Innovation und Umwelt

Pilotprojekt für gerechte Straßenplanung

Alle Berliner Hauptverkehrsstraßen sollen bis 2030 umwelt- und stadtverträglicher gestaltet werden: breite Radwege auf heutigen Fahrstreifen können damit die Liefersituation für Unternehmen deutlich erschweren. Die Situation ist schon heute in vielen Berliner Straßen kritisch. Das bisher häufig zu beobachtende Liefern aus der zweiten Reihe wird mit dem Straßenumbau oft nicht mehr möglich sein. Berlin muss dafür kompromissfähige und integrierte Lösungen finden.

Pilotprojekt Lieferzone Grunewaldstraße  

Angesichts der Herausforderungen hat die IHK in Kooperation mit der Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz, dem Bundesverband Paket und Expresslogistik e.V. (BIEK e.V.) und der Fuhrgewerbe-Innung e.V. ein bisher einmaliges Pilotprojekt für anstehende Umbauplanungen in der Berliner Straße / Grunewaldstraße initiiert. 
Der Straßenzug Grunewaldstraße/Berliner Straße ist beispielhaft für eine typische Berliner Situation, bei der an Hauptverkehrsstraßen eine Mischung aus Lebensmittelläden, kleingewerblichen Geschäftsbesatz und Wohnen existiert. Daher gehörte es zur Zielstellung, eine Übertragbarkeit der Erkenntnisse auf ähnliche Straßenzüge zu prüfen. 
Untersucht wurden auf Basis einer Unternehmensbefragung und Vor-Ort Begehungen die Anforderungen der Unternehmen an Lade- und Lieferdauer, Häufigkeit, Umfang, Fahrzeugart, Tageszeit und Ausweichmöglichkeiten. Im Ergebnis wurden - aus dem Blickwinkel der gewerblichen Bedarfe - konkrete Lieferzonen empfohlen. 
Die Ergebnisse beruhen auf einer Unternehmensbefragung der im untersuchten Straßenabschnitt tätigen Unternehmen sowie Vor-Ort-Begehungen.  Auf Basis einer vorhergehenden Machbarkeitsstudie durch die Senatsumweltverwaltung wurde der untersuchte Straßenraum auf einer Länge von rund 2,3 km in acht Straßenabschnitte unterteilt und analysiert. 

Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt

  • Es werden mehr Lieferzonen als heute benötigt. Diese sind vor Fremdnutzung zu schützen.
  • Rund 90 Prozent der überwiegend kleinen Unternehmen haben keine eigenen Lieferzonen. Die Unternehmen benötigen überwiegend Lieferzonen im öffentlichen Straßenraum. 
  • Warenlieferungen erfolgen nach Aussage der Unternehmen hauptsächlich mit Pkws, Kleinsttransportern oder leichten Lkws. Eine Lieferzone von 15 m ist im untersuchten Straßenraum ausreichend. 
  • Lieferzonen werden von Montag – Freitag benötigt, zum Teil auch Samstags oder ganztägig.
  • Es wird zwischen allen Knotenpunkten eine Lieferzone empfohlen. Eine Lieferzeit bis 30 Minuten deckt nahezu alle Liefervorgänge ab. 
  • Als Gründe für eine möglichst nahe Lieferzone werden sowohl verderbliche als auch schwere Waren genannt. Die Wunschentfernung bis 20 m ist in der Praxis nicht immer umsetzbar. 
  • Dem Einsatz von Lastenrädern stehen die meisten Befragten grundsätzlich positiv gegenüber, halten einen vollständigen Wechsel zur Belieferung mit dem Rad jedoch für nicht umsetzbar.
Die Studie wurde den zuständigen Bezirken Schöneberg und Wilmersdorf als Baustein für ihre Detailplanungen überreicht. Eine Übertragbarkeit der Erkenntnisse auf ähnliche Straßenzüge ist nicht gegeben. Deshalb wird angestrebt, die Methodik des Pilotprojektes bei Umbauplanungen von weiteren Straßen anzuwenden. Zudem wird derzeit unter Beteiligung von Stakeholdern – darunter die IHK – durch die Senatsverkehrsverwaltung ein Leitfaden für Lieferzonen erarbeitet. Die Erkenntnisse der Studie sollen dort einfließen.