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Ein neuer Betrieb blüht auf - Die Blumenreise der Familie Rochel
Vor gut 50 Jahren entdeckte Familie Rochel ihr Faible für buntes Gewächs und ästhetisch anmutende Pflanzen. So wurden in den einst unscheinbaren Räumlichkeiten der Gördelingerstraße 16 Lagermöglichkeiten geschaffen, die Ur-Gründerin Heidi Rochel für ihr auf dem Kohlmarkt ansässiges, kleines Geschäft über mehrere Jahrzehnte anmietete, um der hohen Nachfrage nach Blumen logistisch gerecht zu werden. Drei Generationen später wird der einstige Traum einer zweiten Ladenfläche in der Braunschweiger Innenstadt jedoch Realität, nicht zuletzt dank des emsigen Engagements ihrer Enkelin Trudy Rochel.
Trudy Rochel wagte mit gerade mal 19 Jahren den Weg in die Selbstständigkeit.
Viele Jahre dienten die Flächen in der Gördelingerstraße nur als Umschlagplatz für Blumen, die einzeln oder gebunden noch immer in den kleineren Räumlichkeiten zwischen Kohlmarkt und Schuhstraße veräußert werden. Es war aber schon immer der Traum von Heidi Rochel, aus dem Lager ein größeres Blumengeschäft zu gestalten, in dem ihre Kundinnen und Kunden die Kunstwerke noch ausgiebiger bestaunen und sich entsprechend inspirieren lassen können. 2025 verwirklichte diesen Traum nun die Enkeltochter, nachdem sich die Großmutter weitestgehend aus dem Tagesgeschäft zurückzog. „Die Entscheidung, die Vision von Oma in die Realität umzusetzen, fiel mir nicht allzu schwer“, erzählt Trudy Rochel, die sich Anfang des Jahres mit gerade mal 19 ins Abenteuer Selbstständigkeit stürzte.
Ein Familienunternehmen, wie es im Buche steht
Die junge Gründerin hatte erst kurz vor der Neueröffnung ihr Abitur absolviert und war lange unsicher, welchen Weg sie beruflich einschlagen möchte. „Ich war schon immer ein sehr kreativer Mensch“, erzählt sie. Lange musste sie darüber grübeln, wie ihr Können gezielt eingesetzt werden könnte – bisweilen überlegte sie auch, sich der Innenarchitektur zu widmen. Zu Schulzeiten war ihr jedoch nicht klar, dass ihr Glück bereits vor ihren Füßen lag. „In meiner Kindheit verbrachte ich viel Zeit in dem Blumengeschäft meiner Eltern Maie und André. Es war normal, gemeinsam am Wochenende auf dem Altstadtmarkt Blumen zu verkaufen und den Menschen eine Freude ins Gesicht zu zaubern.“
Alle sollen sich wie zu Hause und unter Freunden fühlen.Trudy Rochel
Obwohl das private Umfeld ihr zu einer klassischen Ausbildung riet, wusste Trudy Rochel immerhin, dass sie etwas Unkonventionelles machen wollen würde. Gedacht, gesagt, getan. Es war eher eine sponte Entscheidung, kein Weg der jahrelangen Planung. Durch ihr Elternhaus hat sie gelernt und erlebt, wie wertvoll und harmonisch ein berufliches Miteinander innerhalb der Familie funktionieren kann und zweifelte in keiner Minute am gemeinsamen Vorhaben. Ihre Eltern haben ihr immer ihre Unterstützung angeboten, heimlich gehofft, dass sie mit einsteigen würde, sie aber nie zu diesem Schritt gedrängt. Sie wären jeden Weg mitgegangen, welchen sich ihre Tochter ausgesucht hätte. Sie soll alles ausprobieren und sich für das entscheiden, was sie glücklich macht. Und genau das hat sie gefunden – einen Beruf, der sie erfüllt, wofür sie beiden „ungemein dankbar“ ist.
Enge Kunden- und Mitarbeitendenbindung
Wenn Trudy Rochel etwas anfasst, dann erfolgt dies mit vollem Elan und Herzblut. Und das spürt man, wenn man das Blumengeschäft betritt. Der Eingangsbereich ist liebevoll dekoriert und verziert. Es stehen gebundene Bouquets bereit, die unterschwellig dazu einladen, die Kreationen direkt mit nach Hause zu nehmen oder den von bunten und fast schon majestätisch hergerichteten Sträußen überwältigten Besucher zur längeren Aufenthaltszeit zu animieren. Neben den floralen Kunstwerken werden dekorative Artikel verkauft, die es bei keinen einschlägig bekannten Ketten zu erstehen gibt. Unikate für zu Hause gibt es jede Woche neu, damit die Kundinnen und Kunden auch beim nächsten Mal auf Entdeckungsreise gehen können.
Bunte Sträuße gehören zur hauseigenen Spezialität.
Nach wie vor erfährt sie von ihren Eltern großen Rückhalt. Zusammenhörigkeit und die Herzlichkeit sind nämlich die Kernelemente der familiären Unternehmensphilosophie und das wird vor Ort unmittelbar deutlich. Die Mitarbeitenden tragen dieses Credo mit; viele sind auch schon seit vielen Jahren mit an Bord. Die dienstälteste Mitarbeiterin hatte sogar schon mit Maie Rochel zusammengearbeitet. Lächelnd erzählt Sie, dass eine Kollegin sogar dafür verantwortlich war, dass sich die Eltern kennengelernt haben, indem sie die Telefonnummer weitergab. Blumen haben eben doch etwas sehr Romantisches an sich.
Bunt, quirlig, wohlig
Schon kurz nach der Eröffnung schuf Trudy Rochel zahlreiche Ideen für die Zukunft, um Interessierten ein angenehmes Einkaufserlebnis zu ermöglichen. Sie erzählt von der Idee, in der oberen Ebene, die durch eine ansehnliche Wendeltreppe zu erreichen ist, ein Café zu eröffnen. Gegenwärtig werden die Kundinnen und Kunden samstags auf eine Tasse Kaffee eingeladen. Ihre Freundin Lotti kümmert sich liebevoll um die Getränkewünsche und möchte das auch in Zukunft tun, wenn sie ihr Studium erfolgreich abgeschlossen hat. Im vorderen Bereich kann man es sich schon jetzt gemütlich machen, verbunden mit dem Gefühl, im eigenen Garten zu sitzen. Einen Wohlfühlort zu kreieren sei dem Team besonders wichtig. „Alle sollen sich wie zu Hause und unter Freunden fühlen“, bekräftigt die Jungunternehmerin.
Die Entscheidung, die Vision von Oma in die Realität umzusetzen, fiel mir nicht allzu schwer.Trudy Rochel
Der Eingangsbereich ist mit stilistischer Gekonntheit dekoriert, frische Bouquets säumen die Gänge, laden zum Verweilen ein. Dafür wird täglich gesorgt, indem das Dreiergespann vor Ladenöffnung durch die Reihen geht, um die Ware zurechtzumachen und sorgfältig zu arrangieren. Jede einzelne Blume wird in die Hand genommen und positioniert, Eimer werden sauber gemacht und die Dekoration passend platziert. Aktuell lernt Trudy Rochel, in welchen Varianten man Sträuße binden kann und genießt es, jeden Tag etwas dazuzulernen und die eigene Kreativität in die richtigen Bahnen zu lenken. Die meisten Pflanzen werden zur nicht allzu großen Überraschung aus den Niederlanden geliefert.
Der Eingangsbereich ist mit stilistischer Gekonntheit dekoriert, kreativ gebundene Bouquets säumen die Gänge und laden zum Verweilen ein.
Ihre Lehrerin und größte Inspiration ist logischerweise ihre eigene Mutter, Maie Rochel, nach der die nun zweite Dependance in der Innenstadt benannt ist. Auch sie ist mit Blumen groß geworden und hat nie etwas anderes machen wollen. Die Kreativität, das Auge für die schönen Dinge im Leben scheint wohl in der Familie zu liegen und an die Tochter weitergegeben worden zu sein. Heute arbeiten drei Generationen Hand in Hand. Und selbst Großmutter Heidi steht noch an manchen Samstagen im Geschäft am Kohlmarkt, das den simplen, aber einprägsamen Namen „Heidi-Blumen“ trägt. „Die ungebrochene Liebe zur Blume werden wir aller Voraussicht nach auch an spätere Generationen weitergeben.“
ens/jk
4/2025