Längste Negativphase seit 30 Jahren

Kein Licht am Ende des Tunnels: Die Mehrheit der Unternehmerinnen und Unternehmer in der Städteregion Aachen und in den Kreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg blickt weiterhin pessimistisch in die Zukunft – zum elften Mal in Folge, so das Ergebnis der jüngsten Konjunkturumfrage der IHK Aachen.
"Das ist die längste Negativphase in der Wirtschaftsgeschichte der Region Aachen seit Beginn unserer digitalen Erhebung im Jahr 1995", fasst Michael F. Bayer, Hauptgeschäftsführer der IHK Aachen, die fortwährend negativen Erwartungen der Befragten zusammen.
Es war zum Jahresbeginn 2022 – noch vor dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine –, als die Mehrheit der regionalen Unternehmerinnen und Unternehmer zum letzten Mal zuversichtlich in die Zukunft geblickt hat. Aktuell rechnen nur 19 Prozent mit einer positiven Entwicklung ihrer Geschäfte in den kommenden Monaten. 24 Prozent hingegen sind skeptisch und befürchten eine weitere Verschlechterung.
Betrachtet man die einzelnen Sektoren, haben sich ausschließlich die Aussichten der Industrie verbessert und liegen erstmals seit Herbst 2022 wieder mehrheitlich im positiven Bereich. 26 Prozent der Industriebetriebe erwarten eine Verbesserung ihre Geschäftslage in den kommenden Monaten, 20 Prozent gehen von einer negativen Entwicklung aus. Zum Vergleich: Die Erwartungen im Handel und im Baugewerbe befinden sich seit dem ersten Halbjahr 2023 im negativen Bereich.
"In Summe gilt: Die aktuelle wirtschaftliche Lage hat sich kaum verändert", sagt Bayer. "26 Prozent aller Befragten berichten von einer guten Geschäftslage, 23 Prozent sind nicht zufrieden."
Der Saldo sinkt um -1 Punkt auf nur noch +3 Punkte. Wie dramatisch diese Entwicklung ist, wird im Zehn-Jahres-Vergleich ersichtlich: Die Lagebewertung der vergangenen Dekade liegt im Schnitt mehr als 20 Punkte über dem jetzigen Saldo.
"Die Rückmeldungen aus den Unternehmen zeigen: In den vergangenen Jahren hat sich die Gesamtsituation für unsere Wirtschaft deutlich verschlechtert – und derzeit gibt es leider kaum Anzeichen, dass die kommenden Monate besser werden", bilanziert Bayer.
Auch die derzeitige Ertragslage der Unternehmen hat sich verschlechtert. Sie ist bei 4 von 10 Betrieben negativ. Nur jeder sechste Befragte meldet gestiegene Erträge.
"All das ist eine alarmierende Gemengelage, auf die die Politik endlich reagieren muss", appelliert der Hauptgeschäftsführer der IHK Aachen in Richtung Düsseldorf, Berlin und Brüssel. "Schnelle und zugleich tiefgreifende Veränderungen in der Wirtschaftspolitik sind jetzt zwingend erforderlich. Seit Jahren schlagen wir als IHK vor, mit welchen konkreten Maßnahmen Unternehmerinnen und Unternehmer in Deutschland entlastet werden können, um auch in Zukunft in unseren Wirtschaftsstandort zu investieren. Die Zeit der Sonntagsreden ist vorbei, wir brauchen endlich Taten."
Denn an den Rahmenbedingungen für die Wirtschaft hat sich nach wie vor kaum etwas verändert, wie die Auswertung der jüngsten Konjunkturumfrage der IHK Aachen belegt: Weiterhin überbordende bürokratische Auflagen erschweren den Unternehmen das Geschäft und verursachen hohe Kosten. Zusätzlich belasten jetzt die US-Zölle die Betriebe, vor allem die Industrie.
"Nennenswerte wirtschaftliche Impulse der neuen Bundesregierung sind bislang ausgeblieben. Der von Bundeskanzler Friedrich Merz angekündigte Herbst der Reformen muss jetzt kommen", fordert Bayer. "Unsere Unternehmen benötigen grundlegende Entlastungen und deutlich mehr Planungssicherheit, damit Deutschland wettbewerbsfähiger wird."
Ein weiteres Problem: Die fehlenden Konjunkturimpulse verschlechtern auch die Exporterwartungen sowie die Investitions- und Beschäftigungspläne der Befragten. Zwar stieg der Saldo beim Export um +9 Punkte, er liegt aber mit +2 nur knapp im positiven Bereich. Bei den Investitionen planen nur 22 Prozent, ihre Ausgaben zu erhöhen. 19 Prozent wollen sie senken und 15 Prozent sogar gar nicht investieren. Auch bei der Beschäftigung rechnen die Unternehmerinnen und Unternehmer mit wenig Veränderungen. Ein Fünftel kalkuliert mit einer steigenden Mitarbeiterzahl, geringfügig mehr jedoch mit einem Rückgang. In der Region Aachen liegt die Arbeitslosenquote aktuell bei 7,0 Prozent und ist niedriger als in ganz Nordrhein-Westfalen (7,8 Prozent), allerdings höher als auf Bundesebene (6,3 Prozent).
Größtes Konjunkturrisiko ist für 61 Prozent der Befragten ein Rückgang der Inlandsnachfrage. Für 55 Prozent sind die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen eine Herausforderung. Fast ebenso viele sorgen sich um den Arbeits- und Fachkräftemangel (54 Prozent) sowie steigende Arbeitskosten (53 Prozent). So erwarten 43 Prozent der Befragten Gehaltsanpassungen auch in höheren Lohngruppen durch den Anstieg des gesetzlichen Mindestlohns.

Geschäftslage und Erwartungen der Befragten im Detail

Die Situation der Industriebetriebe hat sich gegenüber dem Frühjahr zwar leicht verbessert, bleibt aber überwiegend schlecht. 20 Prozent der Befragten melden gute Geschäfte, 28 Prozent schlechte. Bei rund jedem vierten Betrieb sind die Umsätze in den vergangenen Monaten gestiegen, bei 4 von 10 Unternehmerinnen und Unternehmern sind sie rückläufig. 7 Prozent der Industriebetriebe haben derzeit ganz oder in Teilen Kurzarbeit angemeldet, das ist weniger als noch im Frühjahr (11 Prozent). Weitere 6 Prozent rechnen kurzfristig mit Kurzarbeit, im Frühjahr waren es 4 Prozent. Die Auslastung der Produktionskapazitäten ist gegenüber dem Frühjahr minimal um -1 Prozentpunkt auf 77 Prozent gesunken. Sie liegt damit weiterhin unter dem langjährigen Schnitt von 80,4 Prozent. Jeder elfte Betrieb gibt an, dass die Kapazitätsauslastung bei unter 50 Prozent liegt.
Die Geschäftslage der Dienstleister ist immer noch mehrheitlich positiv, allerdings mit einer rückläufigen Tendenz. 39 Prozent der Befragten berichten aktuell von guten Geschäften, 14 Prozent sind nicht zufrieden. Die Umsätze haben sich seit dem Frühjahr verbessert. Bei 35 Prozent der Unternehmen sind sie gestiegen, bei 20 Prozent gesunken.
Die Situation im Handel hat sich seit dem Frühjahr leicht verschlechtert. Knapp ein Viertel der Betriebe berichtet von einer positiven Geschäftslage, 3 von 10 Befragten melden schlechte Geschäfte. Dabei unterscheiden sich die Bewertungen der Einzel- und Großhändler erheblich. Während im Einzelhandel die Mehrzahl der Befragten mit einem Saldo von +7 noch zufrieden ist, berichten im Großhandel die Betriebe mit einem Saldo von
-20 von überwiegend schlechten Geschäften.
Die Lage der Bauunternehmen hat sich negativ entwickelt, bleibt aber noch im positiven Bereich. 17 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer sind mit ihrer aktuellen Situation zufrieden, jeder zehnte Betrieb meldet schlechte Geschäfte. Die Bauproduktion hat allerdings in den vergangenen sechs Monaten angezogen. Bei 38 Prozent der Betriebe ist die Produktion gestiegen, bei 29 Prozent gesunken. Parallel hat sich die Auslastung der Maschinen und Geräte verbessert.
Der Exportumsatz der Industrie hat sich deutlich verbessert, bleibt aber überwiegend im negativen Bereich. Bei jedem vierten Betrieb sind die Auslandsumsätze gestiegen, 38 Prozent melden rückläufige Umsätze. Die Auftragseingänge aus dem Ausland sind parallel wieder angezogen. Ein Viertel der Unternehmerinnen und Unternehmer berichtet von einer gestiegenen Nachfrage, geringfügig weniger von einer rückläufigen Entwicklung. Der Saldo stieg damit um +13 auf +2 Punkte und ist erstmals seit drei Jahren wieder im positiven Bereich. Ein Viertel der Unternehmerinnen und Unternehmer rechnet mit einer wachsenden Exportnachfrage, geringfügig weniger erwarten einen Rückgang.
Die Ertragslage der Unternehmen hat sich weiter verschlechtert. Nur 17 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer melden gestiegene Erträge in den vergangenen Monaten, bei 41 Prozent sind die Erträge gesunken.
Die Investitionspläne der Betriebe bleiben auf niedrigem Niveau. 22 Prozent der Befragten wollen in den kommenden Monaten ihre Investitionsausgaben erhöhen, 19 Prozent senken. 15 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmen wollen gar nicht investieren.
Die Befragten rechnen kaum mit Veränderungen bei der Beschäftigung. Jeder Fünfte gibt an, dass er mit einem Anstieg der Mitarbeiterzahl rechnet, 21 Prozent erwarten einen Rückgang. Trotz der zurückhaltenden Einschätzung geben 45 Prozent an, dass offene Stellen derzeit längerfristig nicht besetzt werden können. Die gesuchten Qualifikationen umfassen unterschiedliche Bildungsniveaus: 4 von 10 Betrieben suchen Schulabgänger und Auszubildende, genauso viele wollen Personen mit einer dualen Berufsausbildung einstellen. Aber auch Fachwirte, Meister und Menschen mit einem sonstigen Weiterbildungsabschluss sowie (Fach-) Hochschulabsolventen werden von einer vergleichbaren Zahl an Unternehmen gesucht. Lediglich Arbeitskräfte ohne Berufsausbildung sind aktuell weniger gefragt (28 Prozent).
Kurzarbeit haben derzeit nur 4 Prozent aller Betriebe angemeldet, weitere 4 Prozent rechnen kurzfristig damit. In Folge des Arbeits- und Fachkräftemangels gehen 66 Prozent der Befragten davon aus, dass es zu Mehrbelastungen der vorhandenen Belegschaft kommen wird. Drei Viertel der Befragten rechnen damit, dass die Arbeitskosten steigen werden.
Bei der aktuellen Konjunkturumfrage hat die IHK Aachen mit den Vereinigten Industrieverbänden von Düren, Jülich, Euskirchen und Umgebung e. V. (VIV) kooperiert und Unternehmerinnen und Unternehmer gemeinsam befragt.

Geschäftslage und -erwartung in den Teilregionen

Städteregion Aachen: Stadt Aachen

Die Situation der Betriebe in der Stadt Aachen ist vergleichsweise positiv. 34 Prozent der Befragten melden eine gute Geschäftslage, 16 Prozent sind unzufrieden. Der Saldo sank um -11 auf +18 Punkte. Die Erwartungen haben sich allerdings verschlechtert: Nur noch 15 Prozent der Befragten gehen von einer positiven Entwicklung ihrer Geschäfte aus, 23 Prozent hingegen erwarten eine Verschlechterung. Der Saldo sank somit um -5 auf -8 Punkte.

Übrige Städteregion Aachen

Die Betriebe im ehemaligen Kreis Aachen sind überwiegend unzufrieden mit der aktuellen Situation. Nur 18 Prozent berichten von guten Geschäften, 29 Prozent von schlechten. Dennoch stieg der Saldo um +3 auf -11 Punkte. Die Aussichten haben sich leicht verbessert, bleiben aber überwiegend negativ: 20 Prozent der Betriebe erwarten bessere Geschäfte, 26 Prozent gehen von einer Verschlechterung aus. Der Saldo stieg um +5 auf -6 Punkte.

Kreis Düren

Im Kreis Düren hat sich die Lage der Betriebe verbessert und ist mehrheitlich positiv: 26 Prozent melden gute Geschäfte, 19 Prozent sind unzufrieden. Der Saldo stieg um +6 auf +7 Punkte. Die Hälfte der Betriebe erwartet, dass sich die Lage in den kommenden Monaten nicht verändern wird. 25 Prozent rechnen mit einer Verbesserung, ebenso viele mit einer Verschlechterung der Situation. Der Saldo stieg um +13 auf 0 Punkte.

Kreis Euskirchen

Die Geschäfte der Unternehmen im Kreis Euskirchen haben sich zwar seit dem Frühjahr verbessert, werden aber weiterhin mehrheitlich negativ bewertet. 25 Prozent sind mit der aktuellen Situation zufrieden, 33 Prozent berichten von schlechten Geschäften. Der Saldo stieg um +6 auf -8 Punkte. Mit Veränderungen rechnen die meisten Befragten weiterhin nicht. 19 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer gehen von einer positiven Entwicklung in den kommenden Monaten aus, 20 Prozent erwarten eine Verschlechterung. Der Saldo verringerte sich um -2 Punkte auf -1 Punkt.

Kreis Heinsberg

Weiterhin beurteilt eine kleine Mehrzahl die Betriebe im Kreis Heinsberg die Lage positiv, allerdings ist der Saldo um -2 auf +3 leicht gesunken. 25 Prozent der Befragten melden aktuell gute Geschäfte, 22 Prozent sind unzufrieden. Die Aussichten haben sich eingetrübt: Nur noch 16 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmern prognostizieren eine Verbesserung ihrer Geschäftslage, 22 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung. Der Saldo sank um -7 auf -6 Punkte.
IHK-Presseinformation vom 9. Oktober 2025