der Kandidatin an die Medien durchsickerte. Die Überraschung im Saal hielt sich also in Grenzen, als Manja Schreiner, erfahrene Verbandsleiterin und zwischenzeitliche Berliner Verkehrssenatorin, gegen 16.45 Uhr als vom Präsidium bestimmte Anwärterin vorgestellt wurde.
Sie sei schon „etwas aufgeregt“, gestand die neue Hauptgeschäftsführerin, um anschließend ihren Lebensweg zu skizzieren. Dass die Entscheidung der Vollversammlung kein Selbstläufer wird, merkte man an der Diskussion, in der auch kritische Fragen nach ihrer Bilanz als Senatorin oder nach ihrer parteipolitischen Zugehörigkeit gestellt wurden. Das Ergebnis der Abstimmung fiel dann eindeutig aus, und Schreiner trat ihr Amt am 2. Januar 2025 an.

Gut gefüllte Tagesordnung

Die historische Dimension der Wachablösung an der Spitze der Hauptstadtkammer – die IHK bekommt nicht nur die erste Hauptgeschäftsführerin, sondern auch eine mit ostdeutscher Biografie – konnte in der Sitzung kaum ihre volle Wirkung entfalten, denn die Tagesordnung ließ keine Atempause zu. Mit der Verabschiedung des IHK-Arbeitsprogramms und des Haushalts für 2025 standen weitere zentrale Themen auf der Agenda, die des Austausches der Vollversammlungsmitglieder bedurften und letztlich jeweils mit überwältigender Mehrheit beschlossen wurden. Auch die längerfristige Perspektive stand auf dem Programm, denn das Ehrenamt und Hauptamt der Industrie- und Handelskammer erarbeitet in einem intensiven Prozess das Zukunftsbild „Weltmetropole 2035“.
Kontrovers wurde anschließend über das Positionspapier „Taxi und Mietwagen“ diskutiert. In der Branche haben sich seit der Entwicklung von Plattformen zur Bestellung von individuellen Personenfahrten per Handy immer wieder Wettbewerbsfragen ergeben. Der Berliner Senat will demnächst darüber entscheiden, ob die Einführung von Mindestentgelten im Berliner Mietwagenverkehr auf den Weg gebracht werden soll, wogegen sich das IHK-Positionspapier in der vorgelegten Fassung aussprach.
Die frisch gewählte Hauptgeschäftsführerin wurde in der kontrovers geführten Diskussion auf frühere Meinungsäußerungen als Verkehrssenatorin angesprochen und somit gewissermaßen von ihrer eigenen Vergangenheit eingeholt. Damals hatte sie sich offen für Mindestpreise gezeigt. Manja Schreiner bekräftigte, dass ein sauberer Wettbewerb aktuell nicht möglich sei, da Berlin es versäumt hatte, klare Rahmenbedingungen zu setzen. Mindestpreise seien in der Praxis schwierig, ergänzte sie, eine Klagewelle gegen die Regelung sei absehbar. In einer knappen Abstimmung entschied die Vollversammlung, das Positionspapier abzulehnen. Die IHK-Vollversammlung beschloss weitere Positionspapiere, etwa zur Nutzung von Biomasse oder zur Beschäftigung von Älteren, jedoch fielen die Diskussionen zu diesen Tagesordnungspunkten etwas verhaltener aus.
Ergebnisse
Die Positionspapiere und das Arbeitsprogramm 2025 finden sich unter diesem Link.

von Dr. Mateusz Hartwich