24.06.2022

Finanzierungssituation der Unternehmen weiter schwierig

Eigenkaptalrückgang und Liquiditätsengpässe sind die größten Probleme

Die Finanzierungssituation der Unternehmen in Nord-, Mittel- und Westthüringen ist weiterhin schwierig. Im Vergleich zum Frühsommer 2021 zeichnet sich zwar eine leichte Entspannung ab. Allerdings beurteilen in der jüngsten Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Erfurt immer noch branchenübergreifend 45 Prozent der Unternehmen ihre Finanzlage als problematisch. 2021 waren es 57 Prozent. Im Vordergrund steht nach zwei Jahren Corona-Pandemie, die stark an den Reserven gezehrt hat, bei 27 Prozent der Befragten der Eigenkapitalrückgang.
„Trotz leichter Erholungstendenzen bleibt die Finanzlage der Unternehmen weiterhin kritisch. Weniger Eigenkapital, Liquiditätsengpässe und Forderungsausfälle machen den Betrieben schwer zu schaffen. Derzeit berichtet mehr als ein Viertel der Firmen von einem Rückgang des Eigenkapitals, 16 Prozent der Betriebe haben mit Liquiditätsengpässen und 12 Prozent mit Forderungsausfällen zu kämpfen“, informiert IHK-Hauptgeschäftsführerin Dr. Cornelia Haase-Lerch. Im Vergleich zum Frühjahr 2021 habe sich die Finanzlage der Unternehmen damit nur leicht verbessert. Die finanzielle Durststrecke der Firmen ziehe sich weiter in die Länge und könnte für manche Betriebe sogar das Aus bedeuten. So würden sich derzeit branchenübergreifend drei Prozent der Befragten von einer Insolvenz bedroht sehen.
„Allerdings unterscheidet sich die Betroffenheit je nach Wirtschaftszweig zum Teil erheblich. Aus dem Verkehrssektor melden drei von vier Unternehmen Probleme“, erklärt die IHK-Chefin. Häufig würden in dieser Branche fest vereinbarte Leistungspreise auf sprunghaft gestiegene Kosten für Sprit, Fahrzeuge, Reifen, Ersatzteile oder Betriebsstoffe treffen. Dazu komme die Knappheiten durch Logistikstörungen wie die Überlastung internationaler Häfen sowie die mangelnde Verfügbarkeit von Containern oder Paletten. Ähnlich sei die Situation im Gastgewerbe und im Handel. Auch hier würden immer noch rund 70 Prozent der Befragten von einer problematischen Finanzlage sprechen. Knapp zwei Drittel der Gastronomen und Hoteliers müssten einen Rückgang des Eigenkapitals verkraften. Entsprechend schwierig sei es für die Betriebe nun an frisches Geld zu kommen.
Betroffene Unternehmen müssten häufig höhere Zinsen akzeptieren. Außerdem verlangen die Banken mehr eigene Finanzmittel und Sicherheiten sowie einen höheren Dokumentationsaufwand.
„Im Vergleich zum vergangenen Jahr hat sich die Situation der Industriebetriebe kaum verändert. Nach wir vor sehen zwei Drittel der Befragten ihre Finanzlage als unproblematisch“, so die IHK-Hauptgeschäftsführerin. Eine gewisse Entspannung zeichne sich bei den Dienstleistern ab. 36 Prozent der Serviceunternehmen würden noch von einer komplizierten Situation sprechen. Im vergangenen Jahr waren es 58 Prozent. Bei den Bauunternehmen schätze rund ein Viertel seine Finanzlage als schwierig ein (27 nach zuvor 29 Prozent).
„Eine schnelle und dauerhafte Verbesserung ist angesichts des hohen Inflationsdrucks, der eine geldpolitische Reaktion unausweichlich macht, nicht in Sicht. Steigende Kreditkosten dürften künftig die Finanzierungssituation der Unternehmen weiter belasten“, gibt Haase-Lerch zu Bedenken. 

Hintergrundinformation zur Konjunkturumfrage:
An der IHK-Konjunkturumfrage im April 2022 haben sich rund 1.000 Thüringer Unternehmen aus den Sektoren Industrie, Baugewerbe, Verkehrsgewerbe, Handel, Gastronomie und Dienstleistungen beteiligt.