Konjunktur

Wirtschaft bleibt weiterhin pessimistisch

Die Wirtschaft blickt pessimistisch auf das neue Jahr. Das ist das Ergebnis der jüngsten Konjunkturumfrage der IHK Aachen, an der sich mehr als 330 Unternehmen mit über 26.000 Beschäftigten aus der Städteregion Aachen sowie den Kreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg beteiligt haben. Rund ein Drittel der befragten Betriebe rechnet mit keiner positiven Veränderung der Konjunktur im Jahresverlauf. Damit befinden sich die Erwartungen auf einem vergleichbar niedrigen Niveau wie zum Jahresbeginn 2023.
"Wir stecken in einer Konjunkturflaute. Der Ausblick auf die kommenden Monate bleibt trübe. Die Inflation, der Arbeitskräftemangel und auch die hohen Energiekosten belasten die Unternehmen weiterhin immens. Das wirkt sich negativ auf die Inlandsnachfrage aus", erläutert Michael F. Bayer, Hauptgeschäftsführer der IHK Aachen. "Wir brauchen dringend verlässliche Rahmenbedingungen und eine mittelfristige Planungssicherheit, um die Geschäftsrisiken zu minimieren." In der Industrie sank zusätzlich der Auslandsumsatz in den vergangenen Monaten. 14 Prozent haben inzwischen Kurzarbeit angemeldet, weitere 10 Prozent rechnen damit kurzfristig.
Die Arbeitslosenquote in der Region Aachen liegt seit Herbst unverändert bei 6,6 Prozent. Sie ist damit um 0,6 Prozentpunkte niedriger als auf Landesebene (7,2 Prozent), aber um 0,9 Prozentpunkte höher als auf Bundesebene (5,7 Prozent).
Die Geschäftslage wird von der Mehrzahl der Unternehmen noch positiv bewertet. Ein Drittel der Betriebe meldet gute Geschäfte, jeder fünfte Befragte ist unzufrieden. Das Ergebnis hat sich im Vergleich zum Herbst kaum verändert und liegt damit weiter unterhalb der durchschnittlichen Lagebewertungen der letzten zehn Jahre.
Die Ertragslage hat sich zwar seit der vergangenen Befragung geringfügig verbessert, bleibt aber deutlich negativ. Auch die Investitionsabsichten und die Beschäftigtenpläne haben sich kaum verändert und bleiben auf einem stabilen Niveau. Deutlich verschlechtert haben sich hingegen die Exporterwartungen. Jedes dritte Unternehmen rechnet für 2024 mit weniger Nachfrage aus dem Ausland, nur jeder sechste Befragte geht von einem Anstieg der Auftragsumsätze aus.

Komplexe Gemengelage vieler Risiken

Das Sammelsurium der vielen parallel wirkenden Risiken sehen die Unternehmen als große potenzielle Belastung für die Konjunktur. Den Arbeits- und Fachkräftemangel, den Rückgang der Inlandsnachfrage, steigende Energie- und Rohstoffpreise, die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen wie zum Beispiel bürokratische Auflagen oder fehlende Planungssicherheit infolge bundespolitischer Entscheidungen sowie steigende Arbeitskosten nennen jeweils zwischen 51 bis 62 Prozent der Befragten als größte Herausforderungen. "Eine solche Gemengelage mehrerer Risiken ist bisher einmalig seit Beginn der digitalen Aufzeichnung vor rund 20 Jahren", betont Bayer. "Das zeigt die Komplexität der Situation, in der sich die Unternehmen aktuell befinden."

Geschäftslage und Erwartungen der Befragten im Detail

In der Industrie berichten die Unternehmerinnen und Unternehmer von einer annähernd ausgewogenen Geschäftslage. 28 Prozent der Befragten sind mit der aktuellen Situation zufrieden, jeder vierte meldet schlechte Geschäfte. Bei 44 Prozent aller Unternehmen sind die Umsätze in den vergangenen Monaten gesunken, bei einem Drittel sind sie gestiegen. 14 Prozent der Befragten haben gegenwärtig Kurzarbeit angemeldet, weitere 10 Prozent rechnen damit in nächster Zeit. Die Auslastung der Produktionskapazitäten sank um 2 Prozentpunkte auf 78 Prozent und liegt deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 80,9 Prozent. Abgesehen von der Corona-Pandemie war der Wert zuletzt infolge der Finanzkrise im Jahr 2010 so niedrig.
Die Lage der Dienstleister bleibt überwiegend positiv. 41 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer sind mit ihren aktuellen Geschäften zufrieden, 15 Prozent berichten von schlechten Geschäften. Bei 43 Prozent sind die Umsätze in den vergangenen Monaten gestiegen, bei 31 Prozent sind sie gesunken.
Zum Jahreswechsel bewertet der Handel die Geschäftslage ausgewogen. Rund ein Viertel der Befragten ist mit der aktuellen Lage zufrieden, genauso viele berichten von schlechten Geschäften. Im Großhandel hat sich die Situation verbessert, bleibt aber überwiegend negativ: 11 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer sind zufrieden, drei von zehn Befragten melden eine negative Lage. Im Einzelhandel hat sich die Lage zum Weihnachtsgeschäft verbessert. Vier von zehn Befragen melden gute Geschäfte, ein Viertel ist nicht zufrieden. Positive Rückmeldungen gab es insbesondere im Einzelhandel mit Nahrungs- und Genussmitteln, Getränken und Tabakwaren sowie im Einzelhandel mit Geräten der Informations- und Kommunikationstechnik. Negativ wurde die Situation im Einzelhandel mit Bau- und Heimwerkerbedarf, im Textileinzelhandel sowie im Einzelhandel mit Schreibwaren und Bürobedarf bewertet.
Die Unternehmerinnen und Unternehmer des Baugewerbes bewerten die aktuelle Geschäftslage weiterhin positiv – die Lage hat sich seit Herbst sogar verbessert. 58 Prozent der Befragten sind zufrieden mit den Geschäften, nur 2 Prozent sind es nicht. Das sind die besten Rückmeldungen aus dem Baugewerbe seit Herbst 2019.
Der Exportumsatz hat sich in der Industrie rückläufig entwickelt. Ein Viertel der Befragten berichtet von gestiegenen Exportumsätzen, bei 37 Prozent ist der Umsatz gesunken. Die Auslandsaufträge haben sich ebenfalls negativ entwickelt. Bei 41 Prozent sind die Auftragseingänge gesunken, ein Fünftel der Betriebe verzeichnet mehr Aufträge. Entsprechend zurückhaltend sind auch die Erwartungen an das Auslandsgeschäft. Nur rund ein Sechstel rechnet mit einem Anstieg des Exports, jeder Dritte mit einem Rückgang.
Mit der leichten Verbesserung der Geschäftslage hat sich auch die Ertragslage bei den Betrieben seit Herbst etwas gebessert, bleibt aber bei der Mehrzahl der Befragten im negativen Bereich. 39 Prozent der Betriebe melden rückläufige Erträge, bei 27 Prozent sind sie dagegen gestiegen. 
Die Investitionspläne der Unternehmerinnen und Unternehmer bleiben auf einem niedrigen Niveau. 20 Prozent der Befragten wollen ihre Investitionsausgaben erhöhen, 21 Prozent wollen sie senken. In 13 Prozent aller Betriebe sind keine Investitionen geplant. 
Aufgrund der überwiegend schlechten Perspektiven gehen die Befragten nicht von einem spürbaren Anstieg der Mitarbeiterzahlen aus. 24 Prozent der Befragten rechnen mit einem Anstieg. In geringfügig weniger Betrieben gehen die Unternehmerinnen und Unternehmer von einem Rückgang aus. Mehr als die Hälfte aller Unternehmen (52 Prozent) sucht gegenwärtig Schulabgänger und Auszubildende, geringfügig weniger Mitarbeitende mit einem Fach-, beziehungsweise Hochschulabschluss (45 Prozent). Genauso gefragt sind Arbeitskräfte mit einer dualen Ausbildung (43 Prozent) oder Fachwirte und Meister beziehungsweise vergleichbare Abschlüsse (41 Prozent). Jedes vierte befragte Unternehmen würde Mitarbeitende ohne abgeschlossene Berufsausbildung einstellen.
Bei der aktuellen Konjunkturumfrage hat die IHK Aachen mit den Vereinigten Industrieverbänden von Düren, Jülich, Euskirchen und Umgebung e. V. (VIV) kooperiert und Unternehmerinnen und Unternehmer gemeinsam befragt. 

Geschäftslage und -erwartung in den Teilregionen

Städteregion Aachen: Stadt Aachen

Die Geschäftslage der Unternehmerinnen und Unternehmer in der Stadt Aachen ist weiterhin positiv. 45 Prozent melden gute Geschäfte, 9 Prozent schlechte. Die Erwartungen haben sich rückläufig entwickelt, bleiben aber noch ausgewogen: 24 Prozent sind zuversichtlich, 23 Prozent erwarten eine ungünstige Entwicklung.

Übrige Städteregion Aachen

Im ehemaligen Kreis Aachen hat sich die Situation verschlechtert, der Saldo bleibt aber noch im positiven Bereich. 28 Prozent der Befragten sind mit ihrer Lage zufrieden, 24 Prozent berichten von schlechten Geschäften. Die Erwartungen bleiben allerdings auf einem niedrigen Niveau: 15 Prozent der Befragten sind optimistisch, 37 Prozent hingegen skeptisch.

Kreis Düren

Im Kreis Düren melden die Unternehmerinnen und Unternehmer eine annähernd ausgewogene Geschäftslage: 23 Prozent berichten von einer guten Lage, 21 Prozent sind unzufrieden. Erneut glaubt die überwiegende Zahl der Befragten nicht an eine Verbesserung der Konjunktur in den kommenden Monaten: 21 Prozent rechnen mit besseren, 36 Prozent mit schlechteren Geschäften.

Kreis Euskirchen

Die Lage der Betriebe im Kreis Euskirchen hat sich etwas erholt, bleibt aber überwiegend negativ. 26 Prozent der Befragten gibt an, dass sich die Geschäfte gut entwickelt haben, 36 Prozent melden eine schlechte Geschäftslage. Die Aussichten bleiben trüb: 13 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer erwarten bessere Geschäfte, 44 Prozent befürchten eine negative Entwicklung.

Kreis Heinsberg

Die Unternehmerinnen und Unternehmer im Kreis Heinsberg sind überwiegend positiv gestimmt. 41 Prozent der Befragten melden gute Geschäfte, 23 Prozent sind unzufrieden. Die Erwartungen sind hingegen erneut niedrig: 14 Prozent der Betriebe gehen von Verbesserung der Geschäfte in den kommenden Monaten aus, 40 Prozent rechnen mit einer negativen Entwicklung.
IHK-Presseinformation vom 10. Januar 2024