Agenda

Berlin kann KI

Berlin kann KI – und wie! Das flimmerte nicht nur über die neonfarbenen Monitore im Ludwig Erhard Haus, sondern wurde vor allem dank der über 50 ­Speakerinnen und Speaker sowie den 20 teils interaktiven Ausstellungsständen sicht- und greifbar. Mehr als 700 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft waren am 6. November zusammengekommen, um das große Potenzial des KI-Standorts aufzuzeigen. Auch der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner, zeigte sich in seiner Keynote begeistert von der großen KI-Expertise, die die Stadt in Wirtschaft und Wissenschaft schon heute beheimatet, sowie von den zahlreichen Start-ups und Forschungsprojekten, die KI-Innovationen „made in Berlin“ beim Zukunftsforum in der IHK Berlin präsentierten.
Mit einem Augenzwinkern gen München betonte Kai Wegner, es könne kein Zweifel daran bestehen, dass Berlin die KI- und Start-up-Hauptstadt in Deutschland sei. Diese Einschätzung ist gewiss nicht unbegründet, denn Berlin ist laut einer aktuellen Studie auch 2024 mit großem Abstand die Stadt mit den meisten KI-Start-ups in Deutschland. Dazu kommen diverse Forschungsinstitute und Hochschulen, die hier zu ganz unterschiedlichen KI-Themen arbeiten: von „Explainable AI“ über die KI-gestützte Auswertung von Satellitenbildern bis hin zu Gehirnsimulationen zur Diagnose und Therapie von Hirnerkrankungen. Zu Letzterem forscht Prof. Dr. Petra Ritter am Berlin Institute of Health der Charité und koordiniert dazu das mit 60 Mio. Euro geförderte EU-Projekt TEF-Health, in dem über 50 Partner aus ganz Europa innovative Ansätze aus KI und Robotik im Gesundheitswesen schneller zur Marktreife bringen wollen.
Auf seinem Rundgang durch den Ausstellungsbereich des Zukunftsforums konnte der Regierende Bürgermeister dann auch einige dieser KI-Innovationen besichtigen, darunter einen autonomen Lieferroboter, dessen KI-Steuerung bereits in einem Pilotprojekt für selbstfahrende Busse entlang der Straße des 17. Juni zum Einsatz kommt, sowie verschiedene Start-ups aus dem landes- und bundesgeförderten K.I.E.Z. Das von Laura Möller geleitete K.I.E.Z. hat seit 2021 über 100 KI-Teams dabei unterstützt, aus Ideen und Forschungsprojekten Start-ups zu schaffen.
Gleichzeitig mahnte Kai Wegner, dass man sich trotz der Führungsrolle und des großen KI-Potenzials in Berlin nicht zurücklehnen dürfe, denn „Stillstand ist Rückschritt“. Berlin hat beim Thema künstliche Intelligenz beste Voraussetzungen, kann nachhaltigen Wohlstand und Wachstum für den Standort generieren, hat zugleich aber auch weiterhin Luft nach oben – damit ließen sich viele der Vorträge und Panels vor der bunt leuchtenden LED-Wand auf der Hauptbühne zusammenfassen.
Dieser Bestandsaufnahme folgten jedoch rasch Apelle und Ideen, wie Berlin im internationalen Wettbewerb noch attraktiver für Investitionen und KI-Talente werden kann. Sowohl IHK-Präsident Sebastian Stietzel als auch die beiden Co-Direktoren des Berlin Institute for the Foundations of Learning and Data (BIFOLD), Prof. Dr. Volker Markl und Prof. Dr. Klaus-Robert Müller, waren sich bei ihrer Kernbotschaft einig: In Berlin müssen die cleveren Köpfe noch besser und häufiger zusammengebracht werden, damit sich das herausragende KI-Ökosystem in Berlin noch mehr als ein Netzwerk von starken Partne- rinnen und Partnern begreift. Das Zukunftsforum war dafür ein erster Startschuss.

Großes Interesse an ChatGPT

Natürlich wurde in dem ganztägigen Programm nicht nur abstrakt über den KI-Standort gesprochen, sondern den Gästen vor allem auch die Möglichkeit geboten, sich über konkrete KI-Anwendungsfelder im Unternehmenskontext zu informieren. Dass dabei insbesondere die neuen Lösungen durch sogenannte „Generative KI“ wie etwa ChatGPT auf riesiges Interesse in der Unternehmerschaft stoßen, zeigten die vollen Sitzreihen bei den Vorträgen von Prof. Christina Kratsch und Prof. Stefan Wittenberg von der KI-Werkstatt der HTW Berlin sowie von dem Berliner KI-Start-up Langdock zu KI-Implementierung und KI-Assistenten im Mittelstand.
Doch genauso deutlich wurde durch die vielseitigen Vorträge auf den drei Bühnen, dass sich KI-Tools nicht allein auf Text- und Bildgenerierung beschränken. Egal ob KI-Unterstützung bei der Lieferantensuche, bei Produktklassifizierungen und Zollpapieren, für mehr Ressourceneffizienz, smartes Heizungsmanagement oder bei der Optimierung von Produktions- und Fertigungsabläufen – auf dem Zukunftsforum präsentierten Berliner Start-ups die ganze Bandbreite von dem, was durch KI bereits jetzt möglich ist und wie diese Technologie den Geschäfts- und Arbeitsalltag vereinfachen und prägen wird. Bei dieser schnelllebigen wie tiefgreifenden Entwicklung wird Berlin mit all seiner Innovationskraft und Expertise aktiv mitgestalten können. Das hat das Zukunftsforum eindrucksvoll bewiesen.
von Henrik Holst