Fachkräfte
Matching mit Hürden
Viele Unternehmen suchen ohne Erfolg Arbeitskräfte. Trotz aktuell eingetrübter Konjunktur wird der Fachkräftemangel branchenübergreifend in den kommenden Jahren ein drängendes Problem für die Berliner Wirtschaft darstellen. Deshalb sollten keine Potenziale ungenutzt bleiben. Im September 2024 lebten in Berlin rund 141.000 Menschen im erwerbsfähigen Alter, die eine ukrainische beziehungsweise eine Staatsangehörigkeit der Top 8 Asylherkunftsländer hatten.
Die Jobmessen für Geflüchtete im Ludwig Erhard Haus, welche die IHK gemeinsam mit den Berliner Jobcentern und Arbeitsagenturen ausrichtet, verfolgen sowohl das Ziel, dem Arbeits- und Fachkräftemangel entgegenzuwirken, als auch den Geflüchteten berufliche Integration und persönliche Entwicklung zu ermöglichen. Doch wie gut funktioniert das Messeformat bisher, und wo liegen die Hürden aus Sicht der Unternehmen?
Die Jobmessen für Geflüchtete im Ludwig Erhard Haus bieten die Möglichkeit für wertvolle Erstkontakte.
© Ines Hasenau – IHK Berlin
Qualifizierungen schwer einzuschätzen
Eine Umfrage der IHK unter 50 Unternehmen, die in den letzten Jahren an den Jobmessen teilgenommen haben, zeigt, dass das Matching zwischen Betrieben und Geflüchteten in der Praxis an fehlenden Sprachkenntnissen, Motivation sowie Bewerbungsproblemen scheitert. Bei drei Viertel der teilnehmenden Unternehmen sind Bewerbungen eingegangen, wobei davon nur circa ein Drittel als gut empfunden worden ist. Jedes dritte Unternehmen vermeldet, dass die Bewerberinnen und Bewerber im Nachhinein das Interesse verloren hatten. Aufgrund von falschen Annahmen und Unkenntnissen im Bewerbungsprozess seitens der Geflüchteten entstehen oft Missverständnisse, die das Matching aus Sicht der Betriebe erschweren.
Mangelnde Sprachkenntnisse sind als das wesentliche Kriterium dargestellt worden, das eine erfolgreiche Arbeitsaufnahme verhindere. Der Großteil der Unternehmen (53 Prozent) sieht das Sprachniveau B1 (mittlere Kenntnisse) als Mindestanforderung. 17 Prozent würden eine Einstellung in Betracht ziehen, wenn die Sprachkenntnisse unter dem Niveau B1 liegen. Von den befragten Unternehmen hat jedes vierte infolge einer Jobmesse Personen mit Fluchthintergrund eingestellt. Mehr als die Hälfte aller Einstellungen erfolgten in einer Helfertätigkeit, während nur ein Viertel der Unternehmen eine Arbeitsstelle als Fachkraft anbieten konnte.
Eine Anstellung in einer Helfertätigkeit ist häufig die Konsequenz, wenn Unternehmen die Qualifizierung der Bewerbenden nicht richtig einschätzen können. Viele gut ausgebildete Geflüchtete wollen aber keine Tätigkeiten unter ihrem Qualifikationsniveau annehmen, was das Matching zusätzlich erschwert.
Austausch lohnt sich
Auf Messen kann man sich gut informieren, sich austauschen und vernetzen, ihrem Wirken sind jedoch Grenzen gesetzt. Deshalb bedarf es im Hinblick auf die geschilderten Erkenntnisse weiterhin gemeinsamer Anstrengungen aller Partnerinnen und Partner, um sowohl die Jobmessen für Geflüchtete weiterzuentwickeln als auch die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten insgesamt zu erhöhen.
Ein Blick in die Arbeitsmarktstatistik zeigt aber eine positive Entwicklung: So sind mit Stand Oktober 2024 in Berlin bei Angehörigen der Top 8 Asylherkunftsländer 43,3 Prozent mehr Abgänge aus der Arbeitslosigkeit in die Beschäftigung im Vergleich zum Vorjahresmonat zu verzeichnen, bei ukrainischen Staatsangehörigen sogar 155,3 Prozent.
von Julian Algner und Nicolai Constantin