Branche

Hidden Pizza-Champion

Täglich kaufen vor allem in Europa und Nordamerika Millionen Menschen Pizzen und Tiefkühlpizzen in jeglicher Form und Vielfalt. Egal, in welchem Supermarkt oder Shop die Produkte über die Ladentheke gehen, oftmals ist die Freiberger Gruppe der Produzent. Auf einigen Verpackungen ist das im Kleingedruckten zu lesen, auf anderen nicht. Und so wundert es kaum, dass die hundertprozentige Tochter der Südzucker AG im wahrsten Sinne des Wortes für viele Konsumenten ein Hidden Champion ist. Dabei gehört die Freiberger Gruppe, deren Stammwerk sich seit 1985 im Märkischen Viertel in Berlin-Reinickendorf befindet, zu den Marktführern der Pizzabranche. Bei den tiefgekühlten Produkten nimmt das Unternehmen sogar die europäische Spitzenposition ein. „Weltweit haben wir an zwölf Standorten rund 3.750 Mitarbeitende, allein in Berlin sind es 675 Beschäftigte“, berichtet Uta Kisser, Leiterin Corporate Communication. „An einem Tag werden von uns global 4,5 Millionen Produkte – darunter vor allem Pizzen aller Art, Snacks, Pasta, Fertiggerichte und Back-Shop-Artikel – ausgeliefert. Es gibt 200 Kunden in 36 Ländern – darunter befinden sich im Prinzip jeweils alle großen Handelsketten vor Ort.“
Dass Freiberger bei den Konsumenten relativ unbekannt ist, ist ein Stück weit auch auf die Unternehmensphilosophie zurückzuführen. „Wir produzieren Handelsmarken, verstehen uns als Dienstleister und gehen daher möglichst auf alle Kundenwünsche ein“, betont Uta Kisser. Dies sei auch ein Grund dafür, dass es circa 1.300 Rezepturen gebe, je nach Vorgaben der Auftraggeber. Ob Freiberger als Produzent auf den Verpackungen stehe oder nicht, sei nicht so wichtig. Dennoch wolle und müsse Freiberger an seinem öffentlichen Image arbeiten und seine Arbeitgebermarke weiter entwickeln, um noch attraktiver zu sein. Denn angesichts des allgemeinen Fach- und Arbeitskräftemangels werde es immer wichtiger, sich gut sichtbar auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren. „Unser Ziel ist es, als Top-Arbeitgeber wahrgenommen zu werden“, so Kisser.

Ein ganzes Bündel an Maßnahmen

„Nicht so sehr in anderen Ländern, aber insbesondere in Deutschland müssen wir schauen, dass wir ausreichend Fachkräfte und betrieblichen Nachwuchs an uns binden können“, erklärt Janine Prévoteau, Teamleiterin Recruiting & Employer Branding. Freiberger sei trotz vieler attraktiver Konditionen als Arbeitgeber für die Öffentlichkeit eine Art „Black Box“. Dabei setze das Unternehmen auf ein ganzes Bündel von Maßnahmen. Dazu gehörten die Teilnahme an Festen der Gesobau im Märkischen Viertel sowie an Berufs- und Ausbildungsmessen ebenso wie Angebote der Mitarbeiterbindung wie zum Beispiel flexible Arbeitszeiten, gegebenenfalls mobiles Arbeiten von zu Hause, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Prämien, Jobrad oder Personalverkäufe von Tiefkühlpizzen für „kleines Geld“.
Darüber hinaus gibt es verstärkte Anstrengungen im Ausbildungsbereich. So strebt Freiberger eine Kooperation mit der Gemeinschaftsschule Campus Hannah Höch im Märkischen Viertel an, um betrieblichen Nachwuchs zu gewinnen. Das Engagement könne Info-­Elternabende, ­Schulfeste und Veranstaltungen zur Berufsorientierung umfassen, wie Prévoteau ankündigt. Hinzu kämen Aktivitäten auf Ausbildungsmessen und Angebote für Quereinsteiger. „Am Standort Berlin haben wir gegenwärtig 30 junge Leute in der Ausbildung“, so die Teamleiterin. Sie bekämen die Gelegenheit, mehrere Abteilungen zu durchlaufen und so den gesamten Betrieb kennenzulernen. Und das Beste sei, dass die Azubis gute berufliche Perspektiven hätten, denn im Durchschnitt würden 90 Prozent der Auszubildenden übernommen. Trotzdem: „Es gibt noch Luft nach oben“, meint Prévoteau.
Wie etliche andere Unternehmen in Berlin schaut sich Freiberger aber inzwischen auch im Ausland nach geeigneten Fachkräften um. „Wir haben dabei Kolumbien im Fokus“, berichtet ­Prévoteau. Mit Unterstützung der Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit will das Unternehmen zehn Elektroniker nach Deutschland holen. Der hiesige Arbeitsmarkt sei leer gefegt. „Wir sind uns dabei unserer sozialen Verantwortung bei diesem Recruiting durchaus bewusst“, betont Prévoteau. Denn diese Fachkräfte nach Berlin zu holen, sei die eine Seite. Sie in die deutsche Gesellschaft zu integrieren und ihnen zum Beispiel Wohnraum zur Verfügung zu stellen, die andere. „Es hat schon Fälle gegeben, dass wir Neueinstellungen aus anderen Bundesländern wegen des Mangels an bezahlbarem Wohnraum in Berlin verloren haben“, so die Teamleiterin.
von Holger Lunau