BW 03/2021 – Service

Quo vadis Insolvenz light?

Gerät ein Unternehmer in wirtschaftliche Schwierigkeiten, sollte er prüfen, ob die Einleitung eines Insolvenzverfahrens notwendig oder sinnvoll ist. Diese Entscheidung kann auch auf freiwilliger Basis getroffen werden, nicht immer ist die Insolvenz die schlechteste Lösung für das Unternehmen.

Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung

Entscheidend ist zunächst die Rechtsform, in der der Unternehmer tätig ist. Einzelunternehmer haben keine Insolvenzantragspflicht. Der alleinige Insolvenzgrund ist die Zahlungsunfähigkeit, d. h. wenn innerhalb von drei Wochen nicht mindestens 90 Prozent der fälligen Schulden bezahlt werden können.
Insolvenzantragspflichtig sind CEOs juristischer Personen (zum Beispiel GmbH, AG) oder von Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist (zum Beispiel bei einer GmbH & Co. KG). In diesen Fällen muss innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzantrag gestellt werden, um straf- und haftungsrechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
Neben der Zahlungsunfähigkeit ist hier auch die Überschuldung relevant – der Antrag muss spätestens sechs Wochen nach deren Eintritt gestellt werden. Überschuldung bedeutet, dass das Vermögen die Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Die Antragspflicht ist dann nicht gegeben, wenn eine positive Fortführungsprognose besteht. Diese setzt ein tragfähiges Konzept voraus, wonach der Betrieb für die kommenden zwölf Monate prognostisch nicht zahlungsunfähig wird.
Neben den genannten Insolvenzgründen kann auch die drohende Zahlungsunfähigkeit zum Anlass für einen eigenen Insolvenzantrag genommen werden; verpflichtend ist dies aber in keinem Fall.

Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

Aufgrund von Corona war beziehungsweise ist die gesetzliche Insolvenzantragspflicht zeitweise ganz oder teilweise durch das Covid-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG) ausgesetzt. Zunächst galt die Aussetzung der Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages bis zum 30. September 2020, sowohl für Zahlungsunfähigkeit als auch für Überschuldung, sofern die Krise pandemiebedingt war. Grundsätzlich bestand ab dem 1. Oktober 2020 wieder die Insolvenzantragspflicht – bezogen auf den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit.
Nachdem die zweite Welle der Pandemie für einen starken Anstieg der Infektionszahlen sorgte, wurden durch den Bund-Länder-Beschluss vom 28. Oktober 2020 erneut Einschränkungen des persönlichen und wirtschaftlichen Lebens beschlossen. Diese hatten und haben wiederum Potenzial, an sich gesunde Unternehmen in die Krise zu stürzen.

Antragspflicht bis 30. April ausgesetzt

Um dem entgegenzutreten, wurden die November- und Dezemberhilfen in Aussicht gestellt. Flankierend wurde nunmehr erneut das COVInsAG angepasst, sodass bis 30. April 2021 die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages nun auch wieder für den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit ausgesetzt ist. Das gilt unter folgenden folgenden Bedingungen: wenn die Zahlungsunfähigkeit pandemiebedingt eingetreten ist, ein Antrag auf die Hilfen gestellt wurde oder noch gestellt werden kann und dieser zumindest nicht offensichtlich aussichtslos sowie der erlangbare Hilfebetrag tatsächlich ausreichend ist, um die Insolvenzreife zu beseitigen. Bei Vorliegen der Überschuldung ist für die positive Fortführungsprognose die Betrachtung eines Zeitraumes von vier Monaten ausreichend, in denen keine Zahlungsunfähigkeit eintreten darf, sofern die Überschuldung auf die Covid-19-Pandemie zurückzuführen ist.

Förderliche Effekte eines Insolvenzverfahrens

Selbst wenn eine Antragspflicht nicht besteht, kann eine freiwillige Entscheidung für ein Insolvenzverfahren sinnvoll sein, da für erfahrene Insolvenzverwalter der Sanierungsgedanke oberste Priorität hat und das Gesetz eine Vielzahl von Sanierungsinstrumenten zur Verfügung stellt. Folgende Sanierungseffekte greifen unter anderem bei einem Insolvenzverfahren: Erhalt von Insolvenzgeld, Beendigung belastender Vertragsbeziehungen, Befreiung von Altverbindlichkeiten (auch aus Corona-Hilfen). Hinzu kommt bei Einzelunternehmern, dass bei einem Eigenantrag auch für den Fall des Misslingens einer Sanierung die sogenannte Restschuldbefreiung nach drei Jahren in Anspruch genommen werden kann, sodass in jedem Fall eine Bereinigung der privaten wirtschaftlichen Verhältnisse erreicht wird, wenn alle Pflichten und Obliegenheiten im Verfahren erfüllt sind.
Hier muss jedoch berücksichtigt werden, dass bei Einzelunternehmern das gesamte geschäftliche und private Vermögen durch das Insolvenzverfahren erfasst wird. Erfasst wird auch möglicherweise eine gebildete Altersvorsorge. Allerdings gibt es auch hier Möglichkeiten, die Altersabsicherung insolvenzsicher zu gestalten.

StaRUG: präventiver Restrukturierungsrahmen

Der präventive Restrukturierungsrahmen ermöglicht die Durchsetzung von Sanierungen gegen den Widerstand von Gläubigerminderheiten und die Vermeidung eines Insolvenzverfahrens. Die Durchführung einer außergerichtlichen Sanierung aufgrund des StaRUG (Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen) setzt voraus, dass keine Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist und ein Restrukturierungskonzept vorliegt, bevor das Verfahren eingeleitet wird.
von Knut Rebholz und Tino Schweizer