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Lieferzonen mitdenken

Ein bisher einmaliges IHK-Pilotprojekt für gerechte Straßenraum-Planung ist abgeschlossen und soll den Bezirken als Baustein für die Detailplanung dienen.
Alle Berliner Hauptverkehrsstraßen werden bis 2030 umgebaut. So schreibt es das Mobilitätsgesetz vor. Breite Radstreifen sollen die Straßen umwelt- und stadtverträglicher machen. Aber wo bleibt dann der Wirtschaftsverkehr? In der Berliner Straße/Grunewaldstraße in Schöneberg und Wilmersdorf haben die Umbauplanungen begonnen. Dafür hat die IHK Berlin in Kooperation mit der Senatsumweltverwaltung, dem Bundesverband Paket und Expresslogistik sowie der Fuhrgewerbe-Innung ein bisher einmaliges Pilotprojekt umgesetzt. Die Lieferbedarfe der ansässigen Unternehmen wurden genau untersucht und konkrete Empfehlungen für die Einrichtung von Lieferzonen abgeleitet.
Die Kooperationspartner haben den rund 2,3 Kilometer langen Straßenzug unter anderem mit einer Unternehmensbefragung analysiert. Abgefragt wurden die Anforderungen an Lade- und Lieferdauer, Häufigkeit, Umfang, Fahrzeugart, Tageszeit und Ausweichmöglichkeiten. Die Befragung ergab, dass rund 90 Prozent der Unternehmen auf Lieferzonen im öffentlichen Straßenland angewiesen sind. Wegen fehlender oder zugeparkter Lieferzonen wird heute oft aus der zweiten Reihe geliefert. Warenlieferungen erfolgen hauptsächlich vormittags per Pkw, Kleintransporter oder leichtem Lkw. Den Einsatz von Lastenrädern sehen die Befragten grundsätzlich positiv, halten einen vollständigen Wechsel zur Belieferung mit dem Rad für nicht umsetzbar. Entscheidend ist, dass Lieferflächen konsequent vor Fremdnutzung geschützt werden.
Die Kooperationspartner empfehlen, bei einer Neuaufteilung der Fahrstreifen die fünf im Straßenzug vorhandenen Lieferzonen deutlich zu erweitern und zwischen jeder Kreuzung und in jede Fahrtrichtung eine Lieferzone zu errichten. Die Empfehlungen der Studie erfolgten ausschließlich aus dem Blickwinkel der gewerblichen Bedarfe. Sie sollen den zuständigen Bezirken nun als Baustein für ihre Detailplanung im Abwägungsprozess dienen.
Ziel ist nun, die Methodik des Pilotprojektes bei den Umbauplanungen von weiteren Straßen anzuwenden. Zudem wird die IHK ihre Erkenntnisse in die Erarbeitung eines Leitfadens für Lieferverkehre der Senatsverkehrsverwaltung einbringen. Denn die Prozesse zur Neuaufteilung des Straßenraums unterstreichen die bestehende hohe Flächen- und Nutzungskonkurrenz in Berliner Straßen. Sie bietet aber auch die Chance, entsprechende Flächen für das Liefern und Laden direkt mitzudenken.
von Wendy Brandt und Dr. Lutz Kaden