BW 06/2021 – Schwerpunkt | Interview

„Für uns hat Ausbildung einen hohen Stellenwert“

Die Schmidt-Elsner GmbH ist vor sieben Jahren wieder in die Ausbildung eingestiegen. Wer die Möglichkeit dazu hat, sollte jungen Menschen auch eine Lehre anbieten, meint Geschäftsführerin Tracy Schmidt-Elsner. Beim Baumaschinenvermieter und -händler werden neue junge Kräfte vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung dringend gebraucht. Einfach ist es aber nicht, gute neue Mitarbeiter über die Ausbildung zu integrieren, muss die Firmenchefin feststellen.

Berliner Wirtschaft: Welchen Stellenwert hat Ausbildung in Ihrem Unternehmen?

Tracy Schmidt-Elsner: Für uns hat die Ausbildung tatsächlich einen sehr hohen Stellenwert. Wir sind erst seit etwa sieben Jahren wieder dabei. Davor hatten wir eine lange Zeit, in der wir nicht mehr ausgebildet hatten. Aber ich finde, ein Unternehmen, das wie wir ausbilden kann, sollte die Förderung von jungen Menschen auch als eine wichtige Aufgabe verstehen. Hinzu kommt aber auch, dass wir mittlerweile einen Altersdurchschnitt von knapp unter 50 Jahren im Betrieb haben. Es ist jetzt ein großer Bedarf an Nachwuchskräften für die nächsten Jahre entstanden.

Warum waren Sie aus der Ausbildung ausgestiegen?

Wir haben seit der Wiedervereinigung eine turbulente Firmengeschichte erlebt. Nach dem Mauerfall bestand im Osten ein enorm hoher Bedarf an Baumaschinen. Wir sind in kurzer Zeit von 50 auf 170 Mitarbeiter angewachsen und haben 15 Niederlassungen aufgebaut. Aber das hat auch die Wettbewerber angelockt. Die Preise sanken, uns wurden wichtige Mitarbeiter abgeworben, und irgendwann sank die Nachfrage wieder. Wir waren dann 18 Jahre lang mit Krisenmanagement beschäftigt. Beide Etappen – die schnelle Expansion und die Krise – waren keine Jahre, in denen wir den Kopf für Ausbildung frei hatten.

Jetzt haben Sie dafür wieder den Kopf frei?

Ja, 2005 war für uns das Wendejahr. Seitdem haben wir wieder eine stabile Geschäftsentwicklung und mittlerweile auch wieder ein Polster. Dann mussten wir natürlich noch die Eignung für die Ausbildung erwerben.

In welchen Berufen bilden Sie aus?

Im kaufmännischen Bereich bieten wir Ausbildungen zum Kaufmann für Bürokommunikation an. Das machen wir eigenständig. Im gewerblichen Bereich bilden wir zum Mechatroniker für Land- und Baumaschinen aus. Allein können wir aber keine vollständige Ausbildung in unseren Werkstätten gewährleisten, sodass wir mit einem Partnerunternehmen eine Verbundausbildung anbieten.

Wie viele Auszubildende haben Sie?

Wir haben natürlich erst einmal klein, mit einer einzelnen Stelle im kaufmännischen Bereich, angefangen, um wieder reinzukommen. Erfahrung ist in der Ausbildung wichtig. Jetzt steigern wir uns. Für das kommende Ausbildungsjahr kann ich mir auch vorstellen, dass wir jeweils zwei Azubis beschäftigen.

Ihr Ziel ist, die Auszubildenden auch nach der Lehre zu halten und langfristig in die Firma zu integrieren. Wie erfolgreich sind Sie dabei?

In den letzten Jahren haben wir in dieser Hinsicht leider viel Pech gehabt. Ausbildung ist für eine kleine Firma so gesehen nicht einfach. Es gab immer wieder Jugendliche, die schnell abgebrochen haben. Bei denen, die die Ausbildung abgeschlossen haben, traten leider andere Entwicklungen ein, sodass sie uns wieder verlassen haben. Es gibt im Leben junger Menschen viele Anlässe, die Pläne zu ändern. Der eine will sich beruflich weiterentwickeln, der andere möchte aus privatem Grund in eine andere Stadt. Jetzt haben wir aber einen Azubi, bei dem – nach aktuellem Stand – alles passt.

Worin besteht die Kunst, um durch Ausbildung neue Fachkräfte für den langfristigen Einsatz im Unternehmen zu entwickeln? Ist es die Auswahl der Azubis?

Das ist für ein kleines Unternehmen wie dem unseren, das in einer Branche tätig ist, die von vielen eher als rustikal empfunden wird, gar nicht so einfach. Die Vermietung und den Handel mit Baumaschinen empfinden viele eben nicht als hip. Die große Auswahl haben wir also gar nicht. Hinzu kommt, dass einige Bewerber keinen ausreichenden Bildungsstand mitbringen. Diese Defizite aus der Schulzeit können wir als kleines Unternehmen nicht ausgleichen. Unsere Azubis müssen zu unserer Firmenkultur passen.

Was macht die Firma Schmidt-Elsner aus Ihrer Sicht für junge Menschen als Ausbildungsbetrieb attraktiv?

Ich denke, wir sind ein ganz guter Ausbildungsbetrieb, mit der Art, wie wir darangehen. Wenn mal etwas nicht so gut funktioniert, werden unsere Azubis sehr weich aufgefangen. Wir helfen auch, wenn es in der Berufsschule Probleme gibt. Wir wollen, dass junge Menschen bei uns eine Perspektive bekommen – und natürlich die bestmögliche Ausbildung.

Aber die angehenden Azubis werden Ihre Firma auch mit den Möglichkeiten in Konzernen vergleichen.

Natürlich. In einem Konzern ist die Betreuung von Auszubildenden sicherlich auch umfangreicher. Ich glaube aber, dass Auszubildende demgegenüber bei uns – aufgrund unserer familiären Atmosphäre und der gelebten Teamarbeit – schneller lernen, eigenverantwortlich zu arbeiten. Unsere Azubis werden vom ersten Tag an für voll genommen und früh selbstständig. Jeder wird gebraucht und muss schnell lernen, sich selbst einzubringen oder Fragen zu stellen. Und wir können Aufstiegschancen bieten.

Das können Konzerne auch.

Ich habe in einem Konzern Industriekauffrau gelernt. Aber in den Vorstand wäre ich dort bestimmt nicht aufgestiegen. Hier bei uns haben sich Mitarbeiter durch gute Leistungen bis in die Prokura und in die Geschäftsführung hochgearbeitet. Wir haben tatsächlich eine Prokuristin, die bei uns als Auszubildende begonnen hat. Das motiviert junge Menschen, die bei uns anfangen. Es ist unser Prinzip, frei werdende Arbeitsplätze zunächst aus der Stammbelegschaft heraus zu besetzen, also eigene Mitarbeiter zu befördern.

Wie rekrutieren Sie Ihre Auszubildenden?

Wir wenden uns an die Arbeitsagentur und an die Industrie- und Handelskammer. Wir haben auch schon in Zeitungsanzeigen und Zeitungsberichten darauf hingewiesen, dass wir ausbilden. Durch Mundpropaganda sind auch schon Azubis zu uns gekommen. Sehr angetan war ich vom Speeddating „Match me now“ der IHK. Als wir daran teilgenommen haben, haben sich zwölf Unternehmen mit 140 Bewerbern getroffen. Alle zehn Minuten haben wir zwei oder drei Interessenten kennengelernt. Am Ende hatten wir einen neuen Azubi gewonnen, mit dem wir sehr zufrieden sind. Das werden wir sicherlich wieder machen.

Bieten Sie auch Praktika an?

Ein Praktikum biete ich nur an, wenn es um die Besetzung einer Ausbildungsstelle geht – wenn die Ausbildung zumindest eine Idee ist. So können Bewerber uns und wir die Bewerber besser kennenlernen.

Haben Sie in Ihrer Firma bereits Erfahrungen mit Auszubildenden gemacht, die einen Migrationshintergrund haben?

Ja, und zwar sehr gute. Es war immer mein Anspruch, Menschen eine Chance zu geben. Das gilt auch für junge Leute, die noch nicht so lange in Deutschland leben.

Wird die Corona-Krise etwas an Ihrem Engagement in der Ausbildung ändern?

Das glaube ich nicht. Es bleibt natürlich abzuwarten, wie sich Corona auf den Bildungsstand auswirkt. Geschäftlich sind wir bisher sehr gut durch die Krise gekommen. Wir hatten 2020 jedenfalls keine Einbußen. In diesem Jahr werden wir bei den Verkäufen von Baumaschinen Einbußen haben, weil es bei den Herstellern zu Lieferengpässen kommt. Wenn Sie heute einen Bagger bestellen, bekommen Sie den erst im kommenden Jahr ausgeliefert. Außerdem spüren wir im Einkauf, dass derzeit fast jeder die Preise anheben möchte.
von Michael Gneuss