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Kunst über den Mond hinaus

Auf den stationären Einzelhandel wirken viele Trends und Entwicklungen, gleichzeitig stehen die Berliner Einkaufsstraßen unter einem enormen Wandlungsdruck. Und mittendrin sind Einzelhändler, die sich im Wettbewerb erfolgreich behaupten und zeigen: Handel lebt.
Wenn man an Läden denkt, die der Krise trotzen und Geschäftsstraßen beleben, denkt man aber wohl nicht in erster Linie an Kunsthandel. Man tut auch Frieda Vogel von der Galerie Mond in der Bleibtreustraße in Charlottenburg kein Unrecht, wenn man feststellt, dass sie an sich kein Frequenzbringer für die beliebte Charlottenburger Kiezstraße ist. Manchmal kommt es auch nicht darauf an, dass Massen von Einkaufswilligen die Läden füllen, sondern es geht vielmehr um ein durchdachtes Konzept, das als Inspiration für andere Händlerinnen und Händler dienen kann.
Seit 2017 betreibt Vogel ihre Galerie für zeitgenössische Kunst auf gut 100 Quadratmetern. Enge Verbindungen zu privaten und öffentlichen Sammlungen sowie zu Museen im In- und Ausland machen sie zu einer erfolgreichen Größe im internationalen Kunsthandel, und so ruft sie 2019 das sogenannte Kabinett als Teilausstellungsfläche ihrer Galerieräume ins Leben. Hier stellt sie unter anderem Arbeiten von A. R. Penck, Andy Warhol, Jörg Immendorff, Georg Baselitz, Keith Haring, Banksy und Markus Lüpertz aus.
„Kunst, Mode und Ästhetik waren für mich schon immer ein perfekter Dreiklang“, sagt Vogel. Nach erfolgreichen Jahren mit einem Premium-Taschenlabel hat die Galeristin sich vor einigen Jahren ihrem Herzensprojekt Galerie Mond gewidmet. Ihr Netzwerk in der Kunstszene sei ein entscheidender Wettbewerbsvorteil, meint Vogel. Vernetzung in die Nachbarschaft ist ihr jedoch genauso wichtig, und deswegen rief sie im Frühjahr 2024 die BAF – die „Bleibtreu Art Fair“ – ins Leben. Das Ziel sei, Menschen für Kunst und Kultur zu begeistern, sie auf die Bleibtreustraße aufmerksam zu machen und damit insgesamt mehr Publikum auf die Straße zu bringen.
„Ich konnte meine Nachbarn für das BAF-Projekt begeistern. Bei vielen Einzelhändlern und Gastronomen wurden ausgewählte Kunstobjekte ausgestellt, ich entwarf einen BAF-Spaziergang, druckte Flyer und bespielte dank Sponsoren die digitalen Schaukästen auf dem Ku’damm und den großen Screen gegenüber dem Kranzler.“ Das hätte erstaunliche Wirkung gezeigt, so Vogel. „Die Bleibtreustraße war während der BAF sehr gut besucht, die Gewerbetreibenden machten gute Umsätze.“
Das Beispiel zeigt: Selbst wenn man keine bekannte Marke vertritt oder große Marketingbudgets vorweisen kann, ist mit viel Eigen-initiative einiges möglich. Und ganz wichtig sei, so Vogel, immer das persönliche Gespräch zu suchen. „Das ist effizienter und nachhaltiger als digitale Kommunikation.“
von Simone Blömer und Michael Ray Albrecht