BW 11/2021 - SERVICE

Neue Pflichten für Verkäufer

Verbraucherfreundlichkeit bestimmt die Änderungen im Kaufrecht ab 1. Januar 2022: Gewährleistung wird ausgeweitet, neu sind Aktualisierungsregeln
Beim Verkauf von Waren an Verbraucher müssen Händler ab Januar nächsten Jahres zahlreiche Änderungen durch ein verschärftes verbraucherfreundliches Gewährleistungsrecht und neue Aktualisierungspflichten bei Produkten mit digitalen Elementen beachten. Zudem müssen Anbieter von kostenlosen Online-Diensten zukünftig die deutschen Verbraucherschutzvorschriften umsetzen.
Eine wesentliche Änderung betrifft den Sachmangelbegriff in § 434 BGB. Ein Produkt ist zukünftig nur dann frei von Sachmängeln, wenn es den subjektiven und objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen entspricht.
Gänzlich neu ist eine Aktualisierungspflicht des Verkäufers für Tablets, E-Bikes, Smartwatches, Saugroboter, Waschmaschinen und sonstige Produkte mit digitalen Komponenten. Dabei schuldet der Verkäufer alle Aktualisierungen, die zum Erhalt der Vertragsmäßigkeit der Sache notwendig sind, und muss den Verbraucher darüber informieren. Jenseits von funktionserhaltenden Aktualisierungen ist der Unternehmer aber nicht dazu verpflichtet, verbesserte Versionen der digitalen Komponenten bereitzustellen. Um dies sicherzustellen, ist eine Rücksprache mit den Herstellern empfehlenswert.
Verkäufer müssen künftig nicht mehr nur in den ersten sechs Monaten, sondern zwölf Monate nach Übergabe der Kaufsache beweisen, dass diese mangelfrei war. Spätestens bis zum Zeitpunkt der Lieferung muss der Kunde auf sämtliche Verbraucherrechte hingewiesen werden. Bei Gebraucht- und B-Ware sind negative Beschaffenheitsvereinbarungen nur noch möglich, wenn dies gesondert vertraglich festgehalten wird. Bei Rücktritt und Minderung ist keine aktive Fristsetzung des Verbrauchers mehr nötig. Die rein formale Unterrichtung des Verkäufers und der Umstand, dass dieser dann nicht in einer angemessenen Frist nacherfüllt, reichen aus. Zeigt sich ein Mangel innerhalb der regulären Gewährleistungsfrist, so tritt Verjährung erst vier Monate nach dem Zeitpunkt ein, zu dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat. Bei einer Nacherfüllung tritt die Verjährung erst nach Ablauf von zwei Monaten ein, nachdem die nachgebesserte beziehungsweise ersetzte Ware dem Verbraucher übergeben wurde. Sofern eine mangelhafte Ware ersetzt wird, ist diese nun zurückzunehmen.
Völlig neu ist zudem, dass die Überlassung von personenbezogenen Daten für kostenlose Online- Dienste mit einer Geldzahlung gleichgestellt wird. Ausgenommen davon sind Verbraucherdaten, die zwingend sind zum Erhalt des digitalen Angebots, zum Beispiel die E-Mail-Adresse, oder die zur Erfüllung steuerrechtlicher Anforderungen des Unternehmers notwendig sind.
Durch die Neuerung gelten somit alle oben genannten Verbraucherschutzregeln auch in diesen Konstellationen. Die zweijährige Verjährungsfrist beginnt auch hier mit Bereitstellung des Produkts; bei dauerhafter Bereitstellung verjähren Ansprüche nicht vor Ablauf von zwölf Monaten nach Ende des Bereitstellungszeitraums. Der Händler muss die Verbraucher informieren, welche konkreten Daten erhoben werden und was deren Nutzung ist. Eine aktive Aufforderung zur Einwilligung ist erforderlich.
Die bis zum Jahresende verbleibende Zeit sollten Händler nutzen, die AGB, die Garantieerklärungen, die Widerrufsbelehrung und Leistungsprozesse zu prüfen und gegebenenfalls anzupassen.

von Christina Gutberlet